Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen
den Overconfidence-Effekt nennen. Demnach gehen wir, vereinfacht gesagt, davon aus, dass wir viel mehr wissen und mehr können, als das tatsächlich der Fall ist. Kurzum: Wir überschätzen unsere Fähigkeiten – in allen möglichen Lebenslagen. Wir glauben im Job mehr draufzuhaben, sind ein ebenso leidenschaftlicher wie überdurchschnittlicher Liebhaber und können überhaupt alles ein bisschen besser als die anderen. Der Klassiker in dem Zusammenhang: das Autofahren. Zählen Sie sich zu den besten 30 Prozent der Autofahrer? Klasse, das tun die anderen 80 Prozent der Befragten meist auch, selbst auf die Gefahr hin, dass die Rechnung dann nicht mehr aufgeht. Glauben Sie, den Abgabetermin für das nächste Projekt locker einhalten zu können? Natürlich.Als bei einer Studie amerikanische Studenten nach der Ausarbeitungszeit ihrer Hausarbeit gefragt wurden, antworteten sie im Schnitt: 34 Tage. Gebraucht haben sie dann aber 56 Tage.
Bei den meisten Menschen ist es leider so: Je schwieriger eine Aufgabe wird, desto größer ist ihre Neigung zur Hybris. Bei einfachen Angelegenheiten hält sich unser Übermut in Grenzen. Doch je mehr Selbstvertrauen wir haben, desto eher tendieren wir zur Selbstüberschätzung. Und mit einem derart gefährlichen Halbwissen ausgestattet, treffen wir tagein, tagaus zahlreiche Entscheidungen. Die kosten uns mitunter viel Renommee, im schlimmeren Fall sogar Arbeitsplätze. Dann nämlich, wenn Manager Fehler begehen, weil sie zu tollkühn agieren. Gerade die Isolation in Führungsetagen bildet einen perfekten Nährboden für übertriebene Selbsteinschätzung. Nach Ansicht von Daniel Kahneman liegt das vor allem daran, dass die heutige Managergeneration Projekte angeht, ohne vorher deren Erfolgswahrscheinlichkeit selbstkritisch genug abzuschätzen. Aber warum? Mathew Hayward und Donald Hambrick von der Columbia-Universität resümierten 1997 in einer Studie dazu: Wenn in einem Unternehmen bislang alles glattlief, führt der CEO das gerne auf seine eigene Leistung zurück – selbst wenn er damit gar nichts zu tun hatte. Und wo die Selbstverliebtheit grassiert, da blüht auch schon bald die Selbstüberschätzung.
Aber auch einfache Angestellte sind empfänglich für das süße Gift des Hochmuts. Etwa bei der Geldanlage: Wir glauben, uns auszukennen, und investieren in Werte, die wir eben doch nicht richtig einschätzen können. Damit spekulieren wir nicht besser als ein Affe. Burton Malkiel, Ökonomie-Professor an der Princeton-Universität, behauptete bereits 1973, dass es besser sei, einem Affen die Augen zu verbinden, ihn dann Dartpfeile auf Aktientitel werfen zu lassen und auf diese Werte zu setzen, als einem Investmentprofi zu vertrauen. Die Redaktion der ›Chicago Sun Times‹ probierte das vor einigen Jahren aus. Mit einem Weißstirnkapuziner namens Adam Monk. Zu Jahresbeginn 2003 gab man ihm den Kursteil der Zeitung und einen Stift.Damit kritzelte er fünf Aktien an. Nach zwölf Monaten hatte der Affe den Markt um 37 Prozent geschlagen. Im zweiten Jahr wiederholte die Redaktion das Experiment – wieder schlug sich Monk solide: 36 Prozent lag er über dem Markt. Im dritten Jahr durchlitt Adam Monk eine kleine Schaffenskrise und erreichte nur drei Prozent mehr als vergleichbare Indizes. Doch wer sein Geld tatsächlich dem Affen anvertraut hätte, wäre nach drei Jahren mit der doppelten Summe wieder ausgestiegen.
Zugegeben, es ist nicht wirklich ratsam, seine Altersvorsorge einem Weißstirnkapuziner zu überlassen. Dafür reagieren sie einfach auch zu unzuverlässig auf Anrufe oder Rückfragen. Und doch können wir uns vor falschen Entscheidungen schützen. Zum Beispiel mithilfe der folgenden drei Regeln:
1. Kenner konsultieren. Je wichtiger die Entscheidungen, desto kompetenter sollten die Personen sein, die Sie zurate ziehen. Das schließt selbst Affen mit dreijähriger Börsenerfahrung aus.
2. Paroli provozieren. Widerspruch muss nichts Schlechtes sein, im Gegenteil. Vernünftig dosiert (und argumentiert), können Sie davon nur profitieren. Suchen Sie sich also ganz bewusst Kritiker und Querdenker – und sei es nur, um sich mindestens einmal rechtfertigen zu müssen.
3. Chaos choreografieren. Leben Sie damit, dass Sie nicht alles können müssen und manche Dinge Zufall sind. Als die U S-Management -Forscher Jennifer Whitson und Adam Galinsky einmal Probanden Bilder beschreiben ließen, die objektiv keine erkennbaren Muster aufwiesen,
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