Ich bin kein Mörder: Thriller (Band 3 von 3 der "Mörder"-Trilogie)
in einem Drogeriemarkt verschiedene Sanitärartikel und einen Kulturbeutel mit einer gelben Ente drauf. Ein paar Unterhosen, zwei Hemden und eine kurze Hose, sowie einfache Sneakers. Hinzu kam ein kleiner Rollkoffer, den er nur zur Hälfte gefüllt zur Durchleuchtung trug und als Handgepäck deklarierte.
Sorgen machte ihm der Zoll, denn mehr als 10.000 Euro durfte man nicht in ein anderes Land überführen. Er stopfte die Scheine in sein Portemonnaie, einen hinter den anderen, und als das Handgepäck durchleuchtet wurde, schwitzte er auffällig. Doch alles ging gut, niemand hielt ihn fest.
Am ganzen Leib zitternd, aber aufgeräumt und traurig gleichermaßen stieg er in den Condor-Flieger und verschlief völlig erschöpft 4 ½ Stunden den Flug nach Las Palmas.
Zwei Tage später las er in der Zeitung, dass er gesucht wurde. Er blieb sechs Tage in einer billigen Absteige, hungerte und hatte Durst, denn er hatte dummerweise nur unzureichend vorgesorgt. Er trank Leitungswasser, das schwach salzig schmeckte, woran er sich schnell gewöhnte. Als er die kleine Wohnung mit rissigen Lippen und pochendem Magen verließ, schmückte sein Gesicht ein schattiger Bart. Seine Haare frisierte er um und versteckte sie unter einer Baseballkappe, hinzu kam die schwere Sonnenbrille. Wenn er vor dem Spiegel stand, staunte er, wie diese kleinen Umgestaltungen sein Aussehen veränderten und war zufrieden. Er sah aus wie die meisten männlichen Touristen. Ein Mann ohne Gesicht.
Sie würden ihn niemals finden. Sie kannten seinen neuen Namen nicht. Sie wussten nicht, wie er jetzt aussah , und sie wussten nicht, wo er sich aufhielt. In Kinofilmen mochte ein genialer Schnüffler auf seine Fährte kommen, im wirklichen Leben würde die Polizei gegen die Wand starren, fluchen und sich damit abfinden müssen, dass Dr. Mark Rieger, Serienmörder und Psychopath, vom Erdboden verschluckt worden war.
Nachdem seine äußere Verwandlung gelungen war, buchte er ein Zimmer in einem 4-Sterne-Hotel in San Andreas, nahe Maspalomas.
Da er mehr zahlen musste, als hätte er über einen Reiseveranstalter gebucht, war man sehr zuvorkommend zu ihm.
»Schön, dass Sie so lange bei uns bleiben«, sagte die Frau hinter dem Empfangstresen. »Willkommen in unserem Haus, Señor Sola.«
Franco Sola ließ sich auf sein Zimmer bringen und genoss den Ausblick auf das Meer.
24
Franco Sola legte akribisch die Bücher aufeinander und strich sich die Haare aus der Stirn. Er ging vor den Spiegel, richtete seine Hornbrille, schaute, dass die hohe Stirn unter den Haaren verschwand, benetzte sie mit einem Spritzer Haarspray und tupfte sich etwas Rasierwasser auf den Bart.
Er war ein eitler und besonnener Mann, was gewissermaßen seine Lebensversicherung darstellte.
Er ging zu seinem Schreibtisch und las die Akten der letzten Therapiestunde, damit er für das Elterngespräch gewappnet war. Seit drei Tagen betreute er den Jungen, Oliver Strauss, und das Bild, das er sich gemacht hatte, würde er den Eltern erklären.
Zwar wussten sie vieles, hatten ihm davon berichtet, doch die Stunden hatten Dinge zum Vorschein gebracht, die sogar einen Mann wie Sola schockierten.
Also legte er sich schon jetzt die richtigen Worte zurecht. Was später geschah, war seine ganz eigene Sache, von denen die Eltern nichts erfahren würden. Oliver war ein Geschenk des Himmels, was er sogleich auf der verborgenen Website postete und wofür er viel Zustimmung erhielt.
Stefan Strauss und seine Frau Daniela wirkten indifferent, eine reizvolle Kombination. Menschen, die für zwei Monate ihr Land verlassen hatten, es sich leisteten, so lange in einem 4-Sterne-Hotel zu leben, jedoch weder wie Abenteurer noch wie Aussteiger wirkten, sondern wie – vorsichtig ausgedrückt – zu früh gealterte, kleinliche und hochgradig bürgerliche Wesen. Sie gehörten zur Sorte Mensch, die niemals Pickel bekamen, da die innere Reinheit auf die Haut strahlte, die auch dann bleich blieb, wenn sie der Sonne ausgesetzt war.
Franco Sola grinste. Er liebte es, in Metaphern zu denken.
Er hatte sie an der Bar des Hotels kennengelernt. Sie waren ins Gespräch gekommen. Stefan Strauss hatte den Mann mit der Hornbrille für dessen gute Deutschkenntnisse gelobt, mit seinen mangelhaften Spanischkenntnissen angegeben, dafür hatte Franco ihm kundgetan, dass er Psychologe sei und mit seinen besseren Spanischkenntnissen geantwortet. Schulkenntnisse, die ausreichten, um den Mann zu beeindrucken. Nachdem die
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