Ich bin total spontan - wenn man mir rechtzeitig Bescheid gibt
uns. Zuerst ein wenig Small Talk: »Ja, wir haben gleich hergefunden, das Wetter ist wunderbar, und die Fußballergebnisse sind auch so wie immer …« Anschließend stellen wir unsere Art zu arbeiten vor. Dann konkretisieren wir die gemeinsame Zusammenarbeit. Dabei sitzt man mit zwei bis vier Personen nett beim Kaffee zusammen.
Bei einem Vorgespräch für einen Auftrag kam es aber anders. Unserer potenzieller Kunde - eine Bank - hatte eine Unternehmensberatung gebeten, die verschiedenen Anbieter von Businesstheater mal gründlich unter die Lupe zu nehmen. Wir kamen in einen großen Raum, in dem acht sehr wichtig aussehende Personen mit Anzug an einem Tisch saßen, jeder von ihnen ein Namensschild vor sich. Direkt gegenüber ein Tisch für uns beide, ebenfalls mit Namensschildern versehen. Und los ging es: Ohne weitere Vorstellung der Anwesenden
oder eine Einführung in den Gesprächsverlauf hagelte es Fragen:
»Herr Voller, Herr Schmitt, wie würden Sie denn unsere Problematik genau auf die Bühne bringen?«
Wir hatten bis dahin nicht die geringste Ahnung, um was es überhaupt gehen sollte.
»Herr Voller, Herr Schmitt, die IT-Abteilung und der Einkauf haben Kommunikationsprobleme - welche Sätze würden diese Problematik in Ihrem Theaterstück versinnbildlichen?«
Wir hatten bis dahin immer noch keine Ahnung, wer diese acht Personen überhaupt waren. Wie wär’s mit einer kleinen Vorstellungsrunde, Jungs?
Wir standen, so gut es ging, Rede und Antwort. Die Herrschaften machten sich nach jeder Antwort eifrig umfangreiche Notizen. Eine Weile ging das so weiter: Eine Frage eines Gesprächsteilnehmers, eine Antwort von einem von uns. Frage, Antwort, kritzel, kritzel, schreib, schreib, Frage, Antwort, kritzel, kritzel, schreib, schreib…
Bis Folgendes passierte: Zunächst wollten wir alles richtig machen, den potenziellen Kunden nicht verlieren. Bloß keine Fehler machen, uns der Situation bestmöglich stellen. Aber gedacht habe wir: Was ist das denn hier für eine abgefahrene Veranstaltung? Die sind ja jetzt schon komischer als wir auf der Bühne. Wir wurden begutachtet und fühlten uns wie die Verkäufer in einem Baumarkt, die von einem Kunden mit einer Checkliste zur Wohnungsrenovierung ausgefragt werden. Es hätte uns nicht verwundert, wenn sie auch noch gefragt hätten:
»Wie viele Umdrehungen machen Sie?«
»Gleichstrom - Wechselstrom?«
»Kreuz- oder Schlitzschrauben?«
Für einen Moment waren wir in einem Tagtraum eingetaucht. Schließlich tranken wir jeder einen Schluck Kaffee, tauschten Blicke aus und spürten, wie angespannt und verärgert wir langsam ob dieser komischen Situation wurden, die sich gerade als Zeitverschwendung herausstellte. KaninchenFeeling! Der Bauch wusste es, bevor der Kopf es erkannte, dieses Scheißgefühl war das letzte und deutlichste Signal, dass dies nicht der richtige Ort für uns war. Wir schauten uns noch einmal an und haben wohl beide in dem Moment gedacht: Wenn die weitere Zusammenarbeit in diesem Projekt so abläuft, dann wollen wir den Auftrag nicht.
Und auf einmal habe wir beide den Turbolader Spontaneität zugeschaltet, alle Erwartungen an die Situation über Bord geworfen, das Schwert in die Hand genommen und nach unseren Regeln weitergespielt. Wir ließen keine Fragen mehr zu, sondern stellten nur noch selber Fragen, um zu klären, was aus unserer Sicht für die Zusammenarbeit wichtig war. Dabei versäumten wir auch nicht, darauf hinzuweisen, dass wir uns in dieser Form eine Zusammenarbeit nicht vorstellen könnten und wie eine solche Veranstaltung laufen müsse, damit wir dabei wären. So läuft es und nicht anders. Punkt. Wir waren mit uns zufrieden, obwohl der Auftrag verloren schien. Anschließend sind wir Eis essen gegangen und haben uns über die Situation amüsiert.
Am gleichen Abend bekamen wir einen Anruf, dass wir auf der internen Punkteskala überall die höchste Punktzahl erreicht, die Problematik voll erfasst und den Job sicher in der Tasche hätten - es würde jetzt nur noch um Formalien gehen. Yeah! Strike!
Aber oft kommt es dann noch mal ganz anders, als man denkt. Aufgrund der Finanzkrise wurde der Auftrag abgesagt. Das Unerwartete sagt vorher nicht Bescheid. Gut so!
Wenn alles aus dem Ruder läuft und Sie die Kontrolle verlieren, haben Sie gar keine andere Wahl, als spontan zu sein. Entscheiden Sie sich für den Moment, setzen Sie sich in Ihr eigenes Cockpit und geben Sie Gas. Drehen Sie auf. Versuchen Sie nicht, es jemanden recht zu
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