Ich bin Zlatan Ibrahimović
Chippen bei einem Treffen der Nationalmannschaft nur so zum Spaß einen kleinen Tritt ans Bein, und ich begriff nichts, als ich am Tag darauf die Zeitung aufschlug. Es wurde als die schlimmste Attacke dargestellt. Aber es war nichts, absolut gar nichts. So läuft das bei uns. Es ist Spiel und tödlicher Ernst zur gleichen Zeit. Wir sind eine Gang von jungen Burschen, die die ganzen Tage zusammen sind, und um die Spannung zu halten, machen wir manchmal ein bisschen kranke Sachen. So einfach ist das. Wir machen Späße. Aber bei Bar ç a wurde ich langweilig. Ich wurde kuschelweich und wagte nicht, auf dem Platz zu schreien und zu schimpfen, wie ich es brauche.
Dass die Zeitungen mich als den bad boy und so darstellten, trug das Seine dazu bei. Es brachte mich dazu, das Gegenteil beweisen zu wollen, und dabei ging ich sicher zu weit. Statt ich selbst zu sein, versuchte ich, der netteste Junge zu werden, und das war idiotisch. Du darfst dich nicht vom Gerede der Medien runterdrücken lassen. Das war unprofessionell. Ich gebe es zu. Dennoch war dies nicht das Ausschlaggebende. Sondern das:
»Hier bleiben wir mit beiden Füßen auf der Erde. Wir sind fabricantes . Hier arbeiten wir. Wir sind ganz gewöhnliche Jungen!«
Es klang vielleicht nicht so sonderbar, aber etwas war komisch an diesen Worten, und ich begann mich zu fragen: Warum sagt Guardiola mir das?
Glaubt er, dass ich anders bin? Ich konnte nicht den Finger auf den Punkt legen, nicht anfangs. Doch es war kein gutes Gefühl. Manchmal kam es mir vor wie in der Jugend beim MFF . Hatte ich wieder einen Trainer, der in mir den Burschen aus dem falschen Vorort sah? Obwohl ich nichts getan hatte, keinem Mannschaftskameraden eine Kopfnuss gegeben, kein Fahrrad geklaut, nichts. In meinem ganzen Leben war ich nicht so vorsichtig gewesen. Ich war das genaue Gegenteil von dem, was die Zeitungen schrieben. Ich war der Bursche, der auf Zehenspitzen ging und die ganze Zeit vorher überlegte. Weg war der alte, wilde Zlatan! Ich war ein Schatten meiner selbst.
Es war noch nie vorgekommen, aber zunächst war es keine große Sache. Das wird schon wieder, dachte ich, bald bin ich wieder ich selbst. Vielleicht ist alles nur Einbildung und ein wenig paranoid. Guardiola war ja nicht unnett, überhaupt nicht. Er schien an mich zu glauben. Er sah, wie ich Tore schoss und wie viel ich für die Mannschaft bedeutete, und trotzdem …das Gefühl verschwand nicht: Fand er, dass mit mir etwas nicht stimmte?
»Hier bleiben wir mit beiden Füßen auf dem Boden!«
War ich einer, der das nicht tat, in Guardiolas Augen? Ich verstand es nicht und versuchte, es abzuschütteln und zu sagen: Konzentrier dich stattdessen. Vergiss es einfach! Aber die Vibes blieben, und ich fragte mich immer mehr: Sollen in diesem Klub alle gleich sein? Es kam mir nicht gesund vor. Keiner ist exakt wie der andere. Manchmal tun die Leute natürlich so. Aber dann tun sie sich selbst Gewalt an und schaden der Mannschaft. Keine Frage, Guardiola war erfolgreich gewesen. Unter seiner Führung hatte die Mannschaft viel gewonnen. Ich respektierte ihn, ein Sieg ist ein Sieg.
Jetzt im Nachhinein glaube ich, dass dafür ein Preis gezahlt wurde. Der Preis war, dass die großen Persönlichkeiten weggejagt wurden. Es war kein Zufall, dass der Mann Probleme mit Spielern wie Ronaldinho, Deco, Eto’o, Henry und mir gehabt hatte. Wir sind keine »gewöhnlichen Jungen«. Wir haben ihn bedroht, und da versuchte er, uns loszuwerden, so einfach ist es, und ich hasse so etwas. Wenn du kein »gewöhnlicher Junge« bist, sollst du es auch nicht sein müssen. Auf die Dauer gewinnt dabei niemand. Wenn ich versuchte hätte, wie die schwedischen Jungs beim MFF zu werden, säße ich heute nicht hier. Zuhören, nicht zuhören, das ist der Schlüssel meines Erfolgs.
Das gilt nicht für alle. Aber es gilt für mich, und Guardiola hat nichts davon begriffen. Er glaubte, er könnte mich ummodeln. In seinem Bar ç a sollten alle sein wie Xavi, Iniesta und Messi. Nichts gegen sie, wie gesagt, keine Sekunde, im Gegenteil. Es war wunderbar, mit ihnen in einer Mannschaft zu sein. Gute Spieler spornen mich an, und ich sah ihnen zu, wie ich es bei großen Talenten immer getan habe: Kann ich etwas lernen? Kann ich mich noch steigern?
Aber seht euch ihren Hintergrund an. Xavi kam zu Bar ç a, als er elf Jahre alt war. Iniesta war zwölf, Messi dreizehn. Sie waren vom Klub geformt worden. Etwas anderes kannten sie nicht, und das war sicher gut für
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