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Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen ...

Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen ...

Titel: Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malala Yousafzai
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es, für eine Moschee und eine Madrasa zu spenden.«
    Ein paar Wochen später erklärte ihm derselbe Lehrer, er könne nicht mehr im Mädchenbereich unterrichten, »dem Maulana gefällt das nicht«.
    Mein Vater versuchte, ihn umzustimmen: »Ich bin auch der Meinung, dass Mädchen von Lehrerinnen unterrichtet werden sollten. Aber zuerst müssen wir unsere Mädchen zu Lehrerinnen ausbilden!«
    Eines Tages kam von dem inhaftierten Sufi Muhammad eine Verlautbarung, es dürfe keine Bildung für Frauen geben, auch nicht auf Mädchen-Madaris. »Wer mir ein Beispiel nennen kann, wo der Islam eine Madrasa für Frauen erlaubt, der mag kommen und mir auf den Bart pissen«, sagte er.
    Danach nahm der Radio-Mullah sich die Schulen vor. Er schimpfte auf die Schulverwalter und beglückwünschte Mädchen, die ihre Ausbildung abbrachen, namentlich in seiner Sendung. »Mädchen Soundso geht nicht mehr zur Schule und kommt in den Himmel«, sagte er. Oder: »Die kleine Kulsoon aus dem Dorf Y hat die Ausbildung in der fünften Klasse abgebrochen, ich gratuliere.« Mädchen wie mich, die weiter zur Schule gingen, nannte er »Büffel« oder »Schafe«.
    Meine Freundinnen und ich konnten nicht verstehen, warum es ein Unrecht war, etwas zu lernen.
    »Warum wollen sie nicht, dass Mädchen zur Schule gehen?«, fragte ich meinen Vater.
    »Sie fürchten den Schreibstift«, antwortete er.
    Dann weigerte sich wieder ein Lehrer, ein Mathelehrer mit langen Haaren, Mädchen zu unterrichten. Mein Vater hat ihm gekündigt. Doch andere Lehrer machten sich deswegen Sorgen und schickten eine Abordnung in sein Büro. »Tun Sie das nicht«, baten sie, »die Zeiten sind schlecht. Lassen Sie ihn bleiben, wir stehen für ihn ein.«
    Fast täglich gab es einen neuen Erlass. Fazlullah schloss Schönheitssalons und verbot das Rasieren, so dass die Barbiere keine Arbeit hatten. Mein Vater, der nur einen Schnurrbart trägt, beharrte darauf, sich für die Taliban keinen Bart wachsen zu lassen.
    Die Taliban verkündeten auch, dass Frauen nicht zum Basar gehen sollten. Mir machte es nichts aus, dem Cheena-Basar fernzubleiben. Ich bin da nie richtig gern hingegangen. Shoppen machte mir keinen Spaß, anders als meiner Mutter, die schöne Kleider liebte, obwohl wir nie viel Geld dafür hatten.
    Sie sagte zu mir: »Verhülle dein Gesicht, die Leute schauen dich an.«
    Ich erwiderte: »Macht nichts, ich schaue sie auch an«, und dann wurde sie sehr zornig.
    Meine Mutter und ihre Freundinnen waren verstimmt, weil sie nun nicht mehr einkaufen konnten. Besonders vor den Eid-Feiertagen machten wir uns immer schön und suchten den Basar auf, wo es jede Menge mit bunten Lichtern beleuchtete Verkaufsstände mit Armreifen und Henna gab. Das alles wurde nun beendet. Die Frauen wurden nicht angegriffen, wenn sie zum Markt gingen, doch die Taliban beschimpften sie und schüchterten sie ein, so dass sie schließlich zu Hause blieben. Ein Einziger hatte die Macht, über ein ganzes Dorf zu gebieten.
    Auch wir Kinder waren sauer. Normalerweise kommen vor den Eid-Festen neue Filme heraus, doch Fazlullah hatte ja die DVD -Geschäfte geschlossen. Meine Mutter hatte nun auch genug von Fazlullah, zumal er noch anfing, Bildung zu verurteilen und zu behaupten, wer zur Schule gehe, komme in die Hölle.
    Als Nächstes fing er an, eine
shura
abzuhalten, lokale Gerichte. Die Leute waren sehr dafür, weil, wie gesagt, die Rechtsprechung schnell ging, anders als an pakistanischen Gerichtshöfen, wo man manchmal jahrelang warten und Bestechungen zahlen musste, um angehört zu werden. Die Leute gingen von nun an mit allen Misshelligkeiten, von geschäftlichen Auseinandersetzungen bis hin zu persönlichen Fehden, zu Fazlullah und seinen Männern. »Dreißig Jahre lang hatte ich ein Problem«, sagte ein Mann meinem Vater. »Nun ist es gelöst. Auf einen Schlag.«
    Die Taliban peitschen Menschen öffentlich aus.
    Die Strafen, die bei Fazlullahs
shura
verhängt wurden, bestanden unter anderem in öffentlichen Auspeitschungen; vorher hatte es so etwas bei uns nicht gegeben. Ein Freund meines Vaters berichtete, er hätte gesehen, wie drei Männer in aller Öffentlichkeit ausgepeitscht wurden, weil sie für schuldig befunden worden waren, an der Entführung von zwei Frauen beteiligt gewesen zu sein. Unweit von Fazlullahs Zentrum hatte man eine Bühne aufgebaut, und nachdem die Menschen hingegangen waren, um ihn beim Freitagsgebet als Vorbeter zu hören, versammelten sie sich zu Hunderten, um die

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