Ich bin o.k. – Du bist o.k. • Wie wir uns selbst besser verstehen und unsere Einstellung zu anderen verändern können. Eine Einführung in die Transaktionsanalyse
oder zu nichts als einem Gruppenmitglied entpersönlichen lassen? Was passiert in der Gruppentherapie? Was passiert in einer Gruppentherapie, in der die Transaktions-Analyse angewandt wird?
Ein weitverbreiteter Eindruck ist, dass die Patienten in der Gruppentherapie ihre Gefühle äußern, «alles loswerden», anderen Menschen sagen, was sie von ihnen halten, und schon «läuft alles bestens». Tatsächlich haben viele Veröffentlichungen über Gruppentherapie zu dieser Ansicht ermuntert. S. R. Slavson, einer der Pioniere bei der Entwicklung gruppentherapeutischer Methoden, schreibt in seinem Buch
‹Einführung in die Gruppentherapie›
«Der allgemeine und hauptsächliche Wert der Gruppe liegt darin, dass sie das Austragen instinktiver Antriebe gestattet; durch die katalysierende Wirkung der anderen Teilnehmer wird das beschleunigt. In einer Gruppe, in der die Teilnehmer sich gegenseitig unterstützen und in der die Furcht vor Selbstenthüllung überraschend reduziert ist, gibt es weniger Vorsicht und mehr Ungezwungenheit. Dadurch offenbaren die Patienten leichter ihre Probleme, und die Therapie wird beschleunigt. Abwehrmechanismen werden verringert, die Zwanglosigkeit der ganzen Umgebung und das Beispiel anderer erlaubt es jedem, sich mit verminderten Selbstschutz-Hemmungen gehenzulassen. Obwohl die Gruppen auch die Abwehrhaltung von Erwachsenen schwächen, gilt das besonders für Kinder und Jugendliche. Das freie Darstellen und Durchsprechen der Probleme bringt Befriedigung. Zugleich werden dadurch die Patienten sehr früh in der Behandlung mit ihren Problemen konfrontiert. Auch die Abwehrmechanismen gegen eine Verletzung des Selbstwertgefühls werden herabgesetzt. Die freundliche Gruppenatmosphäre und das gegenseitige Akzeptieren fordern von keinem eine Verteidigungsstellung. Alle haben die gleichen oder ähnlichen Probleme, und niemand erwartet negative Reaktionen. Der Status ist gesichert. Es gibt keine Furcht vor Vergeltung oder Entwürdigung.» [55]
In meiner eigenen klinischen Erfahrung
habe ich die obige Behauptung nicht bestätigen können
. Dem Kindheits-Ich zu erlauben, sich hervorzutun, instinktive Impulse auszuagieren und in der Behandlungsgruppe aufs Geratewohl seine Spiele zu treiben, ist eine Zeitverschwendung für die Gruppe und eine Beeinträchtigung der Rechte und Absichten jedes individuellen Gruppenteilnehmers. Wenn es damit fortfahren darf, sabotiert es den therapeutischen Vertrag der Transaktions-Analyse. Bevor nicht jeder Gruppenteilnehmer zumindest eine gewisse Befreiung seines Erwachsenen-Ichs erreicht hat, trägt die Selbstenthüllung sehr wenig, wenn überhaupt etwas, zu dem Ziel bei, die Individuen in der Gruppe zu heilen. Die Behandlung wird nur dadurch beschleunigt, dass man das Erwachsenen-Ich in der Führungsposition hält. Nur das Erwachsenen-Ich kann dem Kindheits-Ich oder dem Eltern-Ich auf die Schliche kommen. Das Enthüllen von Problemen ist eine Einladung zu dem Spiel «Warum nicht – Ja, aber …» Das Darstellen und «Durchsprechen» von Gefühlen mag Eltern-Ich und Kindheits-Ich genau wie im täglichen Leben befriedigen, doch in der Gruppentherapie stören solche Transaktionen das Erlernen grundsätzlicher Übereinkünfte und Konzepte, die für den Aufbau eines emanzipierten Erwachsenen-Ichs wesentlich sind.
Das Wort «Gruppe» enthält keinerlei Magie. Da die Transaktions-Analyse in ihrer Anfangsphase ein Lehr-Lern-Erlebnis ist, hat die Gruppenform einige klare Vorteile gegenüber der traditionellen «Mann-gegen-Mann»-Begegnung bei der individuellen Behandlung. Alles, was in der Gruppe gesagt wird, muss von jedem anderen Gruppenteilnehmer gesehen und gehört werden – jede Frage, jede Antwort, jede Transaktion. Die versteckten und verzweigten Schleichwege, auf denen sich das Eltern-Ich bei Transaktionen ins Spiel bringt, müssen ausgespäht und kartiert werden. Sowohl die inneren wie die äußeren Bedrohungen des Kindheits-Ichs müssen zuerst allgemein erkannt werden, bevor man die einzigartigen und spezifischen Charakteristika des Kindheits-Ichs in jedem einzelnen Gruppenteilnehmer untersucht. Es kommt zu einer Konfrontation aller Teilnehmer mit den Spielen, mit den Realitäten aller, in denen jeder Einzelne lebt, die sich sehr wesentlich von dem stummen, geduldigen Zuhören in der Einzeltherapie unterscheidet. In der Gruppentherapie sieht man die Menschen in ihrer natürlichen Umgebung, nämlich in Beziehung zu anderen Menschen, statt ganz allein in einer
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