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Ich bin kein Serienkiller

Ich bin kein Serienkiller

Titel: Ich bin kein Serienkiller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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ich versteckte mich nicht zwischen den Bäumen, während mein Nachbar einem Mann die Lungen herausriss, also war es ganz in Ordnung.
    Brookes Mom kam mit einer kleinen Tupperdose voll Vanille zurück. »Das müsste euch reichen«, sagte sie. »Willst du noch eine Tasse heiße Schokolade?«
    »Ich will!«, rief Ethan, sprang auf und stürmte in die Küche.
    »Nein, danke«, lehnte ich ab. »Mom braucht die Vanille für irgendetwas, und ich muss schnell zurück.«
    »Sagt nur Bescheid, wenn euch sonst noch etwas fehlt«, sagte sie lächelnd. »Und ein fröhliches Thanksgiving!«
    »Fröhliches Thanksgiving, John«, stimmte auch Brooke ein. Ich öffnete die Tür, und sie stand auf, um mir zu folgen. Es sah so aus, als wolle sie noch etwas hinzufügen, dann schüttelte sie den Kopf und lachte. »Wir sehen uns in der Schule«, sagte sie schließlich, und ich nickte.
    »Wir sehen uns in der Schule.«
    Sie winkte mir nach, als ich die Treppe hinunterstieg, und zeigte mir mit breitem Lächeln ihre Zahnspangen. Sie war hinreißend, und ich wandte mühsam den Blick ab. Meine Regeln waren unumstößlich. Nur so war sie sicher vor mir.
    Die Dose mit der Vanille tief in die Tasche geschoben und die Hände in der Kälte zu Fäusten geballt, stapfte ich wieder nach Hause. Im Schnee waren die Häuser kaum voneinander zu unterscheiden – weiße Wiesen, weiße Zufahrten, weiße Dächer, abgerundete Ecken und weiche Konturen. Im Vorbeifahren wäre niemand auf den Gedanken gekommen, dass in einem Haus eine fröhliche Familie lebte, im nächsten eine jämmerliche halbe Familie und im übernächsten ein mordlustiger Dämon.
     
    Das Abendessen zu Thanksgiving verlief so gut, wie man es sich in meinem Heim nur wünschen konnte. Im Fernsehen kamen nur Familienfilme oder Footballspiele. Mom und Margaret sahen beim Essen abwesend zu, ich dagegen drehte meinen Stuhl herum, bis ich Crowleys Haus im Blick hatte, und starrte die ganze Zeit zum Fenster hinaus.
    Mom schaltete nervös alle Kanäle durch. Bevor Dad uns verlassen hatte, war Thanksgiving durch und durch ein Footballtag gewesen, und Mom hatte sich jedes Jahr darüber beschwert. Jetzt schaltete sie mit zornigen Bewegungen die Sportkanäle weg und hielt bei den anderen etwas länger inne, als hätten sie einen höheren Status. Eine Sendung, die sie nicht an Dad erinnerte, war besser als die anderen.
    Meine Eltern hatten sich eigentlich nie gut verstanden, aber im letzten Jahr, bevor er sich endgültig verdrückt hatte, war es noch schlimmer als vorher gewesen. Schließlich war er in eine Wohnung am anderen Ende der Stadt gezogen, wo er fast fünf Monate lang geblieben war, während die Scheidung durch den Verdauungstrakt der Bezirksgerichte gewandert war. Jede zweite Woche hatte ich bei ihm verbracht, doch selbst der kurze Kontakt, wenn sie mich übergeben hatten, war zu viel für die beiden gewesen. Am Ende hatten sie spät am Abend, wenn es leer war, an den gegenüberliegenden Seiten eines Supermarktparkplatzes gewartet, und ich hatte mein Kopfkissen und meinen Rucksack hin und her geschleppt. Damals war ich sieben gewesen. Eines Abends, als ich schon auf halbem Weg zum Auto meiner Mutter gewesen war, hatte mein Dad seinen Motor hochgedreht und die Scheinwerfer eingeschaltet, um eilig auf die Straße zu fahren. An der Ecke war er abgebogen und unter zornigen Geräuschen verschwunden. Da hatte ich ihn zum letzten Mal gesehen. Zu Weihnachten und manchmal zum Geburtstag hatte er Geschenke geschickt, aber es hatte nie ein Absender draufgestanden. Er war so gut wie tot.
    Unser Essen endete mit einem gekauften Kürbiskuchen und Sprühsahne. Das Gerippe des Truthahns hockte wie eine knochige Spinne auf dem Tisch. Ich musste an den toten Mann im See denken und zerbrach mit den Fingern eine Rippe. Im Hintergrund lärmte der Fernseher. Es herrschte eine bemerkenswerte Abwesenheit von Streit, und damit waren wir so glücklich, wie wir es in unserem Haus nur sein konnten.
    »Guten Abend und willkommen zu den Five Live News . Ich bin Walt Daines.«
    »Und ich bin Sarah Bello. Viele Menschen bringen zu Thanksgiving einen tiefgefrorenen Truthahn auf den Tisch, doch die Tiefkühltruhen haben ihre Tücken. Mehr darüber gleich im Anschluss. Zuerst aber das Neueste über den Mörder im Clayton County, auf dessen Konto inzwischen drei Morde gehen. Zu den Opfern zählt auch Ted Rask, der Reporter von Five Live News . Hier ist Carrie Welsh mit ihrem Bericht.«
    Jetzt saßen wir alle drei kerzengerade auf

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