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Ich bleib so scheiße, wie ich bin

Ich bleib so scheiße, wie ich bin

Titel: Ich bleib so scheiße, wie ich bin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Niazi-Shahabi
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Depressionen, als: »Ich habe die Nase voll, bin lustlos, faul, traurig, wütend und pessimistisch«.
    Die Diagnose Burnout und/oder Depression verschafft einem eine Atempause von der erdrückenden Verantwortung für die Gestaltung der Persönlichkeit und des Lebenswegs. Für ein paar Monate ist es dann erlaubt zu sagen: Ich würde ja gern, aber ich leide an einer ernsten Krankheit. Selbstverständlich werde ich alles dafür tun, um wieder gesund zu werden.
    Wer krank ist, hat auch ein Recht auf ein Medikament: Prozac ist in den USA seit zwei Jahrzehnten ein Verkaufsschlager. Es wurde zur Modedroge, als der amerikanische Psychiater Peter D. Kramer mit seinem Buch Glück auf Rezept 1993 einen Bestseller landete. Er behauptete, mit Prozac sei es endlich möglich, die eigene Persönlichkeit zu formen. Das Mittel sei weit mehr als ein Antidepressivum, denn mit seiner Hilfe kann man endlich noch mehr aus sich herausholen.
    Das Perfide an der allseits erwarteten Selbstverwirklichung ist, dass man so tun muss, als habe man sie selbst erwählt. Gut gelaunt richten wir uns nach den Normen der Gesellschaft, von denen eine darin besteht, dass man etwas ganz Besonderes sein und leisten müsse. (Denn anders ist es nicht möglich, zur »Elite« der dreißig Prozent zu gehören.) Selbstverständlich wird der »individuelle« Lebensstil danach beurteilt, wonach alles in dieser Gesellschaft beurteilt wird, nämlich ob man damit erfolgreich ist, das heißt, ob es einem gelungen ist, mit seiner Persönlichkeit eine Marktlücke zu besetzen und daraus Geld zu machen. Nach welchen Kriterien sollte man den Lebensstil sonst bewerten?
    Niemand fragt uns, ob wir das alles wirklich wollen, nicht einmal wir selbst. Der deutschlandweit bekannte Persönlichkeitscoach Werner Katzengruber, der viele Spitzensportler und Politiker berät, hat beobachtet, dass die meisten Ziele, die wir uns setzen, nicht wirklich unsere sind: »Es hat mit Freiheit nichts zu tun, wenn wir versuchen, den Normen und Erwartungen zu entsprechen. Wo Normen herrschen, ist kein freier Wille. Wer die ganze Zeit mit Anpassung beschäftigt ist, hat keine Zeit mehr zu leben.«
    Wer zu sich kommen will, sollte seiner Meinung nach keinen Selbstfindungskurs buchen, sondern sich erst einmal allen Ansprüchen verweigern.
    Die meisten Menschen gehen davon aus, dass sich das Glück automatisch einstellt, wenn sie erreichen, was gesellschaftlich anerkannt ist, zum Beispiel einen durchtrainierten, schlanken Körper. Sie arbeiten hart für ein Ziel, um dann, wenn sie es erreicht haben, verwundert festzustellen, dass dieser Zusammenhang nicht unbedingt besteht. Glück lässt sich so schwer erarbeiten.
    Der Zwang, sich selbst zu verwirklichen, ist der Zwang, so zu handeln, wie es von einem erwartet wird. Wer glaubt, den Erwartungen nicht mehr entsprechen zu können, wird unglücklich. Wer unglücklich ist, muss zurück in die Wüste:
    Tatsächlich entspannen sich depressive Menschen, wenn sie sich länger in Wüstengegegenden aufhalten. Dort, wo es nichts gibt, was verbessert werden muss, hellt sich ihre Stimmung auf. In der Wüste gibt es kein unerledigtes Projekt und keine Menschen, mit denen ich mich vergleichen könnte. Kein Theaterstück, keine Zeitung, kein Buch, keine Ausstellung, welche von mir wahrgenommen werden müssen. Am Tag lähmt die Hitze jede Aktivität, nachts ist es die Kälte. Alles sieht gleich aus, wohin man auch schaut. Zeit und Raum lösen sich auf, also die Parameter, in denen Erfolg und Selbstverbesserung messbar wären.
    Am Abend nach der Begegnung mit den Beduinen im Kibbuz Bet Alpha parkten mein Vater und ich unser Auto mitten in der Wüste Sinai. Die Sonne würde bald untergehen, und wir wollten uns den Sonnenuntergang ansehen. Am Horizont tauchte ein Beduine auf. Er war weit von uns entfernt, seine kleine Gestalt warf einen langen Schatten in unsere Richtung. Langsam bewegte er sich nach Norden.
    »Wie merkwürdig, wohin geht er?«, fragte mein Vater.
    »Was meinst du?«, fragte ich.
    »Der Mann dort hinten. Was will er da drüben, was er nicht auch dort machen kann?«
FOLGENDE FRAGEN KÖNNEN SIE FÜR SICH BEANTWORTEN. WENN SIE WOLLEN.
    Finden Sie es besser, etwas Sinnvolles zu tun, als
fernzusehen? Ja
    Denken Sie, dass man im Leben die meiste Zeit glücklich sein muss?Und dass man versagt hat, wenn man
es nicht ist? Ja
    Glauben Sie, dass tugendhaftes Leben belohnt, aber
ein Lotterleben irgendwann bestraft wird? Ja
    Glauben Sie, dass Sie etwas tun müssen,

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