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Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Titel: Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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gegenüber automatisch freundlicher und wärmer   – mit dem Effekt, dass uns unser Gegenüber tatsächlich mehr mag. Umgekehrt gilt: Wenn wir bezüglich der uns entgegengebrachten Sympathie unsicher sind oder gar Zurückweisung fürchten, verhalten wir uns reservierter und kühler   – und riskieren tatsächlich einen Korb. Zugegeben, dabei handelt es sich um eine recht simple Kausalität. Aber auch um eine, die erklären kann, warum sich manche Menschen auf Anhieb mögen oder eben nicht. Und warum einige Menschen stets beliebter sind als andere.
    Dazu gibt es ein bemerkenswertes Experiment des Psychologen Danu Anthony Stinson von der Universität von Waterloo, bei dem er 28   Männer zu einem Blind Date mit einer attraktiven Frau einlud. 14 seiner Probanden erzählte er, die Frau sei schon sehr nervös und unsicher, ob die Männer sie überhaupt attraktiv finden würden. Den anderen 14 schwitzenden Jungs gab er nur ein paar demografische Daten: 25   Jahre, blond, schlank, sportlich. Zwar kann man davon ausgehen, dass alle 28   Männer mit klammen Händen zum Rendezvous erschienen, aber nur die erste Gruppe fühlte sich angesichts der Nervosität ihrer Begleiterin augenblicklich besser und verhielt sich fortan selbstbewusster, aufgeschlossener und spürbar warmherziger   – was wiederum einen deutlich anziehenden Effekt auf die Frau hatte (selbst wenn diese eingeweiht war).
    Das Faszinierende an diesem Versuch ist, dass er darüber hinaus die Existenz von sogenannten sozialen Optimisten offenbarte. Diese Extremtypen kommen ganz ohne Manipulation aus und haben ein solch unerschütterliches Selbstvertrauen, beliebt zu sein, dass sie in letzter Konsequenz zu regelrechten Natursympathen avancieren (im Gegensatz zu den sozialen Pessimisten, die entsprechend einsam bleiben).
    So gab es bei dem Versuch auch einige Männer, denen Stinson und sein Team gar nichts zu sagen brauchten. Sie verhielten sich auf Anhieb offen und freundlich gegenüber der Fremden   – und schnitten prompt am besten ab. Im Umkehrschluss bedeutet dies freilich, dass wir selbst zu einem Gutteil beeinflussen können, wie sympathisch wir auf andere wirken   – und zwar nicht nur bei einem Rendezvous, sondern auch im Job oder auf einem Kongress. Wir müssen nur genug Resonanz erzeugen. Auch das ist letztlich eine Binsenweisheit. Jedoch eine, die im Alltag oft untergeht, obwohl sie der Volksmund längst kennt: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.

D ER M ITLÄUFER-EFFEKT
    Weshalb wir uns manipulieren lassen
    Politiker sind vor wichtigen Wahlen geradezu besessen von Prognosen. Das Datenmaterial dafür ist in Deutschland Legion, allein sechs große Wahlforschungsinstitute bieten Medien und Parteien ihre Dienste an   – aus mehreren Gründen: Der eine nutzt die Zahlen dazu, den Gegner kleinzureden, der andere will mit den Umfragewerten seine Anhänger motivieren und potenzielle Wähler mobilisieren. Doch es gibt noch einen dritten Grund, warum Vorhersagen bei Wahlen den Beteiligten wichtig sind. Die Politiker wissen, dass der Mensch gerne dem Herdentrieb folgt.
    Allzu oft erliegen wir der Versuchung, es anderen nachzumachen. Es ist ja auch bequemer, auf einem bereits existierenden Weg entlangzulaufen, als neue Wege zu gehen. Jeder von uns kann das im Alltag beobachten   – etwa bei Trampelpfaden durch den Wald. Sicher, irgendjemand war der Erste und hat den inoffiziellen Weg angelegt. Dann kam ein Zweiter, sah den Pfad und dachte sich: »Hey, da ist schon jemand langgegangen   – wird schon richtig sein!« Dann kam ein Dritter, sah den Pfad   – und so weiter. Tatsache ist: Dieses Nachahmerverhalten gibt es nicht nur bei Spaziergängen im Grünen, sondern überall. Bandwagon-Effekt heißt das im Angelsächsischen   – oder auf Deutsch: Mitläufer-Effekt.
    Der englische Begriff tauchte erstmals 1868 in den Vereinigten Staaten auf. Damals gab es einen berühmten Clown namens Dan Rice, der in den USA derart populär war, dass er sich eines Tages zutraute, für die Präsidentschaft zu kandidieren. Um die Werbetrommel zu rühren, benutzte er einen der beim Zirkus so beliebten Planwagen (englisch: bandwagon) und fuhr damit durch die Lande. Sein knackiger Werbeslogan: »Jump on the bandwagon!« Rices Erfolg war zwar nur von kurzer Dauer   – die Republikaner nominierten einen gewissen Ulysses Grant als Kandidaten, der die Wahlen schließlich auch gewann und als 18.   Präsident ins Weiße Haus einzog. Dennoch hatte Rice

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