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Ich darf nicht vergessen

Ich darf nicht vergessen

Titel: Ich darf nicht vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice LaPlante
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auf, einer der Männer gibt mir meine Jacke. Ich schaue mich nach der anderen Frau um, nach der Blondine, aber sie ist schon gegangen.
    A us meinem Notizheft. Der Eintrag in einer seltsamen, nach links geneigten Handschrift ist mit 8. Januar datiert, und darunter steht der Name Amanda O’Toole.
    Bin heute auf einen kurzen Besuch vorbeigekommen. Es scheint dir ganz gut zu gehen, Jennifer. Du hast mich erkannt. Du hast dich erinnert, dass ich letztes Jahr am Knie operiert wurde, und daran, dass ich vorhabe, dieses Jahr auf der hinteren Veranda, wo viel Sonne hinkommt, Tomaten in Töpfen zu pflanzen. Eine von den guten, alten Sorten. Du siehst nicht sehr gesund aus. Du hast abgenommen, und deine Augen sind gerötet. Es tut mir weh, dich auf diese Weise zu verlieren, meine alte Freundin.
    Aber heute war es schön. Wir haben im vorderen Zimmer gesessen und uns unterhalten, vor allem über unsere Männer. Peter und James und Mark. Du konntest dich nicht erinnern, dass Peter und James fortgegangen sind, der eine nach Kalifornien, der andere an einen Ort, wo es entweder viel besser oder viel schlimmer ist als hier.
    Peter ist ganz begeistert von Kalifornien. Er schreibt mir regelmäßig E-Mails, weißt du. Er erkundigt sich nach dir. Nach vierzig Jahren Ehe kappt man nicht alle Verbindungen. Peter und seine Suche nach spiritueller Erkenntnis. Er wohnt mit einer Studentin, einer Esoterikerin, in einem Wohnwagen in der Mojave-Wüste. Die Leute fragen mich, wie ich das aushalte – verlassen worden zu sein, wie sie es nennen.
    Ist das Haus nicht schrecklich leer?, fragen sie mich. Tja, das war es doch immer, antworte ich, wir zwei in dieser riesigen Höhle. Wenn du dein Haus verkaufst und wegziehst, ziehe ich vielleicht auch weg. Mich hält kaum etwas in dieser Straße.
    Du hast darüber gesprochen, dass du dir wegen Mark Sorgen machst. Weil er immer mehr die schlechten Charaktereigenschaften von James entwickelt, ohne dessen Stärken zu besitzen.
    Ich bin da anderer Meinung. Mark hat eine verletzliche Seite, die ihn retten könnte. Und das weiß er auch. James hätte niemals irgendwelche Schwächen eingestanden. Er war total von sich überzeugt, bis zum Schluss. Es kann beruhigend sein, so jemanden um sich zu haben, einen Partner, der sich seines Platzes auf der Welt so vollkommen sicher ist.
    Aber diese Art Selbstvertrauen birgt auch Gefahren. Wenn man den Fehler begeht, so jemandem auch dann zu folgen, wenn er den unvermeidlichen Fehltritt begeht, dann ist man mitgefangen. Dann geht man gemeinsam unter. Ein bisschen gesunde Skepsis ist gut, ja, sie ist unabdingbar in einer Ehe. Ab und zu muss man sich widersetzen. Das hast du nicht genug getan.
    Ich will dir etwas sagen: Meine Ehe hat sich nach vierzig Jahren in Luft aufgelöst, ohne eine Spur zu hinterlassen. Sollte der Tod einer Ehe geruchlos sein? Geschmacklos? Nein. Es sollten gewisse Rückstände zurückbleiben. Dass es keine Rückstände gibt, sagt mir, dass bei Peter und mir irgendetwas nicht gestimmt hat. Dass es so einfach war, dass es so still vonstatten gegangen ist.
    Als James gestorben ist, hast du wenigstens etwas empfunden. Auch wenn deine Gefühle sich auf seltsame Weise Bahn gebrochen haben. Ich weiß, dass du dich nicht daran erinnerst, aber du hast dich in die Gartenarbeit gestürzt. Ausgerechnet du. Besser gesagt, du hast angefangen, in deinem Garten Löcher zu buddeln.
    Und nachdem du ungefähr ein Dutzend Löcher gegraben hattest, hast du Rosenstöcke hineingesetzt, die du in der Gärtnerei auf der Halsted Street gekauft hattest. Das erste Mal, dass du so einen Laden betreten hast. Dann hast du die Rosen sich selbst überlassen. Natürlich sind sie eingegangen. Dein Garten war übersät mit kleinen Erdhügeln, aus denen verwelkte Pflanzen ragten. Das Werk eines verrückten Maulwurfs.
    Kannst du dich an irgendetwas aus der Zeit erinnern? Da haben sich bei dir die ersten Symptome bemerkbar gemacht. Natürlich hattest du mir von deinen Befürchtungen erzählt. James hattest du nichts gesagt. Hast du mit deinen Kindern darüber gesprochen? Ich glaube es eigentlich nicht. Du hast einfach eine Pflegerin eingestellt und es ihnen überlassen, sich einen Reim auf alles zu machen.
    Magdalena sagt, dass deine aggressiven Anfälle häufiger werden. Ich habe bisher noch keinen erlebt. Magdalena meint, ich hätte einen beruhigenden Einfluss auf dich. Ich bin nicht

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