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Ich bin unschuldig

Ich bin unschuldig

Titel: Ich bin unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Durrant
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Pizza Express oder so. Sie war ein paarmal dabei, wenn ich sie benutzt habe. Wenn sie in Bezug auf all das lügt, dann hat sie vielleicht etwas zu verbergen.«
    Caroline Fletcher hat mich aufmerksam beobachtet. Ihre Brille sitzt auf der Nasenspitze, und sie schaut darüber. Also eine Lesebrille, keine Kontaktlinsen. Jetzt schlägt sie ihr Notizbuch zu und nickt. Sie sagt, ich soll die Sache ihr überlassen und mir keine Sorgen machen. »Die oberste Priorität ist, Sie hier rauszukriegen. Sie können Sie nicht länger als sechsunddreißig Stunden festhalten, ohne Sie anzuklagen. Sie haben nur bis ein Uhr.« Sie sieht auf ihre Uhr. »Nicht mal mehr eine Stunde.«

    Ich gehe also wieder hin und her, aber diesmal nicht nur im Kopf. Auf und ab in der jämmerlich kleinen Zelle – einer neuen übrigens. Auf und ab. Ich tue, als wäre ich in einem Step-Aerobic-Kurs. Ich benutze die Bank. Mir dudelt ein dämliches Lied im Kopf herum: »Build me up, Buttercup …« Es ist eine der Nummern, die sie während der Aerobicstunden an den Wochenenden im Harbour Club spielen. Warum, um alles in der Welt, bin ich Mitglied im Harbour Club ? Die zickige Frau am Empfang, die Mütter in ihren hautengen Lycras, die grauenhaft verzogenen Alpha-Sprösslinge im Pool und die Nikkei-Index-Väter, die einander auf den Allwetterplätzen in der Halle windelweich schlagen … Philip wollte es unbedingt, aber warum habe ich mitgezogen?
    Ich habe mich ganz von seiner Welt aufsaugen lassen.
    PC Morrow schließt auf, steckt den Kopf zu der schweren Tür herein wie jemand, der nachsieht, ob das Baby wach ist. »Kommen Sie«, sagt sie.
    Ich will gar nicht wissen, was los ist. Ich will nicht fragen. Die paar Minuten, die es dauert, den Flur hinunterzugehen und ein paar Stufen hinauf in den Raum, wo Caroline Fletcher und Perivale warten, kann ich so tun, als würde alles gut werden, als würde Steve mit laufendem Motor draußen auf der Straße warten und in einer Minute wäre ich fort, würde diesen Horror, diesen Albtraum hinter mir lassen und davonbrausen wie Jackie Kennedy in Dallas in ihrer Wagenkolonne. Die Alternative ist zu finster, um darüber nachzudenken.
    »Ihre Tasche … überprüfen Sie sie. Ich würde denen hier drin nicht über den Weg trauen.«
    Die Tasche, die Philip mir geschenkt hat, steht auf dem Tisch. Es dauert ein paar Sekunden, bis ihre Worte zu mir durchdringen. Meine Hände zittern so sehr, dass ich kaum den Reißverschluss aufkriege. Ich habe keine Ahnung, was darin ist. Ich bin mit den Nerven am Ende. Ich krame herum, doch es springen keine elektrischen Impulse über. Ich schiebe die Ärmel hoch, um ein Gefühl zurückzukriegen, doch mein Gehirn zündet nicht. Ich könnte mein Handy ertasten, meine Geldbörse, meinen Organizer, ein paar Tampons, es könnte aber auch eine Kompresse sein, wie sie bei Wundverbänden benutzt wird.
    »Alles da«, sage ich, denn es ist einfacher, als etwas anderes zu sagen.
    »Gut.« Caroline Fletcher steht auf. »Perivale?«
    Er ist mürrisch. Fast mechanisch leiert er herunter: »Sie sind gegen Kaution entlassen, vorbehaltlich weiterer Ermittlungen. Verlassen Sie nicht die Stadt. Sie können gehen.«
    Die Erleichterung ist für einen Augenblick fast genauso unerträglich wie die Furcht. Ich gebe einen Laut von mir, der irgendwo zwischen Keuchen und Schluchzen liegt.
    Doch Perivale kann es einfach nicht sein lassen. Er kann es nicht auf sich beruhen lassen. Er muss das letzte Wort haben.
    »Die Kratzer sind, wie ich sehe, verheilt.«

    Oh, ich lerne gerade jeden Tag etwas Neues. Ich brauche den 219er. PC Morrow ist, was Busrouten angeht, eine wandelnde Enzyklopädie. Ich könnte den 319er nehmen und umsteigen oder zum Beispiel den 432b, aber der macht »tausend Umwege«. Der 219er bedeutet einen Spaziergang, aber »es ist ja ein schöner, sonniger Tag. Das macht den Kopf frei.« Caroline Fletcher hätte mich gefahren, aber ihr Auto ist in der Werkstatt, die Stoßdämpfer müssen überprüft werden. Und dann der Bus, der kostet heutzutage so viel wie eine Monatsmiete. Und sie geben nicht gern raus. Ich musste in meiner Handtasche herumkramen, während der Bus sich schlingernd in Bewegung setzte, um die richtigen Münzen zusammenzukramen. Alle anderen schienen eine Oyster-Card zu haben. In meinem neuen Leben, wenn ich ein neues Kapitel aufschlage, bekomme ich auch eine Oyster.
    Wenn man aus dem Kino kommt und nicht damit rechnet, dass es draußen noch hell ist, ist es, als hätte die Welt sich

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