Ich blogg dich weg!
Chance.“
„Was soll das?“, fragte ich.
„Conrad hat mir dabei geholfen. Sieh’s dir ganz an.“
Es war eine Homepage namens Do-not-fake-it und auf der Startseite wurde vor Fakes im Internet gewarnt. Aus aktuellem Anlass, schrieb da jemand. Es war nicht ganz klar, ob Ela oder Conrad sich den Text ausgedacht hatten. Die Seite war nicht mal schlecht gemacht.
Sie war mit dem gefakten Profil von Julie verlinkt und es wurde bereits heftig diskutiert. Es gab welche, die behaupteten, dass Julie in Wirklichkeit genau so sei, wie sie sich auf dem Profil darstellte. Es sei gar kein falsches Profil. Woher sollten denn die Bikini-Bilder kommen? Diese Bilder wurden auch hier gezeigt. Und außerdem gab es haufenweise Kommentare zu diesen Bildern. Ob Julie nicht mal vorbeikommen wolle? Und ziemlich eindeutige Sexangebote.
Einige rieten Julie, endlich den Provider zu kontaktieren und die Seite löschen zu lassen, andere riefen dazu auf, den Provider selbst zu boykottieren.
Dazu gab es ein Video über Julie. Es war aus mehreren Aufnahmen zusammengeschnitten. Zunächst sah man Jase Noju und wie Julie eine Zugabe sang, dann Julie bei einer Probe in der Schule, wahrscheinlich war es die Generalprobe vor dem letzten Schulfest, und zum Schluss, wie Julie diesen peinlichen Lachkrampf hatte, während Ela mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem improvisierten Catwalk lag.
Im Video war eingefügt, dass Ela sich einen Bänderabriss zugezogen hatte. So, wie es zusammengeschnitten war, wirkte die kichernde Julie hart und gemein.
„Was soll das?“, fragte ich. Meine Stimme war ganz heiser. „Und Conrad hat dir geholfen? Wie hast du das gemacht?“
„Ach, du weißt doch, wie Conrad ist.“ Ela lächelte mich an.
Sie hatte ihn bezirzt, ganz klar, mit ihren großen dunklen Augen und ihrem süßen Parfüm.
„Eine faire Chance“, sagte ich. „Wenn du das als faire Chance bezeichnest, dann …“
„Aber jeder kann hier doch seine eigene Meinung sagen. Das ist doch gut für deine Julie.“
„Du weißt, dass das nicht so laufen wird.“
Ela legte den Kopf schief. Ihre dunklen Kulleraugen rollten.
„Mit dieser Homepage trittst du die ganze Sache doch nur breit. Und außerdem sah es wirklich blöd aus, wie du nicht aufstehen konntest, weil dein Kleid so eng war.“
Ihre Augen wurden zu schmalen Schlitzen. Bevor sie etwas erwidern konnte, war ich durch die Tür.
„Wenn du jetzt …“, rief sie hinter mir her.
Ich drehte mich um und sah sie ein letztes Mal so, wie sie mir erschienen war, als ich mich in sie verliebte. Aber das war jetzt vorbei. Sie war nur eine dumme Kuh.
Ich mach dich fertig!
ela
JULIE
Während draußen der Herbstregen auf unseren ausgedörrten Rasen fiel, saß ich mit Augen groß wie Untertassen vor meinem Bildschirm. Die letzten zwei Tage hatte ich fast ausschließlich dort verbracht. Es machte mich ganz klein und fertig, aber ich konnte nicht anders. Es gab diese neue Homepage und Conrad hatte sich ganz offiziell ins Impressum geschrieben. Er wolle ganz neutral bleiben, schrieb er, aber er hatte keine Ahnung. War er etwa Stüpp7? Hatte er mein Profil gefälscht? Ich konnte es nicht so ganz glauben.
Am späten Abend tauchte ein neuer Thread auf. Ela – auch sie schrieb ihren Namen – drohte mir: „Du Hässliche! Ich mach dich fertig!“
Was sollte das denn jetzt?
Ich griff zum Handy und wählte Elas Nummer, aber sie ging nicht dran. Eine Zeit lang starrte ich weiter auf Conrads Seite. Ich mach dich fertig! Dann unterdrückte ich meine Nummer und rief sie noch mal an. Es meldete sich nur die Mailbox. Ich warf das Handy wütend in die Ecke, in der mein Sessel stand. Es hüpfte auf der Polsterung auf und ab.
Die ganze Nacht war ich wach und um fünf Uhr stand ich auf, duschte mich und machte mich für die Schule fertig. Ich war inzwischen so müde, dass ich im Bus fast einschlief.
Als ich Ela in der Klasse sah, war ich aber sofort hellwach. Sie sah betont gelangweilt in eine andere Richtung.
„Kannst du mir sagen, was das soll?“, fauchte ich sie an. „Du willst mich fertigmachen? Wie denn?“
Ela sah in Sebastians Richtung, aber er wandte sich ab.
„Du drohst mir und jetzt kriegst du die Zähne nicht auseinander!“, schrie ich. „Du feige Sau!“ Meine Stimme sollte eigentlich wütend klingen, doch sie war zu hoch und zu schrill.
„Hast du sie noch alle?“, fragte Ela. Sie zog belustigt einen Mundwinkel nach oben.
Ich versuchte sie zu schlagen, aber Sebastian hielt meinen
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