Ich bin Legende
Boden und fiel auf den Rücken. Er blieb in der Dunkelheit liegen. Heftig hob und senkte sich seine Brust. Seine Arme und Beine lagen reglos auf dem Boden, als gehörten sie nicht ihm. Draußen heulten sie, hämmerten gegen die Tür und brüllten seinen Namen in einem Paroxysmus wahnsinniger Wut. Einige hatten offenbar Steine und Ziegel geholt, denn jetzt bombardierten sie das Haus damit, schrien und verfluchten ihn. Er lauschte dem Aufprall der Steine und Ziegel und ihrem Wutgeheul.
Nach einer Weile rappelte er sich auf und stolperte zur Bar. Er schenkte sich einen Whisky ein, vergoss aber die Hälfte auf den Boden. Mit einem Schluck leerte er das Glas. Dann hielt er sich zitternd an der Bar fest, denn seine Knie waren weich wie Gummi. Er würgte, und seine Lippen bibberten, ohne dass er etwas dagegen tun konnte.
Allmählich breitete die Wärme des Alkohols sich in seinem Magen und schließlich im ganzen Körper aus. Sein Atem wurde ruhiger, und seine Brust hörte zu wogen auf.
Er zuckte zusammen, als er den furchtbaren Krach draußen hörte.
Mit weichen Beinen taumelte er zum Guckloch und spähte hinaus. Er knirschte mit den Zähnen. Wut schüttelte ihn, als er den umgestürzten Kombi sah, auf den sie mit Ziegeln und Steinen eindroschen, die Windschutzscheibe zerschmetterten, den Kühler aufrissen und mit Prügeln auf den Motor einschlugen. Seine Wut wuchs, brauste wie brennende Säure durch seine Adern. Würgende Laute entquollen seiner Kehle, während seine Hände sich zu weiß-knöcheligen Fäusten verkrampften.
Abrupt drehte er sich um und drückte auf den Schalter, aber die Lampe brannte nicht. Knurrend rannte er in die Küche. Auch der Kühlschrank arbeitete nicht. Von einem dunklen Zimmer hastete er zum anderen. Der Gefrierschrank funktionierte genauso wenig. Alles würde auftauen und verderben! Und er saß hier fest! Er explodierte fast vor Wut. Genug des grausamen Spiels!
Seine bebenden Hände rissen die Wäsche aus den Schrankfächern, bis die Finger sich um die geladenen Pistolen legten.
Er raste durch das dunkle Wohnzimmer, zog so heftig am Riegel, dass er klirrend auf den Boden fiel. Draußen heulten sie noch lauter, als sie ihn die Tür öffnen hörten. Ich komme hinaus, ihr Bastarde, schrie es in seinem Kopf. Er riss die Tür auf und schoss dem Ersten ins Gesicht. Der Mann wurde nach hinten von der Veranda gerissen, während zwei Frauen in dreckigen, in Fetzen von ihnen hängenden Kleidern, mit ausgestreckten Armen auf ihn zukamen, um sie um ihn zu werfen. Er sah, wie ihre Leiber zuckten, als die Kugeln sie trafen. Beide schob er zur Seite und feuerte blindlings, mit einem wilden Schrei, in die Meute.
Er schoss, bis die Magazine beider Pistolen leer waren, dann hieb er wie ein Wahnsinniger mit den Läufen auf sie ein. Fast wäre er völlig übergeschnappt, als die, die er erschossen hatte, wieder auf ihn einstürmten. Und als sie ihm die Pistolen entrissen hatten, benutzte er Fäuste und Ellbogen, stieß mit dem Kopf zu und trat mit den Füßen.
Erst der brennende Schmerz einer klaffenden Schulterwunde brachte ihn zur Vernunft, und er erkannte, was er tat und wie hoffnungslos sein Unterfangen war. Er stieß zwei Frauen zur Seite und wich zur Tür zurück. Ein Männerarm legte sich um seinen Hals. Er beugte sich ruckartig vor, sodass der Mann von den Füßen gerissen über seinen Rücken flog und ein paar der anderen zu Boden warf. Neville sprang in die Türöffnung, hielt sich links und rechts am Rahmen fest, stieß mit den Beinen wie Kolben zu und beförderte so zwei seiner Angreifer über die Veranda in die Büsche.
Ehe sie sich erneut auf ihn stürzen konnten, knallte er die Tür vor ihrer Nase zu, drehte den Schlüssel um, bückte sich nach dem losgerissenen Riegel, schob ihn durch die Halterung und legte auch noch den Sperrbalken vor.
In der kalten Finsternis seines Hauses lauschte Robert Neville dem Wutgeheul der Vampire.
Langsam und schwach hieb er mit den Fäusten auf die Wand ein. Die Tränen strömten über seine bärtigen Wangen, seine blutenden Hände pochten vor Schmerz. Alles verloren, alles.
»Virginia«, schluchzte er wie ein verängstigtes verirrtes Kind. »Virginia. Virginia! «
ZWEITER TEIL
März 1976
6
Das Haus war tatsächlich wieder bewohnbar!
Es ließ sich darin jetzt sogar noch besser aushalten als zuvor, denn er hatte sich endlich drei Tage Zeit genommen, die Wände schalldicht zu machen. Nun konnten sie heulen und brüllen, soviel sie mochten, denn er
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