Ich bin kein Serienkiller
dieser Stelle kam seine zweite Schwäche ins Spiel. Sein Körper verfiel schneller, als er ihn reparieren konnte. Er war an dem Abend, als er Max’ Dad getötet hatte, fast gestorben. Hätte er nicht gerade ein frisch getötetes Opfer vor sich gehabt, dann hätte er vermutlich nicht überlebt. Wenn es mir gelänge, ihn von seiner Jagd abzulenken und fortzulocken, ehe er die Gelegenheit fände, jemanden zu töten, dann würde er sich vielleicht überhaupt nicht mehr erholen. Ich malte mir aus, wie er verzweifelte und nicht mehr fähig war, rechtzeitig ein Opfer zu erreichen, und wie er zu einer brodelnden Lache aus schwarzem Kleister zerfiel.
Ich hielt am Radio Shack, stellte mein Fahrrad an die Wand und ging hinein.
»Den hat mir mein Dad zu Weihnachten geschenkt, aber ich habe schon einen«, erklärte ich, während ich die geöffnete Schachtel vor dem Verkäufer auf die Theke stellte. In Wahrheit hatte ich noch keinen iPod, aber irgendwie dachte ich mir, das sei die beste Erklärung. Ich konnte nur hoffen, dass es klappte. »Kann ich den hier gegen eine Gutschrift umtauschen?«
Der Verkäufer nahm die Schachtel und öffnete sie. »Die wurde ja schon geöffnet«, sagte er.
»Das war meine Mom«, log ich weiter. »Sie wusste nicht, dass sie das nicht darf. Aber er ist völlig unbenutzt. Sie hat ihn einmal für zehn Sekunden eingeschaltet, das war alles. Kann ich ihn trotzdem umtauschen?«
»Hast du eine Quittung?«
»Leider nicht«, sagte ich. »Es war ein Geschenk.« Ich stand ruhig vor ihm, beobachtete ihn und zwang ihn mit meinen Gedanken, dass er einwilligte. Schließlich zog er die Schachtel über seinen Scanner und betrachtete die Anzeige.
»Ich gebe dir eine Teilgutschrift«, sagte er. »Willst du einen Geschenkgutschein haben?«
»Schon gut«, antwortete ich rasch. »Ich suche mir einfach etwas aus und komme gleich wieder her.«
Der Verkäufer nickte, und ich sah mich bei den GPS-Systemen um. Es würde funktionieren. Inzwischen war ich ziemlich sicher, dass ich Crowley ausschalten konnte. Ich musste ihn nur lange genug stören, damit er sich nicht mehr regenerieren konnte, und dann würde er sterben. Schon einmal hatte ich beobachtet, wie sein Körper ihn fast im Stich gelassen hätte, und das konnte abermals geschehen. Außerdem kannte ich die perfekte Methode, ihn abzulenken. Seine dritte Schwäche: Liebe. Für seine Frau tat er alles. Er war sogar mitten in einem Angriff ans Telefon gegangen, um mit ihr zu sprechen. Wenn er einen weiteren Anruf bekäme und überzeugt wäre, dass seine Frau in echter Gefahr schwebe, dann ließe er alles andere stehen und liegen und liefe zu ihr.
Wenn ich mich gut vorbereitete, konnte ich ihm ein paar sehr überzeugende Beweise schicken.
Endlich fand ich, was ich gesucht hatte: zwei zusammengehörende GPS-Armbänder, deren kleine Anzeige exakt verfolgen konnte, wo sich das jeweils andere befand. Ich überprüfte den Preis, ging nach vorn und legte die Armbänder auf die Theke.
Der Verkäufer beäugte mich und fragte sich vermutlich, warum ein Jugendlicher einen coolen iPod gegen langweilige GPS-Armbänder eintauschte, aber dann zuckte er mit den Achseln und fertigte mich ab.
»Danke«, sagte ich. Jetzt hatte ich einen Plan, den ich unbedingt umsetzen wollte. Am liebsten wäre ich sofort losgerannt und hätte begonnen, aber ich musste warten. Ich musste alles verschleiern, was ich tat, damit die Polizei keine Verbindung zu mir herstellen konnte. Wenn der richtige Augenblick gekommen war, würde ich eine absolut glaubwürdige Bedrohung seiner Frau inszenieren. Das war schwierig durchzuziehen.
Wenn es aber funktionierte, würde der Dämon sterben.
SIEBZEHN
Am Sonntagmorgen ging ich in der Verkleidung des freundlichen John Wayne Cleaver zum Dämon und fragte ihn, ob es irgendwelche kleinen Arbeiten zu erledigen gab. Es hatte eine Weile nicht mehr geschneit, aber am Straßenrand lagen noch hohe Schneewehen. Da das Schneeschaufeln ausfiel, erzählte ich ihm, ich müsse für den Werkunterricht häusliche Reparaturen üben, und schlug ihm einige Arbeiten vor, mit denen ich mich angeblich beschäftigen sollte. Den Rest des Tages verbrachten wir dann damit, durchs Haus zu gehen, tropfende Wasserhähne zu reparieren und an einigen Wänden die Farbe aufzufrischen. Ich vergaß nicht einmal, die Scharniere seiner Schlafzimmertür zu ölen – das konnte sich noch als nützlich erweisen. Er war die ganze Zeit über freundlich, doch ich beobachtete ihn genau und erkannte,
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