Ich bin Spartacus
Anführer. Und jener schlug es nicht aus, jener Spartacus, der vom thrakischen Söldner zum Soldaten, vom Soldaten
zum Deserteur, von dort zum Räuber, schließlich in Anerkennung seiner Kräfte zum Gladiator geworden war. Dieser Mann führte
auch Leichenspiele für die im Kampf verstorbenen Anführer mit den Riten durch, die sonst ordentliche Feldherren ausrichteten,
und er befahl, dass die Gefangenen rings um den Scheiterhaufen mit ihren Waffen um ihr Leben kämpften, als wollte er seine
gesamte frühere Schande entsühnen, wenn er selbst einen Gladiatoren-Schaukampf ausrichtete.
Von da an griff er auch bereits ehemalige Consuln an und schlug das Heer des Gnaeus Cornelius Lentulus Clodianus beim Apennin,
bei Mutina (Modena) zerstörte er das Lager des Gaius Cassius Longinus. Weil er durch diese Siege übermütig geworden war, stellte
er Überlegungen an, in Rom einzufallen – der Höhepunkt unserer Schande!
Schließlich erhoben sich die Römer mit allen Streitkräften des Reiches gegen den Gladiator, und Marcus Licinius Crassus befreite
uns von der Schande; von diesem Mann sind die – es beschämt mich, sie überhaupt so zu bezeichnen – Feinde geschlagen und verjagt
worden, und sie zogen sich in die äußersten Schlupfwinkel Italiens zurück.
Dort wurden sie dann etwa am ,Winkel von Bruttium‘ (der Südspitze Italiens) eingeschlossen, als sie ihre Flucht nach Sizilien
vorbereiteten, 6 aber keine Schiffe in ausreichender Anzahl zur Verfügung standen, weswegen sie Flöße aus Baumstämmen und mit Gebüsch verbundene
Fässer vergebens in der Meerenge einzusetzen versuchten, in der eine äußerst starke Strömung herrscht. Schließlich erlitten
sie, als sie einen Ausbruch gemachthatten, einen rechten Männer-Tod; und weil man unter der Führung eines Gladiators kämpfen musste, kämpfte man auf Leben und
Tod. Spartacus selbst kämpfte in vorderster Front äußerst tapfer und wurde wie ein wahrer Feldherr getötet.“ 7
Spartacus erscheint bei Florus also als Mann, dessen Lebensweg durch die Stationen Söldner, Soldat, Deserteur, Räuber und
Gladiator gekennzeichnet war, der durch Taten in dem Krieg „seine gesamte frühere Schande entsühnen“ zu wollen schien und
schließlich im Kampf gegen die Römer als tapferer Kämpfer gefallen sei, wie sich dies ja auch für einen Gladiator gehöre.
Der Krieg gegen die von Spartacus geführten Sklaven ist bei Florus hingegen der Höhepunkt der Schande für Rom, von der man
erst durch Marcus Licinius Crassus befreit worden sei.
Appianos: „… lieber für die eigene Freiheit als für einen Schaukampf“
Ein ganz anderes Spartacus-Bild als das von Florus entworfene bietet das Werk, das Karl Marx „abends zur Erholung im griechischen
Originaltext“ las (s. S. 6) und das so für den politischen Nachruhm des Spartacus im 20. Jahrhundert sorgen sollte: das im
2. Jahrhundert n. Chr. – also mehr als zwei Jahrhunderte nach den Ereignissen – geschriebene Werk des Appianos von Alexandria.
Dessen Darstellung der römischen Bürgerkriege umfasst die Zeit von den Gracchen bis zum Ende des Krieges und ist die umfassendste
aus der Antike erhaltene Geschichtserzählung über jenes Jahrhundert.
Appianos schreibt: „Zur gleichen Zeit lebte in Italien in einem
ludus
in Capua, wo für Schaukämpfe ausgebildet wurde, ein gebürtiger Thraker namens Spartacus, der einst als Soldat bei den Römern
gedient hatte, dann aber in Gefangenschaft geratenund als Gladiator verkauft worden war. Der beredete etwa 70 seiner Mitsklaven, sich lieber für ihre eigene Freiheit als für
einen Schaukampf einzusetzen, und es gelang ihm, mit ihnen zusammen die Bewacher zu überwältigen und zu entkommen. Sie bewaffneten
sich dann mit Knüppeln und Dolchen, die sie Reisenden abgenommen hatten, und suchten Zuflucht auf der Höhe des Vesuvs, wo
Spartacus viele
fugitivi
und auch einige Freie vom Land aufnahm und mit ihnen die benachbarten Gebiete plünderte; die Gladiatoren Oinomaus und Crixus
dienten ihm als Unterführer. Da er die Beutestücke gleichmäßig verteilte, verfügte er bald über eine Menge Leute. Als erster
wurde Varinius Glaber (
wohl
Gaius Clodius Glaber) gegen Spartacus ausgesandt, dann Publius Valerius (
wohl
Varinius) nicht mit einer vollwertigen Streitmacht, sondern nur mit Soldaten, die man in Eile aufs Geratewohl aufgeboten hatte;
die Römer glaubten nämlich noch nicht an einen regelrechten Krieg, sondern meinten, es lediglich
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