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Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Titel: Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DOROTHY ELBURY
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Rocktasche und erstarrte. Dann versuchte er sein Glück in der rechten Tasche und schüttelte konsterniert den Kopf.
    „Großer Gott!“, stieß er hervor und sank zurück auf seinen Stuhl. „Ich bin ausgeraubt worden. Diese diebischen Lümmel haben meine Brieftasche gestohlen.“
    „Das ist ja schrecklich!“ Auch Jessica ließ sich auf ihren Stuhl sinken. „Sie müssen auf der Stelle den Konstabler rufen lassen, Mylord.“
    „Ich fürchte, dazu ist es zu spät.“ Benedict lächelte schief. „Geschieht mir recht, wenn ich nicht aufpasse, schätze ich.“ Er verfiel in Schweigen, dann entrang sich ein schwerer Seufzer seiner Brust.
    „Hatten Sie viel Geld bei sich?“, fragte Jessica mitfühlend.
    „Fast keins, zu meiner Erleichterung“, erwiderte er beinahe schroff, fischte einen Half-Sovereign aus seiner Westentasche und warf ihn dem wartenden Kellner zu. „Die Brieftasche war so gut wie leer.“
    „Nun, das ist doch zumindest ein kleiner Trost“, versuchte Jessica ihn aufzumuntern. Als er nicht antwortete, kam ihr der Gedanke, dass die Brieftasche womöglich etwas enthalten hatte, das von weit größerer Bedeutung für ihn war als Geld.
    „Die Sache scheint Sie sehr zu beschäftigen, Mylord“, fuhr sie vorsichtig fort. „Kann ich etwas tun, um zu helfen?“
    Mit leerem Blick starrte er sie über den Tisch hinweg an. Plötzlich erschauderte er, und eine abgrundtiefe Traurigkeit trat in seine Augen. „In der Brieftasche befand sich der letzte Brief meines Bruders an mich“, sagte er und verzog die Lippen in einem kläglichen Versuch zu lächeln. „Es ist kein weltbewegender Verlust – ich kenne den Wortlaut auswendig.“
    „Dann sollten Sie ihn unverzüglich aufschreiben“, drängte Jessica, „bevor Sie ihn vergessen – und das wird ganz sicher passieren.“
    Benedict schüttelte den Kopf. „Diese Gefahr besteht nicht“, sagte er, schloss die Augen und begann leise zu zitieren: „‚Ben, alter Junge, bin am Ende … habe alles vermurkst … sehe keinen Sinn mehr im Leben … hinterlasse Dir die Zeche … tut mir so leid … kümmer Du Dich darum … habe nicht mehr die Kraft …‘“
    An dieser Stelle geriet seine Stimme ins Schwanken. Erneut wurde ihm die Schwere der Verantwortung bewusst, die Theo ihm auf die Schultern geladen hatte, und unvermittelt überfielen ihn heftige Gewissensbisse.
    Was in Gottes Namen ist bloß in mich gefahren? dachte er entsetzt. Hier saß er, trank Tee, als habe er nichts Besseres zu tun, und versuchte sich bei einer jungen Dame einzuschmeicheln, der er sich ebenso wenig erlauben konnte, den Hof zu machen, wie er fähig war, zum Mond zu fliegen! Und das, nachdem er die einzige Chance, sein Familienerbe zu sichern, achtlos ausgeschlagen hatte und sich in Kürze mit einer ungehaltenen Tirade seiner Großmutter und den Lästereien seiner beiden Freunde würde auseinandersetzen müssen.
    Er sprang auf die Füße, half der einigermaßen verdutzten Jessica beim Aufstehen und geleitete sie ohne ein weiteres Wort nach draußen. Auf dem Bürgersteig ließ er, zu ihrer völligen Verwirrung, ihren Ellbogen los und stürmte in solchem Tempo in Richtung Ringford’s, dass sie Mühe hatte, mit ihm Schritt zu halten.
    Als sie bei dem Stoffgeschäft ankamen, blieb Benedict stehen und spähte die Straße hinauf und hinunter, aber von Jessicas Bruder war nichts zu sehen. Unterdessen hatte er jedoch seine Fassung wiedergewonnen und betonte, dass er es trotz des Zwischenfalls mit der gestohlenen Brieftasche bemerkt hätte, wenn Master Beresford vorbeigekommen wäre.
    „Wir können ihn nicht verpasst haben“, erklärte er mit mehr Entschiedenheit, als er empfand. „Ihr Bruder würde doch sicher nicht ohne Sie nach Hause gehen?“
    Der Anblick von Lord Wyverns mürrisch zusammengezogenen Brauen genügte, um Jessica davon abzuhalten, ihren jüngeren Bruder zu verteidigen. Sie schüttelte stumm den Kopf, und Benedict, daran gewöhnt, dass sie ihre Meinung freimütig zu äußern pflegte, warf ihr einen erstaunten Blick zu. Als er ihren gequälten Gesichtsausdruck sah, lächelte er reumütig.
    „Meine liebe Miss Beresford“, sagte er und ergriff ihre Hand. „Ich muss Sie inständig um Verzeihung bitten. Mir scheint, der Verlust meiner Brieftasche hat nachteilige Auswirkungen auf meinen gesunden Menschenverstand. Ich kann nur hoffen, dass Sie mir diese erschreckende Zurschaustellung schlechter Manieren vergeben können.“
    Besänftigt sah Jessica zu ihm hoch und lächelte

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