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Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Titel: Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DOROTHY ELBURY
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zittrig. „Sie haben allen Grund, verstimmt zu sein, Mylord“, versicherte sie ihm. „Ich wünschte nur, ich könnte etwas tun, um Ihre Laune zu heben.“
    Ein wenig trocken erwiderte Benedict ihr Lächeln und dankte ihr für ihre Anteilnahme. Gleichzeitig schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, dass es ganz gewiss ein Schritt in die richtige Richtung wäre, wenn sie sich ihm einfach in die Arme werfen und ihre verführerischen Lippen auf seine pressen würde – zumindest, soweit es die schmerzhafte Sehnsucht anging, die er in seinem Herzen verspürte.
    Sie verfielen in Schweigen, und während Benedict sich darauf konzentrierte, sich eine halbwegs akzeptable Begründung für sein Verhalten an diesem Morgen zurechtzulegen, die er seiner gespannt wartenden Großmutter unterbreiten konnte, dachte Jessica über die gerade erlebte Situation bei Gunter’s nach. Vor allem die sonderbare Wortwahl des verstorbenen Earl wollte ihr nicht aus dem Sinn gehen, und sie fragte sich, was er mit dem Ausdruck „hinterlasse dir die Zeche“ gemeint haben mochte. Bedeutete er, dass Wyvern für irgendwelche folgenreichen Fehler geradestehen sollte, die der Schreiber in der Vergangenheit gemacht hatte?
    Sie erinnerte sich an eine Unterhaltung, die Imogen und Matt vor ein paar Tagen in ihrer Gegenwart geführt hatten.
    „Es ist doch absolut lächerlich, von dem armen Jungen zu erwarten, dass er die gesamten Spielschulden seines Bruders bezahlt!“, war Imogen entrüstet aufgefahren.
    „Keineswegs, meine Liebe“, hatte ihr Gatte erwidert. „Spielschulden haben Vorrang vor allen anderen Verpflichtungen. Für einen Gentleman sind sie Ehrenschulden.“ Matt hatte gelacht und seiner Gemahlin zärtlich die modisch kurze, äußerst kleidsame Frisur zerzaust. „Wie der große Dichter Lovelace sagt, wir Männer könnten euch Frauen niemals so sehr lieben, wenn wir unsere Ehre nicht noch mehr lieben würden.“
    Zu diesem Zeitpunkt hatte Jessica das Thema „Liebe und Ehre“ als ein romantisches Ideal abgetan, das zwischen die Buchdeckel der Romane gehörte, die sie und Imogen so gern lasen, und was all das mit der rätselhaften Botschaft des verstorbenen Earl an seinen Bruder zu tun haben sollte, war ihr ohnehin unverständlich. Doch obwohl es ihr keineswegs behagte, wie eine Stumme neben dem zugeknöpften Lord Wyvern zu stehen und im Stillen ihren säumigen Bruder zu verwünschen, kehrten ihre Gedanken immer wieder zu der merkwürdigen Formulierung zurück. „Hinterlasse dir die Zeche …“, murmelte sie, die Augen geschlossen, halblaut vor sich hin.
    „Wie bitte?“, hörte sie Wyverns verwunderte Stimme in ihre Überlegungen hinein sagen.
    Jessica hob die Lider, und als ihr Blick seinem begegnete, fragte sie ohne nachzudenken: „Die Zeche, Sir – was wird dort gefördert?“
    Auf Lord Wyverns Stirn erschienen Falten, und er sah sie verwirrt an. „Gefördert?“, fragte er zurück. „Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht folgen.“
    „Ich meine die Zeche Ihres Bruders“, versetzte Jessica mit vor Verlegenheit geröteten Wangen. „Die, von der er schrieb, dass Sie sich darum kümmern sollen. Wird dort Kohle gefördert? Zinn? Oder ein anderes Erz?“
    Benedict starrte sie an, als spräche sie eine fremde Sprache. Dann, mit einem Mal, machte sein verständnisloser Gesichtsausdruck einem leichten Lächeln Platz. „Ach so!“, sagte er und schüttelte den Kopf. „Sie haben das falsch verstanden. Theo wollte mir nur …“
    Er hielt inne, und ein eigentümlicher Ausdruck huschte über seine Züge. „Du meine Güte!“, stieß er hervor und griff sich an die Stirn. „Ich frage mich … lieber Himmel … Sie könnten tatsächlich recht haben! Wieso ist uns dieser Gedanke nicht gekommen? Meine liebe Miss Beresford, Sie sind wahrhaftig ein Genie!“
    Plötzlich erfüllt von einer sonderbaren Mischung aus Klarheit und Aufregung, machte er eine Bewegung auf Jessica zu und hätte sie ungeachtet der neugierigen Blicke der Passanten an sich gerissen, wäre nicht in genau diesem Moment der lange überfällige Nicholas Beresford aufgetaucht.
    „Tut mir leid, Schwesterherz“, rief der junge Mann außer Atem, „habe einen Burschen aus meinem Internat getroffen … und wir sind ins Plaudern geraten … ich habe erst eben gesehen, wie spät es ist“, keuchte er und setzte mit einer Verbeugung vor Benedict etwas ruhiger hinzu: „Vielen Dank, Mylord, dass Sie so nett waren, diesen unverbesserlichen Wildfang von einer Schwester zu hüten. Ich

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