Ich bin o.k. – Du bist o.k. • Wie wir uns selbst besser verstehen und unsere Einstellung zu anderen verändern können. Eine Einführung in die Transaktionsanalyse
«Behandlungsvertrag»
(treatment contract)
. Wir gebrauchen dieses Wort als Ausdruck gegenseitiger Erwartungen (ich bin hier, um dir etwas beizubringen, und du bist hier, um etwas zu lernen). Eine Heilungsgarantie ist darin nicht eingeschlossen. Der Behandlungsvertrag verspricht lediglich, was der Therapeut tun wird und was der Patient tun wird. Wenn einer von beiden von der ursprünglichen Erwartung abweicht, ist es einfach, den Vertrag neu zu fassen. Dieser Dialog wird erleichtert durch die neue Sprache, die es ermöglicht, den konkreten Fall anzusprechen. Der Patient ist bereit, die Sprache der Transaktions-Analyse zu lernen und sie bei der Überprüfung seiner alltäglichen Transaktionen anzuwenden. Das Behandlungsziel liegt darin, das auftretende Symptom zu
heilen
, und die Behandlungsmethode ist die Befreiung des Erwachsenen-Ichs, damit das Individuum die Freiheit der Wahl und die Schaffung neuer Wahlmöglichkeiten über die beschränkenden Einflüsse der Vergangenheit hinaus erleben kann.
Diagnose
Im Laufe der ersten Stunde fragt ein Patient gelegentlich mit beklommener Stimme und mit einer Haltung, als erwarte er eine Urteilsverkündung von höchster Instanz: «Wie lautet meine Diagnose?» Das ist eine Provokation für eine Eltern-Ich/Kindheits-Ich-Transaktion, die ich umgehe mit Fragen wie: «Brauchen Sie denn eine Diagnose?», oder: «Was könnte Ihnen eine Diagnose helfen?» Ich glaube, dass psychiatrische Diagnosen mehr Menschen behindert haben, als dass sie ihnen halfen. Karl Menninger [54] ist der gleichen Ansicht: «Patienten kommen nicht zu uns, um sich mit einem verurteilenden Etikett bepflastern zu lassen. Sie kommen, um Hilfe zu finden. Menschen können von den Symptomen psychischer Erkrankung genesen, aber sie genesen nicht von einem Etikett.»
Bei der traditionellen medizinischen Diagnose handelt es sich um eine wirksame Kommunikationsmöglichkeit für die Ärzte. Die Kenntnis der Diagnose hilft ihnen zu wissen,
was sie tun müssen
. Akute Appendicitis, Bursitis, Lungenkarzinom, Herzmuskelinfarkt – diese Begriffe kennzeichnen einen spezifischen Zustand und verlangen eine spezifische Behandlung. In der Psychiatrie wurde die diagnostische Tradition weitergeführt, doch sie versagt größtenteils bei ihrer ursprünglichen Aufgabe, der Kommunikation. Die Feststellung, dass ein Mensch eine chronische pseudo-schizophrene passiv-abhängige Angstneurose mit Verfolgungswahn hat, besagt nicht viel mehr, als dass es lange, lange dauern wird. Die Feststellung, dass ein Mensch an Schizophrenie leidet, besagt auch nicht viel, weil es keine klare Definition der Schizophrenie gibt. Dem Patienten mag es ein gewisser Trost sein, zu wissen, dass er eine so seltsame und schwierige Krankheit hat. Ohnehin sind sich die wenigsten Therapeuten darüber einig, wie man Schizophrenie behandeln sollte oder was auch nur die Grundeinheit der Beobachtung sein sollte. Darum sind diagnostische Begriffe als solche bedeutungslos und dienen hauptsächlich dazu, psychiatrischen Bemühungen medizinische Anerkennung zu verschaffen und den Vorschriften des Krankenhausarchivs zu genügen. Jedes Wort, das zur Kommunikation nicht taugt, ist nutzlos und sollte abgeschafft werden. In der endgültigen Analyse kommt es darauf an, was wir
wissen
. Worte, die die Wahrheit verschleiern, müssen zugunsten anderer abgeschafft werden, die etwas einfach, präzis und direkt sagen. Und die Wahrheit darüber, wie wir im Großen und Ganzen zusammengesetzt sind, macht uns frei.
Die Sprache der Transaktions-Analyse, die Beobachtungen auf Grund einer allgemein anerkannten Einheit (der Transaktion) und die spezifischen Bedeutungen von Eltern-Ich, Erwachsenen-Ich und Kindheits-Ich ermöglichen eine neue, sinnvolle, umgangssprachliche Kommunikation nicht nur zwischen den Ärzten, die sich damit beschäftigen, sondern auch zwischen Ärzten und Patienten. Ein vom Eltern-Ich beherrschter Mensch mit einem blockierten Kindheits-Ich weiß, wo sein Problem liegt, und kann sich von der Vergangenheit emanzipieren ohne Hinweis darauf, dass er noch dazu an chronischem Verfolgungswahn leidet. Wenn ein Gruppenteilnehmer darauf besteht, seine Diagnose zu erfahren («Und was fehlt mir?»), dann antworte ich gewöhnlich mit einer Formulierung, die er verstehen kann und die auf meiner Kenntnis von ihm beruht, wie ich sie durch Beobachtung seines Verhaltens in der Gruppe gewonnen habe. Eine solche Formulierung könnte lauten: «Sie haben eine Menge NICHT-O.K . in Ihrem
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