Ich bin Nummer Vier - das Erbe von Lorien; Bd. 1
Schulchor gewesen wäre. Und ich habe zwar viele Stärken und Fähigkeiten, die auf der Erde als außerordentlich gelten, aber das Singen gehört nicht dazu. Also gehe ich in den Hauswirtschaftsraum und suche mir einen Platz. Es ist ein ziemlich kleiner Raum, und kurz bevor es läutet, kommt Sarah herein und setzt sich neben mich.
»Hi«, sagt sie.
»Hi.«
Blut steigt mir in den Kopf, meine Schultern versteifen sich. Ich nehme einen Bleistift und drehe ihn in meiner rechten Hand, während die linke die Ecken von meinem Notizblock zurückbiegt. Mein Herz rast. Bitte, keine schimmernden Hände! Ich linse auf die Handfläche, dann seufze ich erleichtert auf.
Bleib locker
, ermahne ich mich.
Sie ist nur ein Mädchen.
Sarah sieht mich an. Alles in mir scheint sich aufzulösen. Sie könnte das schönste Mädchen sein, das ich je gesehen habe!
»Es tut mir leid, dass Mark sich dir gegenüber so idiotisch verhält«, sagt sie.
Ich zucke die Achseln. »Da kannst du ja nichts dazu.«
»Ihr werdet euch doch nicht wirklich schlagen, oder?«
»Ich will das nicht.«
Sie nickt. »Er kann ein richtiger Penner sein, wenn er meint zeigen zu müssen, wer hier der Boss ist.«
»Das ist ein Zeichen von Unsicherheit«, sage ich.
»Er ist nicht unsicher, sondern ein Penner.«
Natürlich ist er das. Aber ich will mich mit Sarah nicht streiten. Außerdem klingt sie so bestimmt, dass ich fast an mir selbst zweifle.
Sie sieht auf die Tomatensoßeflecken auf meinem Hemd, dann streckt sie die Hand aus und zieht mir einen hart gewordenen Brocken aus den Haaren.
»Danke.«
Sie seufzt. »Es tut mir leid, dass das passiert ist.« Dann blickt sie mir in die Augen. »Mark und ich sind nicht zusammen, weißt du.«
»Nein?«
Sie schüttelt den Kopf. Faszinierend, dass sie es für nötig hält, mir das klarzumachen!
Nachdem sie ungefähr zehn Minuten lang erklärt hat, wie man Pfannkuchen macht – wovon ich nichts wirklich wahrnehme –, teilt die Lehrerin, Mrs. Benshoff, Sarah und mich zusammen ein. Wir gehen in die Küche, die etwa dreimal so groß wie das eigentliche Klassenzimmer ist. Hier gibt es zehn verschiedene Kücheneinheiten, komplett mit Kühlschrank, Spüle und Herd. Sarah geht zielstrebig in eine hinein, nimmt eine Schürze aus einer Schublade und hängt sie um. »Würdest du mir die bitte zuknoten?«
Beim ersten Versuch ziehe ich zu fest und muss die Schleifenoch mal neu machen. Unter den Fingern spüre ich die Umrisse ihres Pos. Als ihre Schürze gebunden ist, hänge ich mir auch eine um und fange an, sie selbst zuzubinden.
»Lass mich dir helfen, du Dummkopf!« Resolut nimmt sie mir die Bänder aus der Hand und knotet die Schürze zu.
»Danke.«
Ich versuche, das erste Ei aufzuschlagen, schlage aber natürlich viel zu kräftig, sodass nichts davon es in die Schüssel schafft. Sarah lacht, legt mit ein neues Ei in die Hand, nimmt meine Hand in ihre und zeigt mir, wie die Eischale am Rand der Schüssel aufzuschlagen ist. Sie lässt ihre Hand eine Sekunde länger als nötig auf meiner, sieht mich an und lächelt. »So.«
Sie mischt den Teig, dabei fallen ihr die Haare ins Gesicht. Zu gern würde ich ihr diese Strähnen hinters Ohr schieben, trau mich aber natürlich nicht. Mrs. Benshoff kommt, um nachzusehen, ob wir vorankommen. So weit, so gut – dank Sarah, denn ich habe nicht den blassesten Schimmer, was ich da mache.
»Wie gefällt dir Ohio bis jetzt?«, fragt Sarah.
»Gut. Ich hätte allerdings einen besseren ersten Schultag brauchen können.«
Sie lächelt. »Was ist denn überhaupt geschehen? Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.«
»Würdest du mir glauben, wenn ich sage, dass ich ein Alien bin?«
»Hör auf?!«, antwortet sie scherzhaft. »Und was ist wirklich passiert?«
Ich lache. »Ich habe echt schlimmes Asthma. Aus irgendeinem Grund hatte ich gestern einen Anfall.« Schade, dass ich lügen muss. Ich will nicht, dass sie mir eine Schwäche zuschreibt, die noch dazu erfunden ist.
»Na, ich bin auf jeden Fall froh, dass es dir besser geht.«
Wir machen vier Pfannkuchen, die Sarah auf einen Teller stapelt,dann gießt sie eine absurde Menge Ahornsirup darüber und reicht mir eine Gabel. Ich schaue mich um. Die meisten Schüler essen von zwei Tellern. Ich greife hinüber und nehme mir ein Stück.
»Nicht schlecht«, mampfe ich mit vollem Mund.
Wir essen abwechselnd, bis der Teller leer ist. Ich bin kein bisschen hungrig, aber ich helfe ihr, alles aufzuessen. Als wir fertig sind, habe ich Bauchweh.
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