Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen
hinterher viel sympathischer.
Wie bitte? Doch, doch, Sie haben richtig gelesen. Die meisten denken, wenn sie anderen bereitwillig helfen, mögen die sie mehr. Warum also sollte der Umstand, dass
wir
jemandem einen Gefallen tun, dazu führen, dass der andere
uns
stärker ans Herz wächst? Ersteres mag funktionieren, das Zweite stimmt aber genauso, wie die beiden Psychologen Jon Jecker und David Landy schon 1969 feststellten.
Damals versprachen sie ihren Probanden, dass sie durch die Teilnahme an einem Quiz Geld verdienen könnten. Nach einem kurzen Wissenstest teilten die Forscher sie in drei Gruppen auf: Der einen erzählte der Studienleiter dreist, dass er sein persönliches Geld in den Versuch gesteckt habe, nun aber leider pleite sei und sie ihm doch bitte etwas geben sollten. Der zweiten Gruppe erzählte eine Sekretärin, dass das Hochschulinstitut Geld in den Versuch investiert habe, das sie aber in Zeiten knapper Kassen dringend bräuchte. Einer dritten Gruppe wurde gar nichts gesagt, der Studienleiter exerzierte lediglich das Quiz. Danach sollten alle drei Teams sagen, wie sympathisch ihnen die jeweiligen Studienleiter waren. Man sollte meinen, dass die erste Gruppe ihren am wenigsten mochte. Immerhin wollte der ihnen Geld für seine persönlichen Zwecke abknüpfen. Falsch gedacht! Die Probanden mochten ihn am meisten. Erst zieht er ihnen das Geld aus der Tasche – und sie belohnen ihn dafür auch noch mit Sympathie. Ist das nicht seltsam?
Nein, es ist menschlich! Dahinter steckt die sogenannte Dissonanztheorie. Stellen Sie sich vereinfacht gesagt vor, dass Sie sich aus der Vogelperspektive beobachten. Nun sehen Sie, wie Sie jemandem einen Gefallen tun – was Sie streng genommen gar nicht müssten. Warum tun Sie das? Hier besteht also ein Widerspruch – und genau diese Spannung (Dissonanz) wollen wir beseitigen. Wir versuchen, unser Verhalten unbewusst vor uns selbst zu rechtfertigen. Und was wäre leichter, als dies mit purer, spontaner Sympathie zu begründen? Sonst hätten wir ihm den Gefallen ja wohl niemals getan, oder? Wir passen also gewissermaßen unsere Einstellung unserem Verhalten an. Man könnte auch sagen: Wir behumsen uns mal wieder selbst.
Psychologen nennen das Phänomen auch den Benjamin-Franklin-Effekt (oder kürzer: Ben-Franklin-Effekt), benannt nach dem Mitbegründer der Vereinigten Staaten von Amerika. Dem Sohn eines Seifen- und Kerzenmachers wurde schon als Kind eingetrichtert, dass man nicht immer nur an sein eigenes Wohl denken dürfe. Auf ihn geht auch das Sprichwort zurück: »Derjenige,welcher dir einmal eine Freundlichkeit erwiesen hat, wird eher bereit sein, dir eine weitere zu erweisen, als der, dem du selbst einmal gefällig warst.« Das war nicht nur so dahergesagt – Franklin wusste, wovon er sprach. Er selbst veröffentlichte nämlich nicht nur Artikel und verlegte eine Zeitung, er war auch ein umtriebiger Erfinder. Seine bekannteste Innovation ist vermutlich der Blitzableiter. Weniger bekannt ist jedoch, dass er ebenso eine frühe Form der heutigen Zimmeröfen erfand. 1742 entwickelte er einen Heizkessel, der bei geringerem Verbrauch die Wärme besser speicherte. Doch statt das Konzept zu behalten, schenkte er es seinem Jugendfreund Robert Grace. Später bot der Gouverneur Franklin an, ihm nachträglich das alleinige Patent wieder zuzuerkennen, doch Franklin lehnte ab mit der Begründung: »Da wir auch aus den Erfindungen anderer große Vorteile ziehen, sollten wir uns über eine Gelegenheit, anderen durch irgendeine Erfindung von uns zu dienen, freuen und ihnen diese freiwillig und großmütig zugute kommen lassen.« Klingt kompliziert, waren aber nur die Nachwehen des Ben-Franklin-Effekts.
DER C HAMÄLEON-EFFEKT
Warum wir Menschen mögen, die uns imitieren
Wer wäre das nicht gerne: auf Anhieb sympathisch? Natürlich gibt es diese unerhörten Glückspilze, denen, egal, wo sie hinkommen, sofort zahllose Herzen und schmachtende Blicke zuflattern. Die sich zwischen freien Drinks entscheiden können und dazu auch noch so gelangweilt dreinschauen können wie ein verwöhnter Mops. Alle anderen haben entweder Pech gehabt, ein Gesicht, das nicht ohne Make-up auskommt, oder Mundgeruch. So ist das Leben eben: ungerecht, unsensibel, undankbar. Dagegen lässt sich nichts machen. Oder doch?
Doch!
An den Sympathiewerten lässt sich gezielt arbeiten. Zwar wird man es vielleicht nicht unbedingt zum
sexiest human being alive
bringen, aber auch ohne chirurgische
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