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Ich bin Legende

Ich bin Legende

Titel: Ich bin Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Matheson
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dass es so weit kommen wird! Habe ich recht?«
    »Ja! Ja! «
    »Ich sage euch, wenn wir nicht wie die Kinder werden, rein und unschuldig in den Augen Gottes - wenn wir nicht alle Gott den Allmächtigen und seinen eingeborenen Sohn Jesus Christus, unseren Erlöser, lobpreisen - wenn wir nicht auf die Knie fallen und um Vergebung unserer Sünden beten, so sind wir verdammt! Ich sage es noch einmal, so hört! Sind wir verdammt, verdammt, VERDAMMT!
    Amen!«
    »Rette uns! «
    Robert Neville wurde herumgeschoben und -gestoßen in dieser Tretmühle der Hoffnung, in diesem Kreuzfeuer verzweifelter Anbetung.
    »Gott hat uns für unsere schrecklichen Vergehen bestraft! Der göttliche Zorn ist über uns herabgekommen! Gott hat uns eine zweite Sintflut geschickt - eine Sintflut von Kreaturen der Hölle, die die ganze Welt überschwemmt! Er hat die Gräber geöffnet, die Toten aus den Grüften geholt - und sie auf uns losgelassen ! Tod und Teufel gaben all jene frei, die sie einst holten! O Gott, du hast uns bestraft! O Gott, du wolltest unsere schlimmen Sünden nicht länger dulden! O Gott, du hast deinen Zorn über uns geschickt!«
    Das Klatschen klang wie unregelmäßige Schüsse. Die Menschenkörper wiegten sich wie Ried in einem heftigen Wind. Das Stöhnen erinnerte an Sterbende, und die Schreie an Soldaten in einer Schlacht. Immer noch hatte Robert Neville den Ausgang nicht erreicht. Sein Gesicht war so weiß wie das der anderen, und er hatte die Hände ausgestreckt wie ein Blinder, der Unterschlupf sucht.
    Endlich taumelte er schwach und am ganzen Leib zitternd aus dem Zelt, fort von der fanatisch schreienden Menschenmasse. Aber inzwischen war bereits die Nacht hereingebrochen.
    Darüber dachte er nach in seinem Wohnzimmer mit einem leichten Drink neben sich, an dem er nur nippte, und einem Buch über Psychologie auf seinem Schoß.
    Ein Satz daraus hatte seinen Gedankengang in Bewegung gesetzt, hatte ihn in die Vergangenheit zurückgeschickt zu jenem Abend vor zehn Monaten, da er in diese wilde religiöse Versammlung gezerrt worden war.
    »Dieser Zustand, der als hysterische Blindheit bekannt ist, kann partiell oder komplett sein, er mag auf ein Objekt, auf mehrere Objekte oder auf überhaupt alles bezogen sein.«
    Das war der Satz, den er gelesen hatte, und er hatte ihn dazu gebracht, sich wieder mit dem Problem zu beschäftigen.
    Er ging es diesmal von einer anderen Richtung an. Zuvor hatte er alle Vampirphänomene dem Bazillus zugeschrieben. Einige, die einfach unmöglich durch ihn verursacht worden sein konnten, erachtete er als Aberglauben, das heißt, er neigte zumindest dazu. Es stimmte, er hatte psychologische Erklärungen vage in Betracht gezogen, aber nicht wirklich an eine solche Möglichkeit geglaubt. Doch nun, da er sich von seiner starren Meinung befreit hatte, dachte er anders darüber.
    Es gab keinen Grund, weshalb einige der Phänomene nicht physisch verursacht worden sein sollten und der Rest psychologisch. Und nun, da er sich aufgeschlossen damit beschäftigte, erschien es ihm als eine dieser geradezu ins Auge fallenden Antworten zu sein, die nur ein Blinder übersehen konnte. Na ja, dachte er in leichter Selbstironie, ich gehörte wohl schon immer zu denen, die den Wald vor lauter Bäumen nicht sahen.
    Denk doch nur an den Schock, dem ein Seuchenopfer ausgesetzt ist!
    Gegen Ende der Seuche hatten Sensationsreporter die Furcht vor Vampiren in alle Winkel der Welt verbreitet. Er erinnerte sich gut an die pseudowissenschaftlichen Artikel, die die aufs Ganze gehende Furchtkampagne verschleiern sollten, welche letztlich nur dazu bestimmt war, den Umsatz von Zeitungen zu heben.
    Dieser übersteigerte Versuch, möglichst viele Zeitungen an den Mann zu bringen, während die Welt starb, war grotesk gewesen. Natürlich hatten nicht alle Zeitungsverlage mitgemacht, aber auch die, die bis zum bitteren Ende auf Ehrlichkeit und Integrität geachtet hatten, waren mit zugrunde gegangen.
    Ja, die Sensationshascherei hatte wahrhaftig üppige Blüten getrieben in den letzten Tagen der Menschheit. Und gleichzeitig war auch die große Zeit religiöser Bewegungen gewesen. In ihrer Verzweiflung, sich an etwas zu klammern, das ihnen vielleicht Rettung bot, hatten die Menschen sich religiösen Sekten angeschlossen und ihr Heil im Gebet gesucht. Aber es hatte ihnen weniger als nichts gebracht, denn nicht nur waren sie genauso schnell dahingerafft worden wie der Rest der Menschheit, sie waren noch dazu mit grauenvoller Furcht

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