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Ich blogg dich weg!

Ich blogg dich weg!

Titel: Ich blogg dich weg! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agnes Hammer
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dieser DVD können wir doch mal zeigen, wie Julie wirklich ist. Dafür brauchen wir kein Profil, ob es ein Fake ist oder nicht.“
    Wir drei grinsten uns an.
    „Wir müssten es nur geschickt schneiden“, meinte Alina.
    Dir sollte mal einer zeigen, wo’s langgeht, Schlampe!
    benk81
    JULIE
    Der Atem an meinem Ohr ging schnell. Ein haariger Arm legte sich von hinten um meine Kehle und drückte gegen meinen Kehlkopf. Ich lag auf dem Bauch, roch den Waldboden, spürte den schweren Körper des Stüpps, der mich nach unten auf die schlammige Erde drückte. Ich versuchte, den Kopf zu drehen, aber eine Hand griff in meine Haare und presste mein Gesicht in den Dreck. Ich bekam keine Luft mehr, ich konnte nicht schreien. Meine Arme und Beine waren wie gelähmt. Wie ein Stromstoß breitete sich nackte Panik in meinem Körper aus, schmerzte in meinem Herzen und verebbte dann. Der Griff an meinem Hinterkopf wurde noch fester, der haarige Arm hielt dagegen und drückte mir die letzte Luft aus den Lungen. Ich erstickte! Ein neuer Angststoß jagte durch meinen Körper. Nach Luft schnappend wachte ich auf.
    Es war dunkle Nacht und nur schemenhaft konnte ich die Umrisse meines Bettes erkennen. Ich knipste die Nachttischlampe an und erst als ich die vertrauten Möbel und meine Fotos und Bilder an den Wänden sah, zog sich die Angst, die mich auch wach noch zittern ließ, zurück.
    Ich sprang aus dem Bett. Meine Beine und meine Arme funktionierten ganz normal. Ich tastete nach meiner Kehle und summte ein bisschen, um zu fühlen, wie ich Luft holen und Töne machen konnte. Alles ist in Ordnung, versuchte ich zu denken, alles ist gut. Aber ich wusste natürlich, dass das nicht stimmte. Ich setzte mich auf die Bettkante. Auf meinem Wecker war es kurz nach vier. Unmöglich, dass ich mich jetzt wieder ins Bett legte und weiterschlief.
    Ich schaltete den Computer an und tat das, was ich neuerdings ständig tat. Ich sah mir dieses gefakte Profil an, das unter meinem Namen und mit meinen Fotos im Netz stand. Ich wusste, ich sollte das nicht tun, aber ich konnte nichts dagegen machen. Es war wie eine Sucht. Ständig suchte ich nach neuen Kommentaren, verfolgte, wer was geschrieben hatte, und zitterte dabei. Schrieb Lisa etwas? Das interessierte mich vor allem. Sie hielt sich aber zurück. Sie war nicht mal in der Freundesliste des Profils. Gab es irgendwo einen Hinweis auf Stüpp7? Sosehr ich mich auch umsah und herumklickte, ich fand keinen.
    Die, die diese Dinge über mich schrieben, mich wegen meiner Arroganz verhöhnten („Halt’s Maul, du eingebildete Kuh!“, „Keiner will was von dir wissen“) oder meinen Körper im Bikini beurteilten, als sei ich ein Stück Vieh oder so etwas („Bisschen kleine Titten, aber sonst ganz okay“ und Schlimmeres), sahen ja nicht, wie ich meine Hände kaum unter Kontrolle hatte und meine Augen nass wurden. Es war nicht Angst, so wie ich sie hatte, wenn ich träumte. Ich schämte mich.
    In den ersten Tagen hatte ich von meinem echten Profil aus geantwortet. Da war ich noch wütend gewesen. Ich hatte immer wieder geschrieben, dass das Profil von jemandem hochgeladen worden sei, ich wisse auch nicht von wem, von irgendjemandem. Den meisten war das egal. Es gab auch Leute, denen ich leidtat. Das tröstete mich, aber es waren nur wenige. Die meisten waren in meiner Klasse und irgendwie misstraute ich inzwischen sogar ihnen. Wieso waren sie überhaupt so oft auf diesem Profil?
    Und wieso gab es das Profil überhaupt noch? Ich hatte von meinem echten Profil aus an den Provider geschrieben, aber noch keine Antwort bekommen. Ich versuchte es trotzdem noch einmal, ging auf die Seiten, auf denen man den Missbrauch melden konnte, und beantwortete da die Fragen. Dann schickte ich meine Beschwerde ab.
    „Julie?“, hörte ich die Stimme meines Vaters. Er klopfte an meine Tür. „Bist du schon wach?“
    Schnell klickte ich das gefakte Profil weg. Mein Vater machte meine Zimmertür auf.
    „Ja“, antwortete ich.
    „Du bist ja schon am Computer! Musst du noch Hausaufgaben machen?“
    „Nein“, sagte ich. Hoffentlich sah mein Vater nicht, dass ich geweint hatte.
    „Ich bin krank“, sagte ich. „Konnte nicht mehr schlafen.“
    Mein Vater legte kurz seine Finger auf meine Wange.
    „Fühlst dich auch etwas warm an. Leg dich mal lieber wieder hin.“
    Ich kroch in mein Bett. Mein Vater zog die Decke hoch und stopfte sie um mich fest, so als sei ich ein kleines Kind. Am liebsten hätte ich meine Arme um

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