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Ich bin schizophren und es geht mir allen gut

Titel: Ich bin schizophren und es geht mir allen gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Bernemann
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sie wie von Sinnen: "Bernemann verbieten, jetzt!!!" Viele Benutzer meiner Literatur, so höre ich, haben ein Leben zu leben, das sie sich anders wünschen. Ich weiß nicht, was aus ihr geworden ist, ich hoffe nur, die Therapie wird ihr helfen. Vielleicht auch Medikamente. Warum sie ausgerechnet meine Bücher einem gewöhnlichen Leben vorzog, erschließt sich mir nicht.
    Emogirl Theresa geht spazieren. Geht in einen Wald. Setzt sich unter einen Baum und summt ein Lied von "Bright Eyes". Das ist eine gute Band, weiß Theresa und findet das Selbstmitleid von Connor Oberst schwerst sexy. So sollte alle Popmusik sein, wünscht sich Theresa, alle Popmusik, die geschrieben wird, sollte so sein wie "Bright Eyes".
    Theresa sitzt da. Eigentlich arbeitet sie als Kindermädchen, das ist ihr aber zu anstrengend und das hat sich im Dorf rumgesprochen, dass Theresa das zu anstrengend findet, und jetzt will ihr keiner mehr seine Kinder anvertrauen. Will heulen, die Theresa, aber man kann ja nicht immer heulen. Bei der Musik ging das aber sonst, das Heulen. "Bright Eyes". Heulen statt heilen. Hat ein Taschenmesser bei sich, die Theresa, mit dem sie sich einen Comic in die Haut schneidet. Es gibt bereits eine 23-teilige Serie, die an den Füßen beginnt (Teil 1-11), an den Oberschenkeln einige grafische und auch textliche Schwächen aufweist (Teil 12- 16), dann aber wieder ab der Bauchdecke so richtig spannend wird (Teil 17-19) und jetzt an den Armen endet (Teil 20-23).
    Es ist Theresas Lebensgeschichte, erzählt mit der Übertreibung der künstlerischen Gestaltung, aber leider zieht sich die Geschichte etwas zu sehr, um richtig zu rocken.
    Solche Geschichten werden trotzdem geschrieben. Täglich. Mehrmals. An allen Fronten des imaginären und des realen Kriegs. Der ist überall, der Krieg, überdurchschnittlich brutal, alle greifen alle an, auch die mit den gleichen Zielen bomben einander voll. Kunst versus Kunst.
    Ich, drauf. Das ist Kunst. Artifiziell. Offiziell. Ich, drauf. Ichkunst, ego, ego, ego. Ich bin total drauf, weil ich es total draufhabe.
    Es gibt Tage, da ist alles in einem künstlichen Licht begriffen und leuchtet hell in irgendwas aus Liebe und Geistlosigkeit.

(C)opyright by ManuThier
Das Ganze ist relativ radikal minimal Über politisches Aufbegehren und Nachhausekommen
    Themen, die in meinem Kopf Amok liefen, wenn ich Politikwissenschaftler wäre, wären die folgenden: • die Hingabe an die perfekte Idee • das Scheitern der perfekten Idee • das Entwickeln der perfekteren Idee (und zwar für alle, auch für Doofe ...) • das endgültige Scheitern der perfektesten Idee • der gleißend geile Glanz der Anarchie • die Unmöglichkeit der Anarchie • die Belanglosigkeit von Radikalität • die Zufallsentgleisungen meiner Jugend und daraus abgelei- tete Denkerfolge • meine eigene Kleingeistigkeit und die meiner Mittäter Und dann hat letztens noch jemand gesagt, und es war so einer in rot und schwarz und mit viel Liebe im eigens dafür aufgeschnallten Rucksack: "Unpolitisch gibt es nicht, es gibt nur denken und nicht denken." Ich dachte nach, tagelang, und plötzlich war ich unpolitisch. Ich verstrickte mich immer wieder in Widersprüche und am Ende des Denkens gab es kein Ergebnis, von dem zu berichten ich nun imstande wäre, sondern es gab nur die Freiheit oder das Wissen um die Freiheit, alles denken zu können.
    Und dieses "Alles", die Koexistenz von "Allem", das ist doch das Problem der meinungshabenwollenden Gemeinschaft. Jeder kommt daher mit einem Splitter Weltwissen, mit Schnapsgläschen voller Erkenntnis, mit Analysen, die in den Kofferräumen von Matchboxautos Platz hätten, wenn man sie mit dem universellen Weltgeschehen vergleicht. Und dann kommen sie und haben etwas ganz Schlimmes: Meinungen. Und die werden geäußert, kundgegeben, auf Flyer gedruckt und über Berlin abgeworfen.
    Die ganzen neuen Ulrike Meinhofs, die find ich gut, aber die Zeit ist, wie es sie damals einfach auch schon war, komplett revolutionsunfähig. Demokratie ist aus Beton, deswegen ist sie auch so hässlich. Und dann denkt man darüber nach, über das, was man vielleicht selbst schon politisch kundgetan oder verschwiegen hat, und am Ende ist man radikal, unbedeutend, relativ und vor allem immer subversiv. Und dann kommt man auch an dem Gedanken vorbei, der zunächst aussieht wie ein uneinstürzbarer goldener Turm, in dem nur Götter zu Hause sein können, und sagt zu sich, dass irgendwelche Idioten immer schon irgendwelche

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