Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen
über die Beine. Die Kampagne sorgte für allerlei öffentliche Erregung. Zudem kam es in dem Jahr laut Polizeistatistik zu einem ungewöhnlichen Anstieg von Plakatdiebstählen, insbesondere an Bushaltestellen. Gleichzeitig nahm die Verkehrsunfalldichte im Sichtbereich der Wäschewerbung auf erklärliche Weise zu: typisch Mann am Steuer. Psychologen würden auch sagen: typisch Valins-Effekt.
Schon ein Jahr bevor Anna Nicole Smith geboren wurde, also 1966, ging der Psychologe Stuart Valins einer interessanten Frage nach: Welche Faktoren beeinflussen, wie wir Bilder bewerten? Ist es das Motiv selbst oder spielen vielleicht auch unsere Emotionen und unsere Erregung dabei eine Rolle?
Um das herauszufinden, startete Valins ein für damalige Verhältnisse reichlich unzüchtiges Experiment. Er zeigte seinen männlichen Probanden Bilder attraktiver, halb nackter Frauen. Das heißt, um die Wahrheit zu sagen: Er zeigte ihnen Bilder aus dem ›Playboy‹ – immerhin im Dienste der Wissenschaft. Gleichzeitig zeichnete er den Pulsschlag der Männer auf und spielte ihnen die Herzfrequenz über einen Kopfhörer wieder ein. Dachten die Männer jedenfalls. Tatsächlich kam die akustische Rückmeldung von einem Tonband. Nur bei der Kontrollgruppe handelte es sich wirklich um die eigene Pulsrate – der Rest bekam entweder verlangsamte oder beschleunigte Herztöne zu hören. Valins ging es darum, seine Probanden über ihren Erregungszustand zu täuschen. Anschließend sollten sie die betrachteten Fotos bewerten und eines auswählen, das sie behalten wollten. Das Ergebnis ist ein weiteres Dokument für den dezentralen Aufbau männlicher Denkorgane: Am besten schnitten jene Bilder ab, bei denen Valins’ Probanden dachten, sie seien besonders erregt gewesen– obwohl ihnen die Forscher den rasenden Herzrhythmus lediglich simuliert hatten.
Dem Valins-Effekt ähnelt ein Phänomen, das Psychologen »Fehlattribution« nennen. Ein inzwischen legendäres Experiment dazu stammt aus dem Jahr 1974 und wurde von den beiden Psychologen Donald Dutton und Arthur Aron initiiert. Genauer gesagt fand es in Kanada an der Capilano Suspension Bridge statt. Die wackelige Hängebrücke gehört zu den eindrucksvollsten ihrer Art und führt auf 136 Metern geradewegs über eine 70 Meter tiefe Schlucht. Dutton und Aron forderten damals ein paar ausgewählte Männer auf, über den Abgrund zu schreiten. Auf der anderen Seite der Brücke wartete eine attraktive Studentin auf sie, die sie nach der Überquerung ansprach. Angeblich recherchierte sie einen Artikel über die Gegend und die Sehenswürdigkeiten – ob sie ihnen dazu ein paar Fragen stellen könnte? Das alles war jedoch Kulisse für das eigentliche Experiment, das nun folgte.
Die Studentin gab den Männern freiwillig ihre Telefonnummer, ihr Vorwand: Falls die noch Fragen zu dem Artikel oder Erscheinungstermin hätten, könnten sie sich gerne bei ihr melden. Klar, die meisten Männer ließen nicht viel Zeit verstreichen und riefen bei der jungen Frau an – auch, um sich mit ihr zu verabreden. Allerdings – und das ist der interessantere Teil – wurde das Experiment noch einmal wiederholt. Diesmal ohne Brücken-Mutprobe, sondern irgendwo an einer langweiligen Straßenecke. Nun klingelten deutlich weniger Männer bei der Studentin an. Das Ergebnis spricht für sich: Obwohl der Adrenalinkick vom heroischen Erlebnis der Brückenüberquerung kam, dachten die Probanden, die hübsche Frau hätte ihnen weiche Knie und Herzklopfen bereitet. Emotional völlig berauscht, wollten sie sie anschließend wiedersehen.
Aus beiden Effekten kann man gleich mehrere Dinge lernen: Das nächste Mal etwa, wenn Sie jemanden zu einem Rendezvous einladen und einen bleibenden Eindruck hinterlassen wollen, treffen Sie sich besser nicht an einem langweiligen Ort. Esmuss ja nicht gleich eine morsche Hängebrücke sein, über die Sie Ihre Verabredung lotsen, aber etwas mehr Pep als eine lauschige Restaurantecke darf der Treffpunkt schon haben – und Ihr Gegenüber wird Sie prompt viel aufregender finden.
Die zweite Erkenntnis: Männliche Erregung ist reine Ansichtssache. Es reicht schon aus, zu denken »Wow, diese Wäsche macht mich irre scharf!«, um diesen Verdacht tatsächlich zu erhärten. Oder um seinem Vordermann in die Knautschzone zu brettern.
DER ROMEO-UND-JULIA-EFFEKT
Warum das Gras nebenan immer grüner ist
Es ist eine Liebe, die nicht sein darf. Thomas ist schließlich verheiratet.
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