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Ich bin kein Mörder: Thriller (Band 3 von 3 der "Mörder"-Trilogie)

Ich bin kein Mörder: Thriller (Band 3 von 3 der "Mörder"-Trilogie)

Titel: Ich bin kein Mörder: Thriller (Band 3 von 3 der "Mörder"-Trilogie) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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zwei Schülern, einer Tat, von der er beiläufig gehört hatte, die ihn aber nicht weiter interessierte. Sein Fokus lag auf den Meldungen, die sich mit ihm und seinen Taten beschäftigten. Darauf konzentrierte er sich, der andere Kram konnte ihm gestohlen bleiben.
    Ein Grund, warum er hier im Hotel wohnte, in dem gut die Hälfte der Urlauber Deutsche waren. Als Psychologe wusste er, dass der Wahrnehmungshorizont von tausend Dingen beeinflusst wurde und während der Urlaubszeit, in einem anderen Land mit anderem Klima und anderer Ernährung, verschwamm. Hier fiel er nicht auf, war nur einer von über 800 Menschen verschiedener Nationen. Falls er erkannt wurde, würde niemand darauf kommen, die Maus besäße die Chuzpe, inmitten des Schlangennestes zu verweilen. Und warum nach Deutschland telefonieren und sich die Zeit mit einem dummen Verdacht verderben?
    Nein, man musste sich irren. Es gab hier so viele Menschen, die dem einen oder anderen ähnlich sahen. War das da hinten nicht ein Fernsehschauspieler? Und hatte dieser Russe nicht was von Putin, und dieser Engländer, so fremdartig unattraktiv wie die meisten von denen, war das ein Fußballer? Nicht wenige Urlauber gaben Miturlaubern heimlich Spitznamen. Sah der nicht aus wie ein Zwerg? Und der wie Gandalf? Und den da, den mit den haarigen Armen, nannte man Affenmann. Und wieso hatte der überhaupt so eine hübsche Frau? Oder ging da was nicht mit rechten Dingen zu? Guck mal, die beiden Schönlinge, braun wie Kakao, aber wehe, die zogen die Shirts aus, alles weiß, denn die waren den ganzen Tag auf dem Golfplatz. Und wie er sich die Haare mit Fett glattstrich. Also schick war das nicht, oder? Und wo waren die Braunis, die den ganzen Tag in der Sonne lagen und sich nicht einmal bewegten, er sah aus wie Heribert Faßbender und sie wie eine fette Matrone und jeden Abend tranken die beim Essen zwei Flaschen Wein, zwei! - ach, die waren wohl schon zuhause. Gut, dass wir noch ein paar Tage vor uns haben.
    Im selben Moment begriff er, dass er genauso handelte und dachte. Auch sein Wahrnehmungsraster lief auf Sparflamme.
    Zwei Fotos. Zwei Gesichter. Hatte er sie schon mal gesehen? Und sie ignoriert? Er guckte kaum einmal Fernsehen. Ihn langweilten die deutschen Unterklassesender, die man den Hotelgästen zumutete.
    Und eines der Fotos ... aber nein ... er musste sich irren. Standen da die Namen? Der Mord war schon längere Zeit her. Aha, also hatte die Polizei die Bilder der Opfer vermutlich noch nicht veröffentlicht, aus Pietät oder so ... da war man, wie er von seiner Gerichtsarbeit wusste, sehr vorsichtig.
    Franco hielt inne, schüttelte den Kopf, blinzelte und beugte sich vor. Er riss die Zeitung aus dem Ständer, was den Verkäufer dazu brachte, von seinem Stuhl aufzuspringen, weil er nichts mehr hasste, als Touristen, die die Titelseite lasen, vielleicht sogar darin blätterten, aber die Zeitung nicht kauften.
    Franco spürte ein kaltes Zittern, das ihm durch den ganzen Körper fuhr. Sein Atem drohte zu stocken. Mit dem Zeigfinger wischte er wie versessen über das kleine Foto, als könne er es ausradieren, dann blickte er auf, doch er sah nichts, denn vor seinen Augen verschwamm die Welt in einem Meer aus Tränen.
    » Wollen kaufen?«, radebrechte der Verkäufer.
    » Si«, stammelte Franco. »Comprar. Si, Señor.«
    Während sich eisige Finger unter seine Kopfhaut zu bohren schienen, brüllte etwas in ihm, er müsse jetzt, jetzt, jetzt, unbedingt die Nerven behalten. Verriet er sich, wies alles auf ihn hin. Ein Blick auf den Namen des ermordeten Mädchens, ein vager Verdacht, er könne der Vater sein, zwar unwahrscheinlich, aber möglich, nein, nein, nein, er musste, musste, musste cool bleiben. Alle Kraft zusammennehmen. Stark sein. Nicht weinen, nicht zusammenbrechen. Nicht schreien, jammern, heulen, am besten kalt sein wie Eis.
    Er hielt sich an einer Hotelcouch fest, starkes Gewebe für die Ewigkeit, eine Ewigkeit, so unendlich, wie die Ewigkeit, die Marlies nun schlafen würde, für immer schlafen. Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, dass der Mord nicht aktuell war. Sondern schon länger her und er war nicht bei der Beerdigung gewesen, nicht bei Gabi, nicht bei seiner Mutter. Er war nicht nur ein verdammter Mörder, sondern auch ein Mensch, der sich aus seiner Verantwortung stahl.
    Als er bezahlte, mit bebenden Fingern, verkrampft lächelnd, und als er in den Fahrstuhl stieg, als er den Knopf nach oben drückte und die Glaswand anhauchte, während die Tränen

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