Ich blogg dich weg!
seinen Hals gelegt und mich fest an ihn gedrückt. Früher, als ich klein war, hatte ich das so gemacht, wenn mein Vater mich ins Bett brachte. Aber dann hätte ich geweint und mein Vater hätte gefragt, was los wäre, und danach hätte ich meinem Vater das Profil zeigen müssen. Warum eigentlich nicht? Ich holte tief Luft und wollte schon anfangen zu erzählen.
„Schlaf dich einfach mal aus, ja?“ Mein Vater war inzwischen wieder an der Tür. „Ich ruf in der Schule an.“
„Ja, mach ich.“
JASMINA
Am Nachmittag ging ich zu Julie hinüber. Sie wirkte nicht besonders krank, jedenfalls war sie im Keller und hörte sich den Mitschnitt einer alten Probe von uns an. Ich erkannte sofort, dass Noah das Schlagzeug spielte. Als sie mich sah, schaltete sie die Musik aus.
„Da hast du heute echt was verpasst“, sagte ich zu ihr.
Julie machte ein misstrauisches Gesicht, aber sie fragte nicht weiter.
„Ela und Sebastian haben sich gestritten, vor der ganzen Klasse.“
„Was?“ Julies Gesicht hellte sich etwas auf. „Worüber denn?“
„Die haben sich richtig angeschrien. Die Ermert war kurz davor, die beiden ins Klassenbuch einzutragen.“
Julie grinste jetzt. Was ich zu erzählen hatte, schien sie irgendwie zu freuen.
„Sebastian ist sich ziemlich sicher, dass Ela dieses gefakte Profil angelegt hat. Hat er jedenfalls eben beim Mittagessen gesagt.“
Julies Grinsen erlosch.
„Beim Essen? Wissen eure Eltern etwa Bescheid?“, fragte sie. Sie war wieder misstrauisch.
„Nein, wir haben zu zweit gegessen“, beruhigte ich sie. Meine Eltern hatten beide Sprechtag. Sie waren beide Lehrer und aßen sonst oft mit uns. „Jedenfalls klingelt jetzt die ganze Zeit bei uns das Telefon, aber Sebastian geht nicht ran.“
„Hm“, machte Julie nur dazu. „Also, ich glaube immer noch, dass Lisa was damit zu tun hat. Die Fotos vom Waldsee zum Beispiel, die hat doch Lisas Mutter gemacht. Was meinst du?“
„Keine Ahnung“, sagte ich.
„Und außerdem ist Lisa sauer auf mich. Und als das Profil im Netz war, hat sie mich so komisch angegrinst“, fügte Julie hinzu.
„Hat sie denn was gesagt?“
„Nein, sie hat nur gegrinst.“ Julie holte tief Luft. „Aber abends bin ich bei ihr vorbeigefahren. Ich war noch nicht ganz an der Tür, da kommt sie schon heraus und legt sich mit mir an.“
„Warum denn? Hat sie denn da gesagt, dass sie …“
„Nein“, sagte Julie. „Aber geleugnet hat sie es auch nicht. Ihre Mutter war da, ich glaube, sie hatte getrunken.“
„Lisa? Das glaube ich nicht“, sagte ich.
„Sie hat es nicht abgestritten, und das hätte sie ja wohl, wenn sie nichts damit zu tun hätte, oder?“
„Und was ist mit dem Fluch?“, fragte ich. „Hast du schon mal daran gedacht, wie oft die beiden uns an den Waldsee gefolgt sind? Da können die doch auch Fotos gemacht haben, oder?“
„Aber warum?“ Julie legte den Kopf schief. „Meinst du, sie fühlen sich von uns … Also, wir sind wirklich nicht gerade nett zu denen gewesen.“
„Nee, das waren wir wirklich nicht.“
SEBASTIAN
Es war bestimmt die hundertste SMS, die Ela mir schickte. Bitte , schrieb sie. Sonst nichts.
Gestern hatten wir uns in der Schule gestritten und heute waren wir mehrmals stumm aneinander vorbeigegangen, unter den Blicken der anderen aus der Klasse. Julie war immer noch krank, aber Jasmina hatte mir gestern Abend erzählt, dass es ihr eigentlich ganz gut ging. Ich glaubte das nicht.
Das Handy in meiner Tasche brummte wieder. Es war Ela und diesmal ging ich dran.
„Ich muss dich sehen“, sagte sie und zog die Nase hoch. Ihre Stimme klang verheult.
„Okay“, hörte ich mich sagen. Anscheinend war ich von Ela, ihren Anrufen und ihren SMS sturmreif geschossen worden.
„Komm vorbei.“ Ela flüsterte fast. Und bevor sie noch einmal bitte sagen konnte, sagte ich mit rauer Stimme schon: „Gut“.
Kurze Zeit später stand ich vor der Wohnungstür und Ela machte mir auf. Ich hatte erwartet, dass ihre Augen rot und verweint waren, doch sie hatte geduscht und sich sorgfältig geschminkt. Ihre Haarspitzen waren noch nass und verströmten einen süßen Duft.
Wir gingen in ihr Zimmer. Ihr Laptop war hochgefahren und sie zeigte darauf. Auf dem Bildschirm flimmerte ein Video, und ich erkannte zunächst nicht, was gezeigt wurde. Dann erinnerte ich mich. Es zeigte diese Modenschau, bei der ich am Mischpult gesessen hatte.
„Sieh’s dir an!“, sagte Ela. „Ich geb Julie eine faire
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