Ich Bin Gott
vor zwei Tagen hätte mich ein solches Angebot gereizt, vielleicht sogar überzeugt …«
Er senkte den Kopf und ließ den Satz unvollendet, als wären ihm plötzlich eine Erinnerung oder ein Gedanke gekommen. Dann hob er den Kopf wieder.
» Jetzt ist das anders. Jetzt will ich nur eines.«
» Darf man auch erfahren, was?«
» Ich verlange das Exklusivrecht für die Berichterstattung. Im Tausch gegen das, was ich Ihnen gebe, möchte ich die Ermittlungen ganz aus der Nähe verfolgen dürfen.«
Der Captain dachte einen Augenblick nach. Dann betonte er jedes einzelne Wort, als müsste er das, was er sagen wollte, besonders hervorheben.
» Mr. Wade, Sie haben nicht die allerbesten Referenzen.«
Russell machte eine unbestimmte Geste und ahmte den Tonfall seines Gesprächspartners nach.
» Captain Bellew, meine Geschichte ist Gemeingut. Alle wissen, dass ich einst den Pulitzerpreis erhalten habe, obwohl ich ihn nicht verdient hatte, und dass er mir richtigerweise wieder aberkannt wurde. Das bestreite ich nicht, obgleich ich die Umstände besser kenne. Für das, was ich getan habe, gibt es keine Entschuldigung, höchstens eine Erklärung. Doch dafür ist jetzt nicht der richtige Augenblick. Ich bitte Sie einfach, mir zu glauben, dass ich etwas Wichtiges zu sagen habe, auch wenn ich, wie Sie sagen, nicht die besten Referenzen habe.«
» Weshalb?«
Russell war bewusst, dass diese Frage entscheidend war. Für den Rest dieser Unterhaltung und für den Rest seines Lebens. Er beantwortete sie dem Mann, gleichzeitig aber auch sich selbst.
» Ich könnte Ihnen eine ganze Reihe von Gründen aufzählen. Was aber eigentlich zählt, ist, dass ich kein Feigling mehr sein will.«
Schweigen senkte sich im Zimmer herab.
Der Captain sah ihm lange in die Augen, und Russell hielt dem Blick mühelos stand.
» Ich könnte Sie als Verdächtigen im Mordfall Ziggy Stardust festnehmen.«
» Das stünde sicherlich in Ihrer Macht. Ich glaube jedoch nicht, dass Sie das tun werden.«
Russell hielt eine Präzisierung für notwendig, damit seine Behauptung nicht allzu anmaßend klang.
» Ich bin kein Leichenfledderer, Captain. Wenn ich auf einen Reißer aus wäre, hätte ich mich an die New York Times gewandt. Das hätte allerdings die Stadt in Panik versetzt, in absolute Panik, das können Sie mir glauben. Ich hege aber nicht die geringste Absicht, mit dem Leben von Tausenden von Menschen zu spielen. Denn genau darum geht es hier …«
Er machte eine Pause und sah erst zu Bellew und dann zu Vivien hinüber.
» Um das Leben von Tausenden von Menschen.«
Den letzten Satz hatte er noch einmal wiederholt, damit den beiden klar wurde, was ihm längst klar war. Dann fügte er noch etwas hinzu, von dem er nicht wusste, ob es schlimmer auszusprechen oder schlimmer zu akzeptieren war.
» Wenn es so ist, wie ich glaube, dann war die Explosion am Samstag nur die erste in einer langen Reihe.«
Er stand auf und ging ein paar Schritte durch das Zimmer.
» Aus verschiedenen Gründen, von denen einer der Zufall ist, habe ich beschlossen, mit Detective Light und Ihnen über diese Sache zu sprechen. Ich beabsichtige keineswegs, Informationen, die das Leben so vieler Menschen retten könnten, für mich zu behalten. Ich könnte zum FBI gehen, doch ich glaube, dass die Sache besser von hier ihren Ausgang nimmt. Von diesem Büro aus.«
Er stellte sich vor den Schreibtisch, legte die Hände auf die Platte, beugte sich zu dem Mann auf der anderen Seite des Tisches vor und suchte seinen Blick.
» Mir genügt Ihr Ehrenwort, dass ich die Ermittlungen aus der Nähe verfolgen darf.«
Russell wusste, dass zwischen den verschiedenen Ermittlungsbehörden schon immer eine gewisse Rivalität herrschte. Und er wusste, dass sich jene zwischen der New Yorker Polizei und dem FBI zuspitzte. Captain Bellew war ganz offensichtlich ein fähiger Polizist und eine anständige Person. Doch er war auch ein Mensch. Die Vorstellung, dass sein Revier diesen Fall lösen und die Verdienste dafür einheimsen könnte, war bestimmt ein gewichtiges Argument.
Der Captain deutete auf den Stuhl.
» Setzen Sie sich.«
Captain Bellew wartete, bis Russell wieder saß, dann sprach er weiter.
» In Ordnung. Sie haben mein Ehrenwort, falls das, was Sie zu sagen haben, von Interesse ist. Sollten Sie uns allerdings nur unsere Zeit gestohlen haben, dann befördere ich Sie höchstpersönlich mit einem Fußtritt die Treppe hinunter.«
Eine Pause und ein Blick, um den Pakt und seine
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