Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen
»success breeds success«.
Der Effekt lässt sich in nahezu allen Lebensbereichen beobachten. Wer reich ist, profitiert von Steuererleichterungen mehr als ein Durchschnittsverdiener. Und werden die Steuern angehoben, können Millionäre wesentlich leichter ins steuergünstige Ausland wechseln als Otto Normal. Gute Schüler wiederum fallen in der Schule mehr auf und werden deshalb von den Lehrernmeist auch stärker gefördert als die nervigen Problemfälle. Und Top-Entscheider, haben sie erst einmal einen gewissen Status erreicht, brauchen sich über ihre künftigen Jobs in der Regel kaum noch den Kopf zu zerbrechen.
Wir denken da etwa an Thomas Middelhoff. Nach seinem wohl nicht allzu freiwilligen Ausscheiden bei Bertelsmann bezog er zunächst den lukrativen Posten als Europachef des Londoner Investors Investcorp. Danach wurde er Chef von Arcandor, was zwar nicht erfolgreich war – Quelle ging pleite, Karstadt wurde insolvent –, ihm aber auch nicht schadete. Wie die ›Welt‹ berichtete, verließ Middelhoff Arcandor »als steinreicher Mann«. Oder Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder. Nach dem Ende seiner politischen Karriere 2005 fiel er sanft in den Chefsessel des Ostsee-Pipeline-Betreibers Nord Stream. Sein Kollege, Ex-Außenminister Joschka Fischer, wiederum gründete erst eine eigene Beratung und schloss dann 2009 einen Vertrag mit den Energieversorgern RWE und OMV, ebenfalls als politischer Berater. Auch er macht jetzt Lobbyarbeit, allerdings in Konkurrenz zu Schröder für den geplanten Bau der Nabucco-Pipeline, die Erdgas vom Kaspischen Meer über die Türkei in die EU transportieren soll.
Auch im kleineren Maßstab des Berufsalltags sind die Folgen des Matthäus-Effekts regelmäßig sichtbar. Da gibt es zum Beispiel diese junge Kollegin. Nicht besonders talentiert, nicht übermäßig klug, eher alles so lala, aber hübsch anzusehen ist sie. Der Chef mag sie jedenfalls und gibt ihr deshalb ein kleines Prestigeprojekt. Das meistert sie und fällt damit auch noch anderen Chefs auf. Prompt bekommt sie das nächste Projekt. Und so weiter. Während sich die anderen Kollegen um sie herum abrackern, um endlich auch mal herauszuragen, fallen ihr die Aufstiegschancen scheinbar nur so in den Schoß. Der Verlauf ihrer Karriere: steil. Der der anderen: flach. Dabei mögen die durchaus begabter und fleißiger sein. Es nutzt ihnen aber nichts.
Der Matthäus-Effekt liefert zweifelsfrei eine der wichtigsten Erklärungen für die natürliche Benachteiligung der meisten vonuns. Oder wie es Soziologen euphemistischer ausdrücken: Er steht für »akkumulierte Vorteile«. Sicher, das ist jetzt vielleicht ein schwacher Trost für Betroffene. Es zeigt aber auch, wie wenig manch großartiger Erfolg tatsächlich von Fleiß, Begabung und Leistung abhängt. Oft wirkt er auf uns nur so, weil wir dazu neigen, großen Erfolgen überproportional mehr Bewunderung zu schenken als kleinen. Aber womöglich ist das für manchen ja ein Ansporn. Wenn das Leben schon unfair ist, dann seien Sie wenigstens hartnäckig.
D ER G EWÖHNUNGS-EFFEKT
Weshalb Toleranz ein Karrierekiller ist
Der Deutsche trinkt im Schnitt vier Tassen Kaffee pro Tag. Das entspricht etwa 160 Litern im Jahr. Damit ist er noch vor Bier das beliebteste Getränk der Deutschen. Zu verdanken hat er das zahlreichen positiven Eigenschaften: Er schmeckt gut, regt an, belebt Körper und Geist. Der Vorteil des Kaffees ist aber zugleich sein Nachteil. Koffein hat nämlich zahlreiche Nebenwirkungen. Nimmt ein Mensch über längere Zeit hohe Dosen davon zu sich, verändern sich die Nervenzellen. Der Kaffee hemmt die körpereigenen Adenosin-Moleküle. Die verhindern normalerweise die Ausschüttung von belebenden Botenstoffen wie Dopamin oder Noradrenalin. Deshalb regt Kaffee auch an: Der Koffein-Kick ist also in Wahrheit ein Dopamin- und Noradrenalin-Kick. Bei regelmäßigem Konsum jedoch bilden die Nervenzellen mehr Rezeptoren für Adenosin – ihnen fehlt das Signal. Das geht so lange, bis ein neuer, höherer Ausgleichspegel gefunden ist. Im Fachjargon heißt dieses Phänomen
Toleranz
. Weniger vorgebildete Menschen sprechen vom Gewöhnungs-Effekt. Er entsteht bereits nach sechs bis 15 Tagen starken Koffeinkonsums. Setztman den Kaffee dann abrupt ab, kann es zu regelrechten Entzugserscheinungen wie Kopfschmerzen oder Übelkeit kommen.
Der hier beschriebene Gewöhnungs-Effekt tritt auch im Job ein. Jede noch so anspruchsvolle Tätigkeit wird irgendwann langweilig,
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