Ich blogg dich weg!
nicht wahr?“, fragte ich stattdessen.
„Hm“, machte Rolf und saugte nachdenklich an seiner Unterlippe. „Das ist gar nicht so einfach. Aber soweit ich das sehe, reicht es für eine Anzeige.“ Er redete langsam und schob weiter die Ausdrucke hin und her.
Ich musste schlucken.
„Diese Sachen hier erfüllen wohl die Tatbestände der Beleidigung und üblen Nachrede.“ Er hatte jetzt seine Anwaltsstimme und blätterte weiter. „Das hier ist eine Drohung. Und natürlich werden hier massiv deine Persönlichkeitsrechte verletzt.“
„Aber alles zusammen?“, fragte ich.
„Das ist ja das Problem“, sagte mein Vater. „Man muss das einzeln prüfen und einzeln anzeigen.“
Er studierte nochmals das Fake-Profil. „Hast du wenigstens den Provider angeschrieben und die Löschung der Seite verlangt? Wieso bist du damit nicht früher zu mir gekommen?“
„Weil ich … Ich weiß nicht. Ich hab mich geschämt, und außerdem … Du hattest immer so viel zu tun, und das alles.“
„Es bringt in den seltensten Fällen etwas, den Kopf in den Sand zu stecken.“ Rolf schüttelte den Kopf.
„Das Fake-Profil habe ich jedenfalls gemeldet“, sagte ich. „Aber der Provider hat mir noch nicht zurückgeschrieben.“
„Dann werden wir da auch weiter Druck machen!“ Rolf notierte sich etwas. Er schrieb wie immer mit dieser kleinen Häkchenschrift, die außer ihm niemand entziffern konnte.
Er griff nach den Blättern von Conrads Page und las sie aufmerksam durch.
„Hier steht ein Conrad Schrader im Impressum. Ist das dieser dicke blasse Bengel von gegenüber?“
„Ja.“
„Der kann was erleben“, murmelte Rolf. „Obwohl er es geschickt anstellt, indem er behauptet, dass er nur eine Diskussionsplattform über Fake-Profile zur Verfügung stellt. Aber wahrscheinlich nicht geschickt genug.“
Wir hörten den Haustürschlüssel im Schloss. Sandra kam aus der Klinik nach Hause. „Puh“, machte sie und zog sich die Schuhe aus. „War das ein Tag!“ Sie gab Rolf einen Kuss und beugte sich dann über meine Ausdrucke.
„Was ist das?“, fragte sie und fing an, die Seite, die ganz oben lag, zu lesen. „Dabei geht es doch nicht etwa um dich?“
Sie nahm das nächste Blatt und las weiter, danach das übernächste, eines mit den Bikini-Fotos. Sie zog immer weiter einzelne Blätter aus dem Stapel und studierte sie. Dann setzte sie sich zu mir aufs Sofa und zog mich an sich.
„Denen machen wir die Hölle heiß“, sagte sie und drückte mir einen Kuss auf den Kopf. „Die können was erleben.“
„Das wird juristisch gar nicht so einfach.“ Mein Vater sortierte die Blätter, die Sandra auf den Tisch gelegt hatte, wieder ein.
„Aber du weißt doch, wer dahintersteckt, oder?“, fragte meine Mutter mich. „Die kennen dich doch!“
„Ich hatte zumindest einen Verdacht. Aber jetzt weiß ich nicht mehr so genau …“
„Also, bei diesem Conrad wird es einfach.“ Mein Vater tippte auf den einen Stapel. „Wir müssen allerdings prüfen, inwieweit der Provider dazu verpflichtet ist, die Anmeldedaten für das falsche Profil herauszugeben.“
Sandra zog sich ein weiteres Blatt heran und Rolf warf einen kurzen Blick darauf. Es war der Ausdruck, auf dem ich bedroht wurde.
„Wenn wir da die richtigen Namen herausfinden … Kennst du eine Ela?“
„Klar, das ist die Exfreundin von Sebastian“, erklärte ich.
„War die nicht sogar schon hier? Auf der Party für Noah?“, fragte Sandra. „Und dann traut die sich, so etwas zu schreiben? Und Sebastian? Hat er auch etwas damit zu tun?“
„Nein, natürlich nicht!“
„Aber die knöpf ich mir vor! Und diesen kleinen Schrader auch.“
„Lass uns das hier juristisch prüfen und dann in aller Ruhe überlegen, was wir tun werden“, mahnte Rolf.
Aber Sandra zog schon ihr Handy hervor und wählte eine Nummer.
„Das können wir immer noch machen. Aber erst mal rede ich mit der Schrader und erzähle ihr, was ihr Sohn so an seinem Rechner treibt!“
Sandra stand auf und wartete, dass bei Schraders jemand ans Telefon ging. „Ja, Conrad! Hier ist Sandra von gegenüber. Ist deine Mutter da? Oder dein Vater?“ Sie lauschte, dann sagte sie: „Aber ich kann’s eigentlich auch gleich dir sagen. Entweder ist morgen deine Seite nicht mehr am Netz oder du kannst was erleben.“
Sie lauschte wieder und vor lauter Aufregung über das, was Conrad ihr erwiderte, musste sie hin und her gehen.
„Freie Meinungsäußerung?“, schrie sie plötzlich auf. „Das hältst du
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