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Ich bin Nummer Vier - das Erbe von Lorien; Bd. 1

Ich bin Nummer Vier - das Erbe von Lorien; Bd. 1

Titel: Ich bin Nummer Vier - das Erbe von Lorien; Bd. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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begreife, was gleich geschehen wird, bleibt mir die Luft weg. Noch dazu wird alles in mir zu Gummi, als sie ihre Lippen auf meine drückt. Es ist ein weicher, zögerlicher Kuss. Mein erster Kuss!
    Dann löst sie sich von mir, blickt mich aber weiter an. Sagt man etwas in so einer Situation? Mir fällt viel zu viel ein, Millionen Gedanken jagen durch meinen Kopf, außerdem werden meine Beine so schwach, dass ich kaum aufrecht stehen kann.
    »Schon als ich dich zum ersten Mal sah, wusste ich, dass du etwas Besonderes bist«, sagt sie.
    »Mir ist es mit dir genauso gegangen.«
    Noch ein Kuss, dann lächeln wir beide, schweigen und sehen einander einfach nur in die Augen. Ich kenne das aus dem Fernsehen – aber dass mir so was geschieht?!
    »Ich finde, jetzt kümmern wir uns besser darum, ob Emily noch da ist«, bricht Sarah schließlich die Stille. »Sonst rühre ich mich nie mehr vom Fleck.«
    »Bestimmt ist sie noch da.«
    Hand in Hand gehen wir zum Pavillon. Der fünfte Traktorhoppelt den Pfad entlang. Der Anhänger ist voll besetzt, und immer noch warten etwa zehn Leute in einer Schlange darauf, dass sie an die Reihe kommen. Und nach allem, was im Wald geschehen ist, mit Sarahs Hand in meiner, grinse ich unentwegt glücklich vor mich hin.

15
    Zwei Wochen später fällt der erste Schnee. Eine dünne Decke überpudert unseren Truck. Gleich nach Halloween, sobald der lorienische Kristall das Lumen in meinem Körper ausbreitete, begann Henri mit meinem eigentlichen Training. Jeden Tag, ohne Ausnahme, haben wir gearbeitet, in Kälte, Regen und jetzt im Schnee. Obwohl er es nicht sagt, glaube ich, er wartet ungeduldig darauf, dass ich bereit bin. Angefangen hat das mit irritierten Blicken unter zusammengezogenen Brauen, während er auf der Unterlippe kaute, gefolgt von tiefen Seufzern und gelegentlichen schlaflosen Nächten, in denen die Bodendielen unter seinen Füßen knarrten und ich ebenfalls wach in meinem Zimmer lag. So ging das bis zum heutigen Tag. In Henris angespannter Stimme schwingt tiefe Verzweiflung mit.
    Wir stehen uns im Hinterhof gegenüber, etwa drei Meter auseinander.
    »Heute bin ich wirklich nicht in Stimmung«, sage ich.
    »Das weiß ich, aber wir müssen trotzdem weitermachen.«
    Ich seufze und schaue auf meine Armbanduhr. Es ist vier Uhr. »Sarah wird um sechs hier sein.«
    »Ich weiß«, antwortet Henri. »Deshalb müssen wir uns beeilen.« Er hält einen Tennisball in jeder Hand. »Bist du bereit?«
    »Bereiter kann ich kaum sein.«
    Er wirft den ersten Ball hoch in die Luft, und als dieser seinen Scheitelpunkt erreicht, versuche ich tief in mir eine Kraft heraufzubeschwören, die ihn am Fallen hindert. Ich weiß nicht,wie genau ich das tun soll, nur dass ich laut Henri mit Geduld und Übung dazu fähig sein sollte. Jeder von der Garde entwickelt die Fähigkeit, Gegenstände nach Belieben zu bewegen. Telekinese. Und statt mich das selbst entdecken zu lassen – wie bei meinen Händen –, scheint Henri davon besessen zu sein, die Kraft aus ihrem Winterschlaf zu wecken.
    Der Ball fällt, wie rund Tausend Bälle zuvor, ohne die geringste Unterbrechung, schlägt zweimal am Boden auf und bleibt dann reglos im schneebedeckten Gras liegen.
    Ich stoße einen tiefen Seufzer aus. »Ich spüre heute gar nichts.«
    »Noch mal«, ordnet Henri an.
    Er wirft den zweiten Ball. Ich versuche ihn zu bewegen, ihn anzuhalten, alles in mir strengt sich an, um das verdammte Ding einen Zentimeter nach rechts oder links zu rücken – vergeblich. Er fällt ebenfalls zu Boden. Bernie Kosar, der uns zugeschaut hat, läuft zu ihm, hebt ihn auf und rennt damit davon.
    »Irgendwann wird es von allein klappen.«
    Henri schüttelt den Kopf. Sein Kiefer mahlt angespannt hin und her. Seine Launen, seine Ungeduld gehen auf mich über. Er beobachtet Bernie Kosar, dann seufzt er.
    »Was?«, frage ich.
    Er schüttelt wieder den Kopf. »Versuchen wir es weiter.«
    Er hebt den anderen Ball auf. Dann schleudert er ihn hoch in die Luft. Ich versuche ihn anzuhalten, aber natürlich fällt er nur herunter.
    »Vielleicht morgen«, sage ich.
    Henri nickt und blickt zu Boden. »Vielleicht morgen.«
    ***
    Nach unserem Training bin ich mit Schweiß, Schmutz und geschmolzenem Schnee bedeckt. Henri hat mich heute mehr als sonst geschunden und mich eine Aggression spüren lassen, die nur noch von Panik übertroffen werden könnte. Außer der Telekineseübung ging es beim Training vor allem um den Drill in den Kampftechniken – Nahkampf,

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