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Ich bin Legende

Ich bin Legende

Titel: Ich bin Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Matheson
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Unter Wagen sah er nach, hinter Sträuchern, unter Häusern, in Kaminen, in Schränken, unter Betten, in Kühlschränken, eigentlich überall, wo ein etwas korpulenter Mann sich verkriechen konnte.
    Natürlich mochte Cortman irgendwann in jedem einzelnen dieser Schlupfwinkel gewesen sein oder sich irgendwann einmal dort verbergen. Er wechselte seine Verstecke ständig. Neville war überzeugt, dass Cortman von seiner Jagd auf ihn wusste, und irgendwie hatte er das Gefühl, dass es Cortman sogar Spaß machte, dass er Gefallen an der Gefahr fand. Wäre es nicht ein Widerspruch in sich, würde er sagen, Cortman genieße dieses Leben. Jedenfalls glaubte er manchmal, dass Cortman sich jetzt glücklicher fühlte als je zuvor.
    Langsam schlenderte Neville den Compton Boulevard zum nächsten Haus, das er zu durchsuchen gedachte. Der Vormittag war bisher ereignislos verlaufen. Er hatte Cortman nicht gefunden, obwohl er sicher war, dass er sich irgendwo in der Nähe versteckt hatte. Es konnte gar nicht anders sein, denn jeden Abend war er der Erste am Haus. Die anderen waren fast immer Fremde. Sie wechselten schnell, denn waren sie erst einmal hier, blieben sie unweigerlich in der Nachbarschaft, wo er sie fand und für ihre ewige Ruhe sorgte. Bei Cortman war es anders.
    Während er einen Fuß vor den anderen setzte, fragte Neville sich wieder einmal, wie so oft, was er tun würde, wenn er Cortman aufstöberte. Klar, an seinem Plan hatte sich nichts geändert: Entdeckte er einen Vampir, machte er ein schnelles Ende mit ihm. Aber er wusste, dass es bei Cortman nicht so einfach sein würde. Nicht, dass er besondere Gefühle ihm gegenüber hegte, auch nicht, weil er doch Teil seiner Vergangenheit gewesen war. Die Vergangenheit war tot, damit hatte er sich abgefunden.
    Nein, nichts davon, aber vielleicht, dachte Neville, möchte ich mich nur nicht um die tägliche Jagd auf ihn bringen, die so entspannend auf mich wirkt. Die anderen waren alle so stumpfsinnige, roboterähnliche Kreaturen. Ben besaß zumindest ein wenig Fantasie. Aus irgendeinem Grund hatte sein Gehirn sich offenbar nicht so zurückgebildet wie das der anderen. Hin und wieder beschäftigte Neville sich sogar mit der Theorie, dass Ben Cortman dazu geboren war, tot zu sein - untot, natürlich, verbesserte er sich mit einem trockenen Lächeln.
    Er dachte kaum noch daran, dass Cortman darauf aus war, ihn zu töten. Er empfand es nicht mehr als ernst zu nehmende Bedrohung.
    Seufzend ließ er sich auf der Veranda des nächsten Hauses nieder, griff müde in seine Hosentasche und brachte seine Pfeife zum Vorschein. Mit dem Daumen stopfte er grobe Tabakschnitzel in die Pfeife. Nach ein paar Sekunden kräuselte sich der Rauch träge in der warmen Luft um seinen Kopf.
    Der Neville, der jetzt über die weite Wiese auf der anderen Seite des Boulevards blickte, war entspannter und etwas massiger als der vor zwei Jahren. Ein geruhsames Einsiedlerleben hatte sein Gewicht auf hundertzehn Kilo erhöht. Sein Gesicht war voll und sein Körper unter dem losen Drillichanzug kräftig und muskulös. Schon lange rasierte er sich nicht mehr und nur hin und wieder stutzte er den blonden Bart auf eine Länge von etwa fünf bis acht Zentimeter. Sein dünner werdendes Haar trug er lang, aber er gab sich mit dem Kämmen keine große Mühe. Die blauen Augen in dem sonnengebräunten Gesicht wirkten ruhig und so, als könnte nichts sie erschüttern.
    Er lehnte sich an die Ziegelstufe und blies gemächlich Rauchwolken in die Luft. Weit drüben auf der Wiese war immer noch eine Mulde im Boden, wo er Virginia ursprünglich begraben und sie sich wieder herausgearbeitet hatte. Aber der Gedanke daran schmerzte nicht mehr. Er hatte gelernt, sich keinen Grübeleien mehr hinzugeben, die nur Kummer und Leid wecken würden. Die Zeit hatte für ihn ihren mehrdimensionalen Charakter verloren. Es gab nur noch die Gegenwart für ihn - eine Gegenwart, die auf seinem täglichen Überleben beruhte und von keinen Höhe- oder Tiefpunkten gezeichnet war, weder von himmelhoch jauchzender Freude noch von schwärzester Verzweiflung. Ich vegetiere eigentlich nur, dachte er manchmal. Aber anders wollte er es auch gar nicht.
    Schon mehrere Minuten lang hatte er den Blick auf den weißen Punkt im Feld gerichtet, ehe ihm überhaupt bewusst wurde, dass er sich bewegte.
    Er blinzelte, und die Haut spannte sich über seine Wangen. Ein seltsamer Laut wie eine zweifelnde Frage entrang sich seiner Kehle. Dann erhob er sich und legte

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