Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica
fieberhafter Aufregung lief Felicity zum Fenster und sah Benedict zielstrebig von dannen marschieren. Sie wirbelte herum und stürzte aus dem Salon, die Mutter dicht auf ihren Fersen. Eine halbe Minute später stand sie im Arbeitszimmer ihres Vaters und verlangte eine Erklärung für den vorzeitigen Aufbruch Lord Wyverns.
Nachdem sie Sir Jonathans einigermaßen verworrenen Bericht über Benedicts Gründe, nicht um ihre Hand anzuhalten, vernommen hatte, rannte Felicity, ohne sich um die schockierten Proteste ihrer Mutter zu kümmern, in die Eingangshalle, ließ nach ihrer Zofe rufen und sich Hut und Handschuhe geben und stürmte aus dem Haus. Ich muss Benedict einholen und ihm erklären, dass ich die tiefe Zuneigung, von der er glaubt, sie mir als seiner Ehefrau entgegenbringen zu müssen, für nicht notwendig erachte, dachte sie, der Panik nahe. Und ich muss ihn auf die vielen Vorteile hinweisen, die es für ihn mit sich bringt, wenn er mich heiratet . Gentleman, der er war, würde er sie anhören und es als seine Pflicht erachten, sie nach Hause zu begleiten, sodass sich ihr noch eine letzte Chance bot, ihrer Sache zum Erfolg zu verhelfen.
Sie erreichte den Parkausgang zur Berkeley Street gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie zuerst der Earl und eine Minute später Jessica Beresford mit einer älteren Frau, bei der es sich vermutlich um ihre Zofe handelte, in Gunter’s Teestube verschwand.
Gleichermaßen wütend wie verzweifelt angesichts der Tatsache, dass ihr Plan, Lord Wyvern abzufangen, fehlgeschlagen war, begann Felicity vor der Fensterfront der Teestube auf und ab zu wandern. Unter den Augen ihrer verdutzten Dienerin spähte sie angestrengt durch die Scheiben, beobachtete ihn und Jessica Beresford und musste schließlich nicht nur mit ansehen, wie Lord Wyvern seiner Begleiterin einen äußerst kostspieligen Fächer schenkte, sondern der dreisten Person auch noch die Hand hielt!
An diesem Punkt war Felicity den Tränen nahe und beschloss, nach Hause zurückzukehren. Während sie, gefolgt von ihrer Zofe, niedergeschlagen zurück in die Mount Street trottete, blieb ihr genügend Zeit, sich die Ereignisse des vergangenen Abends ins Gedächtnis zu rufen. Dabei kam ihr Wyverns unerklärlich hastiger Rückzug aus dem Ballsaal in den Sinn, der ungefähr zur selben Zeit stattgefunden hatte wie die Ankunft der Beresfords. Felicity runzelte nachdenklich die Stirn. Ihr fiel ein, dass Imogen sich kurz darauf besorgt über den Verbleib ihrer jüngeren Cousine geäußert hatte, und dann erinnerte sie sich, dass ihr der Earl ungewöhnlich still und geistesabwesend erschienen war, als er den Ballsaal schließlich wieder betreten hatte. Da ihr Vater sie nur einen Moment vorher von Lord Wyverns Bitte um eine Unterredung informiert und ihr zu deren voraussehbarem Ergebnis gratuliert hatte, war sie über Benedicts Zerstreutheit nicht beunruhigt gewesen, sondern hatte sie seiner Aufregung wegen des bevorstehenden Gesprächs zugeschrieben.
Nach allem, was seitdem geschehen war, musste sie nun jedoch annehmen, dass er und Jessica Beresford sich heimlich getroffen hatten – womöglich sogar, um die Verabredung von heute Morgen zu arrangieren! Kaum war ihr der Gedanke durch den Kopf geschossen, wallte heißer Zorn in Felicity auf. Dieses liederliche Geschöpf meint, jeden Mann haben zu müssen, auf den es ein Auge wirft, dachte sie zähneknirschend. Dass Wyvern seine Meinung geändert hat und mich zum Gespött der Leute macht, ist ganz allein die Schuld Jessica Beresfords .
Als sie die Stufen zur Eingangstür des draycottschen Stadthauses hinaufeilte, hatte sie sich entschieden: Sie würde mit der unverschämten jungen Dame abrechnen!
Jessica tat ihr Bestes, um an den richtigen Stellen zu nicken und zu lächeln, doch sie schaffte es kaum, Nicholas’ ausführlicher Schilderung des Treffens mit seinem bewunderten Schulkameraden mehr als die allernotwendigste Aufmerksamkeit zu schenken. Viel zu sehr war sie damit beschäftigt, das unentwirrbare Knäuel von Empfindungen zu erforschen, das der höchst irritierende Lord Wyvern in ihr hinterlassen hatte.
Gewiss, so sagte sie sich, konnte es nicht möglich sein, dass ein Gentleman, der den Gerüchten zufolge im Begriff stand, sich zu verloben, eine andere Frau so ansah, wie er sie die ganze Zeit angesehen hatte. Aber sie war sich ganz sicher, dass sie sich weder das verschwörerische Glitzern noch die Tiefe der Gefühle in seinen Augen eingebildet hatte. Sogar jetzt noch sandte
Weitere Kostenlose Bücher