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Ich bin unschuldig

Ich bin unschuldig

Titel: Ich bin unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Durrant
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grauenhaft. Ich bin ganz fertig.«
    Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass jemand anders fertig sein könnte.
    »Ich weiß«, sage ich lächelnd. »Außergewöhnlich.«
    Zwei andere Frauen kommen näher. Ich erinnere mich an ihre Namen – Margot, die einen sportlichen Jungen in Millies Klasse hat, und Suzanne, deren Tochter die geborene Schauspielerin ist, ich habe sie mal im Theaterklub gesehen. Sie wissen wahrscheinlich auch, wer ich bin, aber sie richten das Wort nur an Jude, nicht an mich. Wahrscheinlich kennen sie sie besser, aber ich ertappe mich dabei, dass ich mir alle Mühe gebe, mich ins Gespräch einzuklinken. Ich mag sie. Mir geht auf, dass ich möchte, dass sie meine Freundinnen werden.
    Margot, eine gepflegte Deutsche mit wunderschönen Wangenknochen, erzählt Jude, sie habe gehört, ein Mann, der am Freitagnachmittag mit seinem Hund spazieren ging, habe die Tote gefunden. Sie verzieht das Gesicht. »Ich glaube, der Hund hat sich darin gewälzt.«
    »Nein!«, widerspreche ich.
    »Es stimmt«, erklärt Suzanne Jude. Um den Hals trägt sie eine Reihe bunter tibetischer Schals, die sie zurechtrückt, während sie eine Haarsträhne entwirrt. »Mein Hund wälzt sich in den schrecklichsten Sachen … tote Ratten und Fuchskot. Alles Eklige, was er nur findet.«
    »Iiih!«, sage ich.
    Sie unterhalten sich eine Weile über Hunde und ihre Gewohnheiten und jemand anderes spricht von Prostitution. Margot schürzt die Lippen und sagt, sie habe gehört, die Leiche sei nackt gewesen.
    »Oh!«, sage ich. Das Wort »Leiche« ist mir noch nicht in den Sinn gekommen. Es ist so absolut, so weggerückt von Leben und Menschsein. Totes Fleisch. Trockenheit. Endgültigkeit. Eine nackte Leiche, losgelöst von meinem Erlebnis, meinen Augenblicken mit ihr.
    »Ich weiß«, sagen die beiden und beziehen mich zum ersten Mal ins Gespräch ein.
    »Ich kann nicht glauben, dass sie nackt war«, sage ich. »Was meint ihr, was passiert ist? Gott, es ist fast unerträglich, nicht wahr? Und so nah.«
    Margot sieht mich an. »An so etwas denkt man nicht, oder? Man meint immer, so etwas passiert woanders.«
    »Vielleicht ist es ganz gut«, wirft Suzanne ein, »wenn man ab und zu mal aufgerüttelt wird. Man wird ganz schön selbstgefällig. Wir leben nicht in der wirklichen Welt.«
    »Stimmt«, pflichte ich ihr bei. »Es ist wie ein Weckruf.«
    »Da kann ich nur einstimmen«, meint Jude.
    »Und ich nur zweistimmen«, sagt Margot.
    Und wir lachen.
    Ist es schlimm, dass ich meine Rolle bei der Entdeckung der Toten verschweige? Je mehr sie plappern, je gründlicher sie ihre Abscheu analysieren, je witziger und interessanter sie werden, desto schwieriger wird es. Ich hätte gleich etwas sagen sollen, doch jetzt ist es zu spät. Ich habe es nicht getan … weil? Bei meinem Beruf wird das geringste bisschen falsche Publicity leicht zum Karrierekiller. Stan the Man hat einen PR -Agenten, seine eigene Medienmaschine. Ich habe so etwas immer zu vermeiden versucht, denn es kommt mir großspurig und wichtigtuerisch vor. Philip kümmert sich um die vertragliche Seite meines Jobs, und die Produktionsfirma hat eine ziemlich gute PR -Abteilung. Doch jetzt, also, jetzt sehe ich, dass so jemand sehr nützlich sein könnte. Voller Panik kommt mir in den Sinn, dass ich mich mit Alison Brett hätte in Verbindung setzen sollen, die die PR für Mornin’ All macht. Ich hätte DI Perivale bitten müssen, meine Verstrickung in die Sache nicht an die große Glocke zu hängen. Nachdem ich hier gesessen und zugehört und nichts gesagt habe, scheint es mir umso dringlicher. In dem Augenblick geht mir auf, dass meine Karriere mir gar nicht so wichtig ist, sondern dass es mir vor allem darum geht, was diese netten Frauen über mich denken.
    Ich schaue rüber zu Philip, der verzweifelt und steif am Tor steht. Bestimmt überlegt er: Warum muss ich hier am Tor stehen? Was soll ich hier? Warum kann ich nicht vor meinen Bildschirmen sitzen und zusehen, wie Samsung abstürzt? Ich beobachte ihn einen Augenblick. Sein Blick fällt auf Millie, die hoch oben in den Ästen herumklettert, und ein Strahlen geht über sein ganzes Gesicht. In diesem Augenblick kommt Hoffnung auf. Ich stehe auf und helfe ihr runter, halte ihre Beine fest und fange ihre Gummistiefel auf, als sie klettert. Jude erinnert mich an die Wohltätigkeitsauktion beim Schulquiz im April, die ich zu leiten versprochen habe, und ich verabschiede mich von den Frauen, als wären sie wirklich meine Freundinnen,

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