Ich. bin. Jetzt - auf dem achtfachen Yoga-Pfad zu sich selbst finden
lebte ein alter Bauer mit seinem Sohn. Ihr einzig wertvoller Besitz war ein prachtvoller Hengst, mit dem sie die Felder bestellen konnten. Eines Tages war der Hengst aus dem Stall verschwunden. Die Dorfbewohner kamen zu dem Mann und riefen aufgeregt: „Was für ein Unglück! Jetzt hast du nichts mehr.“ Der Bauer erwiderte gelassen: „Das Pferd steht nicht im Stall. Das ist alles, was ich weiß. Ob das gut ist oder schlecht? Wer weiß.“
Einige Tage später kehrte der Hengst in seinen Stall zurück und brachte im Schlepptau drei Wildpferde mit. Das ganze Dorf eilte zum Bauern. „Du hattest Recht“, staunten sie. „Das Unglück war ein Riesenglück. Die Wildpferde sind ein Geschenk des Himmels.“ Der Alte sagte ruhig: „Jetzt habe ich vier Pferde, das stimmt. Ob das ein Glück oder ein Unglück ist, kann ich nicht beurteilen. Ich weiß nicht, welchen Lauf das Leben nimmt. Ich kann nur vertrauen.“
Beim Zureiten eines Wildpferdes wurde der Sohn abgeworfen und erlitt einen schweren Beinbruch. So musste der alte Bauer die ganze Feldarbeit allein bewältigen und erntete das Mitleid der Dorfbewohner. „Die Pferde haben schlimmes Unheil über dich gebracht. Dein Sohn ist ein Krüppel und du musst in deinem Alter noch so hart arbeiten.“ Doch der Bauer dachte nicht daran, sich zu beklagen, sondern sagte mit stoischer Gelassenheit: „Ihr seid wirklich vom Urteilen besessen. Mein Sohn hat ein gebrochenes Bein und ich mache die Arbeit im Moment allein. So ist es. Das weiß ich. Aber wer weiß, wozu das gut ist.“
Wenig später begann ein Krieg und alle jungen, gesunden Männer im Dorf wurden einberufen, als Soldaten zu dienen. Nur der Sohn des alten Bauern durfte zu Hause bleiben, denn mit seiner Verletzung war er nicht kriegstauglich. Das ganze Dorf beneidete den alten Bauern um sein Glück.
Die Geschichte möge Sie daran erinnern, im Alltag den Geist immer wieder bewusst zu öffnen und frei zu machen von seinem Urteil. Sie stehen im Stau und kommen zu spät. Ob gut oder schlecht, wer weiß? Sie haben einen Auftrag nicht bekommen. Ob gut oder schlecht, wer weiß? Sie sind krank. Ob gut oder schlecht, wer weiß? Was eben noch schlimm scheint und Ihnen Ihre Zufriedenheit raubt, mag sich im nächsten Moment als Glück herausstellen und umgekehrt. Das heißt nicht, dass Ihnen alles egal ist. Wenn Sie sich vom Scheuklappen-Urteil des Verstandes befreien und das annehmen, was jetzt gerade ist, haben Sie vielmehr die Energie, das Beste daraus zu machen und sinnvoll zu handeln.
Im Hier und Jetzt für Zufriedenheit sorgen
Wenn Sie merken, dass Sie unzufrieden sind, packen Sie es nicht zu kompliziert an. Viele Menschen glauben, gleich ihr ganzes Leben verändern zu müssen. Oder nehmen sich tausend Dinge vor, die sie dann nie anfangen oder nicht lange einhalten. Fangen Sie lieber klein an: Verwenden Sie Ihre Energie dafür, sich im Hier und Jetzt wohler zu fühlen und zu verändern, was Sie jetzt verändern können.
Halten Sie in Ihrem Alltag immer wieder kurz inne und stellen Sie sich folgende Fragen:
• Wie geht es Ihnen? Was glauben Sie zu brauchen, damit Sie zufrieden sein können? Ist das wahr?
• Wollen Sie äußeren Umständen die Schuld geben, dass Sie nicht zufrieden sind, oder selbst Verantwortung übernehmen?
• Was können Sie selbst in diesem Augenblick für Ihr Wohlbefinden tun? Wie können Sie dafür sorgen, dass es Ihnen hier und jetzt besser geht? Was würde Ihnen wohl Ihr innerer Meister raten?
• Was denken Sie gerade? Was könnten Sie in Ihrem Denken verändern oder woran könnten Sie denken, damit es Ihnen ein bisschen besser geht?
• Was tun Sie gerade? Was könnten Sie in Ihrem Tun verändern oder was könnten Sie stattdessen tun, damit es Ihnen ein bisschen besser geht?
Meist reichen Kleinigkeiten oder minimale Kurskorrekturen völlig aus. Wenn Sie sich erlauben, Ihren inneren Impulsen nachzugehen, merken Sie schon bald eine gravierende Veränderung im Ausmaß Ihrer Zufriedenheit.
Glück ist kein Geschenk der Götter;
es ist die Frucht einer inneren Einstellung.
Erich Fromm
2.3. Tapas
Selbstdisziplin
Ein Yogi saß am Ufer des Ganges und meditierte über den Lauf des Wassers. Da entdeckte er im Fluss einen Skorpion, der verzweifelt um sein Leben kämpfte. Ohne zu zögern schnappte der Yogi das Tier und setzte es ans Ufer. Der Skorpion, der nicht wusste, wie ihm geschah, stach seinen Retter. Ungeachtet der Schmerzen meditierte der Yogi weiter. Eine Weile später fiel der Skorpion
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