Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Titel: Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DOROTHY ELBURY
Vom Netzwerk:
Benedict sah, dass sie die Hand in Richtung des zitternden Jugendlichen hob, hatte er genug. Mit drei langen Sätzen war er bei ihr und riss sie hoch. „Sie törichte Person!“, knurrte er mit mühsam unterdrückter Wut, als er sie unsanft auf die Füße stellte und von dem Bäckerburschen fortzog. „Was zum Teufel wollten Sie dem armen Jungen antun?“
    Mit hochrotem Gesicht wirbelte Jessica herum. Doch im gleichen Moment, als ihr flammender Blick dem zornentbrannten Wyverns begegnete, erstarb ihr die empörte Entgegnung auf den Lippen. Nicht schon wieder! schoss es ihr durch den Kopf, während sie gleichzeitig das Gefühl hatte, dass ihr das Herz in die Kniekehlen rutschte. Warum muss er ausgerechnet jetzt auftauchen!
    „Ich … ich …“, stammelte sie hilflos, aber Wyvern hatte sich bereits ihrem Bruder zugewandt, der just in diesem Moment von seiner vergeblichen Verfolgungsjagd zurückkehrte.
    „Sind Sie nicht in der Lage, Ihre Schwester an die Kandare zu nehmen?“, empfing er den jungen Mann ungehalten. „Wenn diese Episode sich auch nur in Ansätzen herumspricht, wird Ihre Familie im gesamten ton zum Gegenstand des Gespötts.“
    Nicholas zuckte schuldbewusst zusammen. Wyverns zornige Miene ließ es ihm nicht angeraten erscheinen, Jessicas Verhalten zu verteidigen, wollte er nicht eine weitere Zurechtweisung riskieren. Jessica indes, die ihre Fassung wiedergewonnen hatte, sprang ihrem Bruder umgehend zur Seite.
    „Lassen Sie ihn in Ruhe!“, fauchte sie Wyvern an, stellte sich zwischen Nicholas und ihn und fixierte ihn wütend. „Wenn Sie unbedingt jemanden anschreien müssen, dann halten Sie sich an mich. Mein Bruder hat nur versucht zu helfen – was mehr ist, als man von Ihnen behaupten kann.“
    Als der Blick aus den großen, vor Zorn funkelnden grünen Augen sich auf ihn richtete, hatte Benedict das Gefühl, von einem Blitz getroffen zu werden. Er war so überwältigt, dass er für einen Moment glaubte, in dem smaragdfarbenen Lodern zu verbrennen. Das Blut pochte ihm schmerzhaft laut in den Schläfen, während er verzweifelt versuchte, seine Aufmerksamkeit etwas Harmlosem, Alltäglichem zuzuwenden und sich aus dem beunruhigenden Bann von Miss Beresfords ungewöhnlichen Augen zu befreien.
    Der Anblick des Backblechs auf dem Kopfsteinpflaster zu seinen Füßen und der kläglichen Reste der Pasteten, die darum herum verstreut lagen, brachte ihn in die Wirklichkeit zurück. Mit einem Stirnrunzeln beäugte er den Bäckerbuben, der immer noch zitternd an der Wand kauerte. Soweit er sehen konnte, war der Junge nicht verletzt. Warum also hatte er sich nicht längst hochgerappelt?
    Er trat an den verängstigten Jugendlichen heran und berührte ihn an der Schulter. „Hoch mit dir, mein Junge“, ermunterte er ihn. „So schlimm kann es doch nicht gewesen sein, oder?“
    „Es hat keinen Zweck, in diesem Ton mit ihm zu sprechen.“ Miss Beresford kam zu ihm geeilt und zog ihn energisch von der zusammengekauerten Gestalt fort. „Er ist völlig starr vor Angst, sehen Sie das nicht? Und unter den gegebenen Umständen finde ich das eine völlig nachvollziehbare Reaktion für einen Menschen wie ihn.“
    Benedict bemühte sich, jeden Blickkontakt mit ihr zu vermeiden. „Einen Menschen wie ihn?“, wiederholte er verständnislos. „Was meinen Sie damit?“
    Sie starrte ihn ungläubig an. „Aber Sie haben doch sicher bemerkt … dass der Junge … Was ich sagen will, ist … Er ist anders als wir … Er ist …“ Ihre Hand flog zu ihren Lippen, als müsse sie sich davon abhalten, mehr zu äußern.
    „Er ist das, was wir bei uns zu Hause in Kirton Priors einen Einfältigen nennen“, kam ihr Bruder ihr zu Hilfe. „Wir sind mit einem von ihnen aufgewachsen – einem riesigen, unvorstellbar starken Burschen, der die geistigen Fähigkeiten eines Dreijährigen hatte.“ Nicholas Beresford trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. „Deshalb müssen Sie doch einsehen, dass wir nicht tatenlos zusehen konnten, wie man diesem Jungen hier übel mitspielte, Mylord“, setzte er leiser hinzu.
    Diesmal war es an Benedict, schuldbewusst zusammenzuzucken. Er begriff, dass ihm all diese Dinge selbst aufgefallen wären, hätte er nur genauer hingesehen. Der Bäckerjunge, der sich nach wie vor angstvoll an die Häuserwand drängte, war ohne Zweifel genau das, was der junge Beresford von ihm behauptete.
    Er sah Miss Beresford an, die seinen Blick mit trotzig gerecktem Kinn erwiderte und mit einer ungeduldigen

Weitere Kostenlose Bücher