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Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen ...

Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen ...

Titel: Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malala Yousafzai
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vor. Jetzt aber musste ich einsehen, dass all die Dinge eingetreten waren, die ich niemals für möglich gehalten hätte. Ich hätte nie gedacht, dass meine Schule je geschlossen würde, doch sie wurde. Ich hatte gedacht, dass wir nie aus dem Swat weggehen würden, und nun waren wir am Aufbrechen. Ich dachte, das Swat würde eines Tages wieder frei sein von den Taliban und wir könnten wieder aufatmen, doch jetzt erkannte ich, dass dieser Tag vielleicht niemals kommen würde. Ich brach in Tränen aus, und mit mir alle anderen. Es war, als hätten alle ihre Tränen zurückgehalten und gewartet, bis der Erste zu weinen anfing. Honey, die Frau meines Vetters, schluchzte als Zweite los, dann folgte eine dritte, eine vierte Person.
    Meine Bücher und Hefte steckte ich schließlich in meine Schultasche, meine Kleider kamen in eine andere Tasche. In meinem Kopf ging alles durcheinander. Beim Einpacken nahm ich die Hose von einem Gewand und das Oberteil vom nächsten. Ich hatte also eine Tasche voller Sachen, die nicht zusammenpassten. Meine Schulurkunden, Fotos und was ich sonst noch an persönlichen Dingen besaß, ließ ich zurück, weil der Platz in den Autos knapp war – wir fuhren nicht nur bei Dr. Afzal mit, sondern auch bei unseren Nachbarn. Teure Dinge wie Laptop oder Schmuck besaßen wir sowieso nicht – die einzigen Gegenstände von Wert waren ein Kühlschrank und eine Waschmaschine (der Fernseher war ja bereits gestohlen worden). Wir Paschtunen sitzen auch lieber auf dem Boden als auf Stühlen, so hatten wir auch kaum Möbel. Unser Haus hatte Löcher in den Wänden, unsere Teller und Tassen waren angeschlagen.
     
    Mein Vater hatte sich bis zuletzt geweigert, Mingora zu verlassen, aber dann hatten einige Freunde meiner Eltern Angehörige bei Feuergefechten verloren, und meine Eltern hatten sie besucht, um ihnen ihr Beileid auszusprechen – obwohl sich damals kaum noch jemand aus dem Haus wagte. Der Kummer der Zurückgebliebenen bestärkte meine Mutter in ihrem Entschluss, Mingora zu verlassen. Sie sagte zu meinem Vater: »Du musst nicht mitkommen, aber ich gehe nach Shangla, und ich nehme die Kinder mit.« Sie wusste, nie würde er sie allein ziehen lassen.
    Meine Mutter hatte genug von dem Gewehrfeuer und der Anspannung, daher bat sie Dr. Afzal, er möge doch meinen Vater zur Abreise überreden. Er und seine Familie wollten fort, und so boten sie uns eine Mitfahrgelegenheit an.
    Da wir kein Auto hatten, war es ein echtes Glück, dass unsere Nachbarn – es waren Safina und ihre Familie –, auch fort aus Mingora wollten. Also nahmen sie einen Teil unserer Familie mit, der Rest fuhr mit Dr. Afzal.
    Am 5 . Mai 2009 wurden wir zu IDP s, zu
Internally Displaced People,
zu Flüchtlingen im eigenen Land. IDP  – das hörte sich an wie eine Krankheit.
    Wir waren nicht nur fünf Leute, meine Großmutter, mein Vetter, seine Frau Honey und ihr Baby wollten auch weg. Und natürlich wollten meine Brüder ihre Hühner mitnehmen. Meines war gestorben, weil ich es im Winter mit kaltem Wasser gewaschen hatte. Und es erwachte auch nicht zum Leben, als ich es im Haus in eine Schuhschachtel legte, damit das Tier es wieder warm haben sollte. Ebenso nicht, als auf mein Bitten hin die ganze Nachbarschaft dafür betete. Meine Mutter weigerte sich nun, die Hühner mitzunehmen. Was, wenn sie unterwegs das Auto verdrecken, gab sie zu bedenken. Atal meinte, dann müssten wir ihnen eben Windeln kaufen. Schließlich ließen wir die Hühner mit viel Wasser und Getreide zurück.
    Meine Mutter war auch der Ansicht, ich müsste meine Schultasche dalassen, weil nicht ausreichend Platz vorhanden sei. Ich war darüber so entsetzt, dass ich Koranverse murmelte, damit meine Bücher beschützt wurden.
    Schließlich waren alle fertig. Meine Mutter, mein Vater, Großmutter, mein Onkel, die Frau meines Vetters mit ihrem Baby und meine Brüder quetschten sich alle hinten in Dr. Afzals Minibus. Die kleinen Kinder saßen auf dem Schoß der größeren Kinder, und die wiederum auf dem Schoß der Erwachsenen. Ich hatte mehr Glück. Im Auto von Safinas Eltern war es nicht so eng. Ich war völlig fertig wegen meiner Schultasche. Weil ich sie nicht zu den Kleidern gestopft hatte, konnte ich nun kein einziges Buch mitnehmen.
    Zum Abschied rezitierten wir gemeinsam Koranverse und sprachen ein Schutzgebet für unser Heim und die Schule. Dann trat Safinas Vater aufs Gas, und wir fuhren hinaus aus der kleinen Welt unserer Straße, wo wir unser Zuhause

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