Ich. bin. Jetzt - auf dem achtfachen Yoga-Pfad zu sich selbst finden
wir den Eindruck, als wären unser Geist und das, was in unserem Geist vorgeht, ein und dasselbe. Wir fühlen und handeln auf Basis dessen, was uns der Kopf erzählt, und haben den Eindruck, gar nicht anders zu können, weil wir meinen, das zu sein. Nehmen Sie sich jetzt kurz Zeit und beobachten Sie Ihre Gedanken. Warten Sie einfach ab, was als Nächstes in Ihr Bewusstsein kommt.
Ich habe gerade einen kurzen Moment der Stille erlebt, gefolgt vom Gedanken „Lustig, da taucht jetzt gar nichts auf“ und Millisekunden später „Mein Kühlschrank brummt aber laut, ob das normal ist?“ Was auch immer sich bei Ihnen abspielt, wenn es Ihnen gelingt, Ihre Gedanken zu beobachten, haben Sie den Beweis dafür, dass Gedanken zwar in Ihrem Geist auftauchen, aber nicht Ihr Geist sind. Da muss es noch eine weitere Instanz, einen Beobachter, in Ihnen geben. Weil sich der Beobachter aber nicht beobachten lässt, ist es schwer zu erkennen, wer oder besser was Sie tatsächlich sind. Augen können sich nicht selbst sehen. Sie können nur wahrnehmen, dass Sie wahrnehmen, und dabei entdecken, was Sie sind und immer sein werden: reine Wahrnehmung.
Im Grunde braucht es nichts als eine kleine Verlagerung des Bewusstseins, eine Veränderung der Perspektive, um Ihr wahres Selbst zu erkennen. Hinter allen Gedanken ist reines Sein. In diesem Zustand gibt es keine Angst, keine Sorge und kein Problem. Sie haben diesen Zustand sicher schon erfahren. Vielleicht eben jetzt, vielleicht in einer Meditation, vielleicht bei einem Sonnenaufgang, beim Blick in den Sternenhimmel, beim Sport, beim Tanzen oder beim Sex – einen Augenblick erlebt, in dem Sie ganz aufgegangen sind.
In der Regel hält dieser Zustand nicht lange an, denn schon bald gewinnt wieder der Kopf, der alles mit einem Etikett versieht, beurteilt, bewertet und trennt, die Oberhand. Haben Sie allerdings einmal eine bewusste Erfahrung gemacht mit dem, was weit über Ihr kleines „Ich“ hinausgeht, können Sie beginnen, dieses höhere Bewusstsein mehr und mehr in Ihr tägliches Leben zu integrieren. Zu erkennen, wer Sie sind – ein Prozess, der oft als „Erwachen“ bezeichnet wird –, bedeutet nämlich noch lange nicht das Ende aller Probleme – auch wenn das viele gerne glauben. Es ist vielmehr der Anfang einer echten Transformation. Die Verbindung zu Ihrer inneren Göttlichkeit – Ihrem Höheren Selbst, Ihrem Wesenskern, Ihrem inneren Meister oder welchen Namen Sie sonst für den wissenden und mit dem universellen Bewusstsein verbundenen Teil in Ihnen verwenden wollen – ist die beste Ausgangsbasis, um den Geist zu reinigen, sich mit den eigenen Schatten auseinanderzusetzen und alte Wunden zu heilen. Dieser Teil ist wie ein Helferlein, mit dem Sie sich aus der Illusion des Egos und allen damit verbundenen Verstrickungen befreien können.
Ihr Höheres Selbst kennt den besten Weg
Schauen wir uns das Ganze ein wenig mehr von der praktischen Seite an. Im Alltag brauchen Sie ein „Ich“ – eine Rolle, in die Sie schlüpfen, um mit Ihrer Umwelt in Beziehung zu treten und zu kommunizieren. Mit diesem „Ich“ sind viele Schutzmechanismen verbunden, die sich in aller Regel nicht einfach in Luft auflösen, sondern Zug um Zug transformiert werden müssen. Svadhyaya heißt, stets wach und bewusst zu bleiben. Vielleicht kommt es nicht mehr so oft vor oder ist nicht mehr ganz so offensichtlich, doch das Ego reagiert noch immer mit denselben Abwehrmechanismen, sobald etwas unbequem wird und es sich bedroht fühlt. Wenn Sie sich nicht mehr vollständig mit dem „Ich“ identifizieren und nicht alles persönlich nehmen, können Sie leichter erkennen, was Sache ist. Denken Sie einmal daran, wie es Ihnen mit den Problemen anderer Menschen geht. Ihre Distanz dazu eröffnet oft hilfreiche Perspektiven: Ein Bekannter erzählt von einem Problem im Job und Sie haben eine gute Idee für eine Lösung. Ein Freund hat Schwierigkeiten in seiner Beziehung und Sie sehen, wo der Hund begraben liegt. Ein Bekannter trauert über einen Verlust und Sie spenden Trost und geben Zuspruch. Aus der Distanz ist es relativ einfach, die größeren Zusammenhänge zu sehen und weise zu sein. Einfach das Leben zu nehmen, wie es ist, und zu tun, was eben zu tun ist. Aber wehe, Sie sind selbst betroffen. Sowohl das Erkennen der Lösung als auch die Umsetzung sind weitaus schwieriger, wenn das eigene „Ich“ beteiligt ist.
„Ich stehe mir nur selbst im Weg!“, wie oft haben Sie das schon gespürt oder gedacht?
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