Ich bin schizophren und es geht mir allen gut
wurde und mich trotzdem hasste oder, oder, oder ...
Ich wollte auch mal Dichter werden. Das waren so meine Sprachgebrauchsanfänge, da wollte ich nur Gedichte, perfekte Gedichte, nicht nur so Versuchspoetik. Jedes Wort in einem meiner Gedichte, die ich schrieb, als ich sechzehn war, hatte mehr bohemian style als alle David Bowie- Platten zusammen. We could be poets und fast bin ich einer geworden. Letztendlich aber gut, dass es nicht geklappt hat, aber ich entschuldige mich für nichts.
Es war sehr spannend damals, da war ich so sechzehn oder achtzehn und wollte unbedingt Musik machen, und zwar irgendwie Metal oder Punkrock, irgendwas auf jeden Fall, zu dem man in aller Ausgelassenheit zu Tanzen imstande sein sollte. Mit Schlagzeugen, die Schädel zertrümmern, mit Erdbeben erzeugenden Bassfrequenzen, mit Gitarrenwänden, aus denen man Fertighäuser hätte erbauen können. Also erbauen und gleichzeitig wieder abreißen. Zerstörung war in meiner Jugend immer ein wichtiger Faktor. Was nach einer Party nicht kaputt war, gehörte entweder einer Frau, die ich mochte, oder aber war irgendwo festgemacht und meine Körperkraft reichte einfach nicht zur vollständigen Zerstörung aus. Manchmal fand ich mich wieder, zugekotzt und eingekotet, auf irgendwelchen ehemaligen Schrebergärtenplätzen, die nur noch Asche und Altglas waren. Ich weiß nicht, was mich und meine Freunde trieb, aber ich weiß um den damaligen Spaß. Zerstörung. Zerlegung war doch lediglich das neue Zurverfügungstellen von Raum. Konnte was Neues entstehen, aber auch Ärger.
Ich habe mich sehr viel und sehr, sehr ausdauernd mit der Frage beschäftigt, was das denn überhaupt ist so ein Gedicht, und was es können muss. Reime haben mich immer gestört, haben mich behindert, aber ich habe sie anfangs und auch später trotzdem immer wieder benutzt. Nach anfänglichen Wortexperimenten kamen dann auch erzählerische Dinge, die Reim und auch jede Stilform ignorierten, die einfach da waren, brachial und in ihrer Wildheit unerschrocken in kulturellen Räumen standen und zumeist nicht verstanden wurden, aber das war ja klar, es ging teilweise um ganz persönliche Erlebnis- und Gedankenwelten.
Später schrieb ich Songs, war in einer Band und das war toll. Zum ersten Mal stand für meine Worte ein Publikum parat, teilweise sogar zahlendes.
Die Band damals hieß Gesten und Geräusche und bestand aus drei Menschen, die alle an sich und anfangs auch an die Band glaubten. Die Grundgedanken waren Punk und Trash. Also die Wildheit und Ausbruchsfähigkeit von gewöhnlichem Punkrock (mit dazugehöriger Lautstärkenargumentation ...) multipliziert mit dem Trashfaktor, der überwiegend das Resultat meiner damaligen Texte, wie auch unserer Vorliebe für Bands wie "Einstürzende Neubauten" oder "Goldene Zitronen" geschuldet war. Unser Handwerkszeug waren elektronisch verstärkte Bass- und E-Gitarren und ein Schlagzeug mit Erweiterung (mikrofonverstärkte Autofelge, mikrofonverstärkte Waschmaschinentrommel, mikrofonverstärkte Bierflasche, mikrofonverstärktes Mikrofon). Diese Gruppierung existierte circa zwei Jahre und würde wohl von kultivierten Musikjournalisten der Neuzeit als "alte Neubauten in schlecht" oder "undefinierbare Störgeräuschkulisse mit allzu hohem Nervfaktor und ohne stimmliche oder sinnliche Kapazität" abgeurteilt werden. Diese kunstverständischen "Alleshörer", die auch für so Dinge wie "Spex" oder "Visions" schreiben, hätten vielleicht "Randpop" oder "Nullmusik" dazu gesagt und ansonsten geschwiegen. Meistens traf uns aber nicht der Schlag, sondern Ignoranz. Wir hatten einige Livegigs in Jugendzentren, produzierten in mühevoller Kleinstarbeit ein Kassettendemo (La vie malade, 1997) und waren auch sonst die Allergeilsten. Mein Part in dieser Band war es, einer elektrisch verzerrten Gitarre disharmonische Geräusche zu entlocken und mir und meinen Mitmusikern damit einige unheilbare Gehörschäden sowie Tinitusse und Schwerhörigkeit zuzufügen.
Das habe ich geschafft, es klingelt heute noch. Wir hatten einen kleinen Übungsraum unterhalb der elterlichen Wohnung unseres Schlagzeugers. Es war eine tolle Zeit, in der Texte entstanden, deren Entstehungsgeschichte und Entstehungsmöglichkeit ich heute nicht mehr nachvollziehen kann. Die Band löste sich irgendwann auf, weil ein Musiker dabei war, und der wollte Musik machen. Er wollte es, weil er es konnte. Ich war es nicht.
Es folgten weitere Bandversuche in den Bereichen Punkrock, Elektro,
Weitere Kostenlose Bücher