Ich bin verliebt in deine Stimme
nicht länger zögern, Ihre Firma einzuschalten.«
»Meine Firma?« rief Ralf ins Telefon.
»Ja, das sagte ich Ihnen. Dann soll Ihr Chef Sie zur Räson bringen. Ich tue das nicht gern, aber Sie lassen mir keine andere Wahl mehr.«
Mit einem Schlag hatte Ralfs Stimmung neuen Aufschwung bekommen.
»Tun Sie das«, sagte er heiter. »Mein Chef begrüßt solche Anlässe, mit mir wieder einmal richtig Schlitten fahren zu können.«
Inge antwortete nicht mehr. Sie hatte schon vor Ralf's Erklärung, die ihr hätte zu denken geben müssen, eingehängt.
Als nächstes suchte Ralf aus dem Telefonbuch die Nummer der Orientbar heraus.
»Jetzt will ich doch mal sehen, was hinter dieser Geschichte steckt«, brummte er vor sich hin.
Der Tag war noch nicht alt, deshalb hatte Ralf nicht auf Anhieb Glück. In der Orientbar wurde nicht abgehoben, dort hatte man noch nicht geöffnet. Das war erst am späten Nachmittag der Fall. Ralf hatte nämlich nicht versäumt, jede Stunde einen neuen Versuch in nicht erlahmender Zähigkeit zu starten.
»Orientbar«, meldete sich endlich eine Männerstimme.
Ralf wußte, daß er keine ganz leichte Aufgabe vor sich hatte.
»Kann ich«, begann er, »jemanden sprechen, der gestern abend bei Ihnen Dienst hatte?«
»Als was?« erwiderte die Stimme, die jetzt schon deutlich abweisend klang.
»Am besten als Kellner.«
»Und weshalb wollen Sie den sprechen?«
»Es muß dringend etwas aufgeklärt werden.«
»Aufgeklärt?«
Diesen Ausdruck liebt man im Barmilieu nicht besonders. Er bedeutet nur allzuoft den Beginn von Auseinandersetzungen mit der Polizei oder auch mit betrogenen Ehefrauen, deren Schicksal sich sehr häufig in Nachtlokalen zu erfüllen pflegt. Die Stimme am Telefon war deshalb verständlicherweise noch um ein gutes Stück abweisender geworden.
Ralf sagte: »Ich möchte ermitteln …«
»Ermitteln?« fiel man ihm ins Wort.
»… ermitteln, wie eine fatale Doppelgängerschaft, als deren Opfer ich mich fühlen muß, zustande kommen konnte.«
»Wie bitte?«
Ralf sah selbst ein, daß er sich ein bißchen kompliziert ausgedrückt hat, und formulierte es noch einmal einfacher: »Ich soll gestern Gast bei ihnen gewesen sein und war in Wirklichkeit ganz woanders.«
Ein kurzer Lacher ertönte.
»Das passiert häufig«, sagte die Stimme am anderen Ende.
»Was passiert häufig?«
»Daß einer am nächsten Tag nicht mehr weiß, wo er überall war.«
Was das heißen sollte, war klar.
»Weil er stockbesoffen war, wollen Sie damit sagen«, meinte denn auch Ralf.
Am anderen Ende der Leitung wurde abermals kurz gelacht.
»Ich war aber nicht besoffen!« stellte Ralf kategorisch fest. »Ich lag um elf im Bett! Und zwar in Rom!«
»Wo?«
»In Rom.«
»Rufen Sie von Rom aus an?«
»Nein, von hier aus Berlin.«
»Aber Sie sagten doch, sie hätten in Rom im Bett gelegen?«
»Gestern«, preßte Ralf mit mühsamer Beherrschung hervor.
»Was gilt nun: Rom oder Berlin?«
»Himmelherrgott!« platzte Ralf der Kragen. »Gestern war ich in Rom, heute bin ich in Berlin! Ist Ihnen neu, daß es so etwas wie Flugzeuge gibt?«
»Nein, natürlich nicht.«
»Na also!«
»Und was wollen Sie nun exakt von mir?«
»Das habe ich Ihnen doch bereits gesagt: Ich würde gerne mit einem Ihrer Kellner, die gestern abend Dienst hatten, sprechen. Wer sind Sie denn?«
»Der Geschäftsführer.«
»Dann muß es Ihnen doch ein leichtes sein, meiner Bitte nachzukommen.«
»Nicht gerne.«
»Warum nicht?«
»Haben Sie Schwierigkeiten mit Ihrer Frau?«
»Ich bin nicht verheiratet.«
»Oder mit sonst jemandem, dem Ihre Freizeitgestaltung nicht paßt?«
»Nein. – Aber, verdammt noch mal, was sollen diese Fragen? Wie kommen Sie mir denn vor? Ich gehe doch nur einer ganz einfachen Frage nach: Wer hat sich gestern in Ihrer Bar für mich ausgegeben? Zwingen Sie mich nicht, die Polizei einzuschalten.«
»Die Polizei?«
»Ganz recht.«
»Sie müssen das verstehen«, steckte der Geschäftsführer prompt ein wenig zurück. »Wir haben unsere Erfahrungen. Dazu gehört, daß jeder Gast unserer Diskretion in jeder Beziehung sicher sein darf.«
»Kann ich nun einen Kellner sprechen oder nicht?«
»Es kommen da drei in Frage. Genügt es Ihnen, wenn ich die selbst kurz befrage?«
»Ach das, ja.«
»Und Sie sagen, Sie seien gestern nicht unser Gast gewesen, obwohl es gewissermaßen den Anschein hat?«
»Ungefähr so, ja.«
»Wie ist Ihr Name?«
»Petermann.«
»Leicht zu merken. Wollen Sie warten oder noch
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