Ich bin Nummer Vier - das Erbe von Lorien; Bd. 1
auf dem Wasser. Der Planet ist wirklich lebendig, blühend. Doch dann lösche ich mein Licht, und alles verblasst wieder zu grauen Schatten.
Henri deutet auf einen Fleck an der Kugeloberfläche. »Ge nau von hier sind wir am Tag der Invasion abgereist.« Er bewegt den Finger einen halben Zentimeter weiter. »Und hier war das lorienische Forschungsmuseum.«
Ich nicke und betrachte diesen Punkt. Noch mehr Grau. »Was haben Museen mit all dem zu tun?«, frage ich und lehne mich zurück. Ich kann das nicht länger anschauen, ohne traurig zu werden.
Henri sieht mich an. »Ich habe viel über das nachgedacht, was du gesehen hast. Es war ein sehr großes Museum, ganz der Evolution der Raumfahrt gewidmet. In einem Flügel waren Raketen gesammelt, die Jahrtausende alt waren. Raketen, die mit einem Kraftstoff betrieben wurden, den man nur auf Lorien kannte.« Er unterbricht sich und schaut zurück zu dem kleinen Glasball über dem Küchentisch. »Wenn tatsächlich geschehen ist, was du gesehen hast, wenn ein zweites Raumschiff auf dem Höhepunkt des Kampfs von Lorien abgehoben und geflüchtet ist – muss es aus dem Raumfahrtmuseum gekommen sein. Eine andere Erklärung gibt es nicht. Es fällt mir immer noch schwer, zu glauben, dass es funktioniert haben könnte, und selbst wenn, dass dieses Raumschiff sehr weit gekommen wäre.«
»Warum denkst du dann noch darüber nach?«
Henri schüttelt den Kopf. »Weißt du, ich bin mir gar nicht sicher. Vielleicht weil ich mich zuvor getäuscht habe. Vielleicht weil ich hoffe, dass ich mich jetzt täusche. Nun, wenn das Raumschiff weit gekommen wäre, dann hierher, zum nächsten belebten Planeten außer Mogador. Und das wiederum würde bedeuten, dass darauf Lebewesen waren, nicht nur tote Gegenstände, oder dass es gar leer war, zum Zweck, die Mogadori zu verwirren. Ich meine, mindestens mit einem Loriener müsste das Raumschiff bemannt gewesen sein, weil … nun, weil keins dieser Art sich selbst steuern konnte.«
***
Wieder eine schlaflose Nacht. Ich stehe ohne Hemd vor dem Spiegel und schaue im Licht meiner Hände hinein. »Ich weiß nicht, wie viel wir von jetzt an erwarten können«, hat Henri heute gesagt. Das Licht im Kern von Lorien leuchtet noch, und die Gegenstände, die wir von dort mitgebracht haben, funktionieren nach wie vor, also warum sollte diese Magie dort erloschen sein? Und was ist mit den anderen, stoßen sie jetzt auf die gleichen Probleme? Sind sie ohne ihr Erbe?
Ich spanne meine Muskeln vor dem Spiegel an, dann boxe ich in die Luft und hoffe, dass der Spiegel zerbricht oder zumindest ein Schlag an der Tür zu hören ist. Aber alles bleibt ruhig. Nur ich sehe aus wie ein Idiot, wie ich da ohne Hemd beim Schattenboxen stehe, während Bernie Kosar vom Bett aus zuschaut. Es ist fast Mitternacht und ich bin kein bisschen müde. Nun springt Bernie Kosar vom Bett, setzt sich neben mich und beobachtet mein Spiegelbild. Ich lächle ihm zu und er wedelt mit dem Schwanz.
Ich hebe ihn hoch, halte ihn über meinen Kopf und lasse ihn durchs Zimmer schweben. »Seht alle her! Das ist BernieKosar, der atemberaubende Superhund!« Er krümmt sich unter meinem Griff, und ich lasse ihn wieder herunter. Er fällt auf die Seite und sein Schwanz stößt an die Matratze. »Also, Freundchen, einer von uns sollte schon Superkräfte haben. Und es sieht nicht so aus, als wäre ich das. Es sei denn, wir beamen uns ins Mittelalter, wo ich die Welt mit Licht versorgen kann. Sonst, fürchte ich, bin ich nutzlos.«
Bernie Kosar rollt auf den Rücken, blickt mich mit großen Augen an und will offenbar einfach nur, dass ich ihm den Bauch kraule.
16
Sam geht mir aus dem Weg. In der Schule scheint er zu verschwinden, sobald er mich sieht, oder er vergewissert sich, dass Leute um uns rum sind. Weil Henri darauf drängt – der unbedingt Sams Zeitschrift in die Finger kriegen möchte, nachdem er sie im gesamten Web nicht ausfindig hat machen können –, mache ich mich einfach unangekündigt auf den Weg zu Sam nach Hause. Henri bringt mich hin, nachdem wir unser Training hinter uns haben. Sam wohnt am Rand von Paradise in einem kleinen, bescheidenen Haus. Als ich klopfe, kommt keine Antwort, aber die Tür ist nicht verschlossen, also gehe ich hinein.
Brauner Veloursteppich bedeckt den Boden und Familienfotos, auf denen Sam noch klein ist, hängen an den holzgetäfelten Wänden – er, seine Mutter und ein Mann, der vermutlich sein Vater ist und auf den Bildern eine Brille trägt, deren
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