Ich bleib so scheiße, wie ich bin
CDU) möchte bei jedem seiner Auftritte davon überzeugen, dass er einer der letzten aufrichtigen und geradlinigen Politiker ist. Einer, der sich noch traut, Dinge auszusprechen, die andere nicht gerne hören – angeblich ganz ohne Rücksicht auf das Ansehen der eigenen Person. Nicht wenige macht genau dieses Bemühen misstrauisch. Seine Kritiker werfen ihm vor, dass er unpopuläre Meinungen nur deswegen vertritt, weil genau das die Aufmerksamkeit der Medien garantiere. Aufmerksamkeit nicht für die Themen, sondern vor allen Dingen für ihn, Herrn Metzger, selbst.
– Als Kinder lebten wir in einem Dorf in Süddeutschland. Unsere Nachbarn waren erzkatholisch, und ihr ganzes Streben und Trachten war es, Gottes Liebe an ihre Umgebung weiterzugeben. Ob dies von der Umgebung gewünscht war oder nicht. Ende der Achtzigerjahre wanderten sie nach Kenia aus, um Gottes Liebe auch in entfernte Erdteile zu tragen. Sie schickten zweimal im Jahr Briefe, und in diesen Briefen schrieben sie sich um Kopf und Kragen. Anfänglich wurden noch mit viel Verständnis die fremden Sitten und Gebräuche der Bediensteten geschildert, die zum Beispiel mit unbedeckten Busen durch Haus und Hof gingen, obwohl man es ihnen verboten hatte, um am Ende zu gestehen, »dass es schon anstrengend ist, unter den armen, schwarzen Teufeln zu leben«.
– Zum Abschluss ein positives Beispiel, das zeigt, dass man nur gewinnen kann, wenn man nicht gegen etwas ankämpft, was sowieso offensichtlich ist: Als Rolf Eden vor Kurzem wegen seiner Playboyrolle, die er auch im Alter von 80 Jahren nicht aufgeben mag, von einer Berliner Zeitung zum peinlichsten Berliner gewählt wurde, meinte er dazu: »Von vier Millionen Einwohnern bin ich der peinlichste. Wer ist das schon, ich finde das sehr gut.«
Wer an sich arbeitet,
macht sich zur Witzfigur.
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Es gibt nur einen Trost dafür, dass wir uns im Wesentlichen nicht ändern können: Es geht jedem so! Der Psychiater Dr. Mazda Adli stellt klar: »Auf eines kann man sich verlassen, man bleibt so, wie man ist. Keine Therapie kann da helfen. Wer so wirkt, als habe er einen Besenstil verschluckt, wird nie ein Mensch werden, der bei Partys auf den Tischen tanzt, und wenn er noch so an sich arbeitet. Wer aufbrausend ist, wird es immer bleiben. Aus einem unkreativen Menschen kann niemand einen kreativen, aus einem zurückhaltenden keinen vorlauten Menschen machen.«
Auch dass man unter sich selbst leidet, ist Adlis Meinung nach noch kein Fall für den Psychiater. Nichts gegen die ungeliebten Eigenschaften ausrichten zu können, gefällt uns nicht. Das kann niemandem gefallen! Denn es geht nicht um Kleinigkeiten, es sind essenzielle Dinge, an denen wir alle immer wieder scheitern: Manche verlieren schnell ihre Beherrschung, andere haben keine Idee, was sie gegen ihre Neidgefühle unternehmen könnten. Wieder andere schämen sich, weil sie ihre Gelüste nicht im Griff haben. Vielen Menschen ist es unangenehm, dass sie so schüchtern sind, und sie können sich kaum vorstellen, dass es Nichtschüchternen unangenehm sein könnte, dass sie sich in Gesellschaft nicht zurückhalten können. Was für Schüchterne nach unverkrampfter Kontaktaufnahme aussieht, kann auch der Zwang sein, den Entertainer zu spielen.
Man kann unter seiner Leichtgläubigkeit leiden, aber auch unter seinem Misstrauen. Man kann bedauern, dass man sich so leicht ablenken lässt, während andere sich wünschten, sie wären flexibler. Es gibt sogar Menschen, die sich zu intelligent fühlen und glauben, dass ihr Dasein angenehmer wäre, wenn sie ein bisschen dümmer wären. Nicht wenige kämpfen gegen ihre Beschwerdesucht, und andere trauen sich kaum, berechtigte Kritik zu üben, und hassen sich dafür.
Es gibt tausend gute Gründe,
sich nicht zu mögen.
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Der einzige Punkt, an dem man eingreifen sollte, sei, wenn die eigenen Schwächen oder Ängste solche Ausmaße annehmen, dass man seinen Alltag nicht mehr bewältigen kann. Wenn einen die Angst vor Bakterien also daran hindert, auf die Straße zu gehen, oder man mit seiner Spielsucht sich selbst und die Familie ruiniert. Solche Dysfunktionalitäten kann man durch eine Verhaltenstherapie eindämmen, sagt Dr. Mazda Adli. Bei allem anderen lohnt die Mühe nicht.
Unsere Persönlichkeit ist ein komplexes Gebilde und jeder Nachteil ist untrennbar mit seinem Vorteil verbunden. Das ist eine Binsenweisheit, jeder weiß das, aber wie wäre es, wenn wir diese Tatsache einmal auf uns beziehen würden: Wie oft
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