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Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Titel: Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Meister macht
    Irgendwie schämt man sich ja immer ein bisschen mit. Mit dem britischen Skispringer Michael Edwards zum Beispiel, besser bekannt als »Eddie the Eagle«. Bei den Olympischen Winterspielen in Calgary belegte er gleich zwei Mal den letzten Platz. Oder mit dem äquatorialguinesischen Schwimmer Éric Moussambani. Bei Olympia 2000 in Sydney sorgte er für Aufsehen, weil seine einzigen beiden Kontrahenten im Vorlauf wegen Fehlstarts disqualifiziert wurden und er den Wettkampf deshalb allein bestritt. Moussambani schwamm dann auch noch mies: Für 100   Meter Freistil benötigte er ganze 112,72   Sekunden   – doppelt so lange wie der Weltrekord über diese Strecke und auch noch langsamer als die Bestzeit über 200   Meter. Peinlich.
    Aber mal ehrlich: Außer an solch wirklich grandiose Loser erinnert man sich kaum an das Heer der Gescheiterten und Erfolglosen. Eher ist es andersherum: Wir erinnern uns an die Herausragenden, die Überdurchschnittlichen, die Gewinner. Ganz gleich, ob im Sport, in der Politik oder in der Wirtschaft   – es sind immer wieder die Geschichten von phänomenalen Siegen, die uns aufhorchen und jubeln lassen und sich in unser Gedächtniseinbrennen. Was wir dann sehen und erinnern, ist aber meist nur der Erfolg. Seltener ist es der lange, harte und steinige Weg, der dorthin führt.
    Was macht einen Menschen erfolgreich? Diese Frage ist ungefähr so alt wie die Nacht. Die ultimative Antwort darauf allerdings deutlich jünger. 1985 veröffentlichte der Erziehungswissenschaftler Benjamin Bloom von der Universität von Chicago das Buch ›Developing Talent in Young People‹. Sein Ziel war es damals, herauszufinden, welche Faktoren Einfluss auf die späteren Fähigkeiten eines Menschen haben. Dazu analysierte er die Kindheit von 120   Spitzenkräften aus verschiedenen Gebieten, darunter Musiker, Künstler, Mathematiker und Neurologen. Fazit: Bloom konnte keinerlei Indikatoren identifizieren, die den Erfolg bereits erahnen ließen. Nur eines hatten die Erfolgreichen gemeinsam: Sie wurden einst von engagierten Lehrern angeleitet, von ihren Familien unterstützt   – vor allem aber hatten sie hart an sich gearbeitet.
    Der amerikanische Psychologe Anders Ericsson gilt heute als einer der weltweit führenden Experten für die Erforschung von Exzellenz. 2006 gab er mit Kollegen das ›Cambridge Handbook of Expertise and Expert Performance‹ heraus, das durch Blooms Arbeiten inspiriert war. Dort schildern mehrere Psychologen auf insgesamt knapp 900   Seiten, welche Faktoren Einfluss auf den Erfolg eines Menschen haben. Wer sich den Schmöker schenken will   – das monumentale Werk lässt sich in einem leider recht trivialen Satz zusammenfassen: Übung macht den Meister.
    Ericsson und die anderen Exzellenzforscher stellten bei ihren Untersuchungen fest: Selbst die begabtesten Talente mussten zehn Jahre lang üben, um internationale Wettbewerbe zu gewinnen. Dieses ewige Pauken und förderliche Trainieren wollen Ericsson und seine Kollegen sogar in harten Zahlen ausdrücken können: Demnach müssen wir uns mit einer Sache mindestens 10   000   Stunden beschäftigen. Erst dann sammeln wir genug Expertise, um zur Weltspitze gehören zu können. Oder wie es der Kung-Fu-Kämpfer Bruce Lee einmal ausgedrückt hat: »Ich fürchtemich nicht vor dem Mann, der 10   000   Kicks trainiert hat; ich fürchte mich vor dem, der einen Kick 10   000   Mal geübt hat.«
    Die Zahl selbst klingt in der Tat etwas sehr hoch. Rechnerisch ergibt sie sich allerdings so: Angenommen, man trainiert jeden, aber auch wirklich jeden Tag drei Stunden lang, dann kommt man in einem Jahr auf etwa 1000   Stunden Übung, in zehn Jahren auf 10   000   Stunden. Der U S-Bestsellerautor Malcolm Gladwell bezeichnete dies in seinem Buch ›Überflieger‹ später als die ›10   00 0-Stunden -Regel‹, als die sie heute bekannt ist.
    Damit keine Missverständnisse aufkommen: Es reicht nicht, über all die Jahre einfach nur ein und derselben Tätigkeit nachzugehen. Entscheidend für die spätere Exzellenz ist nach Ansicht von Ericsson »deliberate practice«, was so viel heißt wie
zielgerichtetes Üben
. Dazu sollte das Training folgende Bedingungen erfüllen:
     
    1.   Wir müssen uns vorher konkrete Ziele setzen   – und zwar nicht nur über das endgültige Ziel, sondern auch den Weg dahin.
    2.   Wir müssen die Übungen so gestalten, dass sie uns stärker machen. Es müssen also zuvor die Schwächen

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