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Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Titel: Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Erwachsene. Natürlich wollen Eltern ihren Sprösslingen die nötige Dosis Selbstbewusstsein verabreichen. Und so loben sie den Nachwuchs, was das Zeug hält. Einer Studie der Columbia-Universität zufolge halten es 85   Prozent der amerikanischen Eltern für wichtig, ihren Kindern stets zu sagen, wie klug sie seien. Das ständige Lob solldabei helfen, sie für die raue Welt da draußen zu rüsten. Die Absicht ist zwar nobel   – aber kontraproduktiv. Psychologen haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Erkenntnisse gewonnen, die vor allem einen Schluss zulassen: Zu viele Komplimente à la »Wie klug du doch bist« fördern die Leistungsfähigkeit der Kleinen keineswegs   – sie verringern sie eher.
    Zehn Jahre lang hat die U S-Psychologin Carol Dweck von der Stanford-Universität mit ihrem Team die Auswirkungen von Lobeshymnen auf 400   New Yorker Schüler untersucht. Vier von Dwecks Mitarbeiterinnen gingen in verschiedene Klassen der fünften Jahrgangsstufe. Sie pickten sich jeweils ein Kind heraus, das einen einfach zu lösenden Geschicklichkeitstest absolvierte. Danach teilten die Wissenschaftlerinnen dem Schüler sein Ergebnis mit   – und gaben ihm ein unterschiedliches Feedback. Der eine bekam zu hören: »Du bist wirklich schlau.« Anderen wurde gesagt: »Du hast dich offenbar wirklich angestrengt.« Während den einen also hohe Intelligenz unterstellt wurde, rühmte man die anderen für ihre Willensstärke und Leistungsfähigkeit. Dann ging das Experiment in die zweite Runde. Jetzt hatten die Schüler die Wahl: Sie konnten sich entweder an einem schwierigeren Test versuchen oder an einem leichteren. Schon hier machte sich das unterschiedliche Feedback bemerkbar. Von den Kindern, die nach dem ersten Test für ihre Anstrengung gelobt worden waren, wählten 90   Prozent den schwierigeren. Wer ein Loblied auf seine Intelligenz erhalten hatte, wählte meist den leichteren Test. »Wenn wir Kinder für ihre Intelligenz loben«, schrieb Dweck in ihrer Zusammenfassung, »lenken wir ihr Verhalten in bestimmte Bahnen.« Dadurch entstehe bei ihnen Angst, Fehler zu machen und buchstäblich dumm dazustehen. Die Kinder in Dwecks Experiment wollten dieses Risiko vermeiden und wählten daher den leichten Test.
    In einem weiteren Versuch hatten die Fünftklässler keine Wahl mehr. Dweck und ihre Kollegen gaben den Schülern nun absichtlich einen schwierigen Test, der eigentlich für Siebtklässler gedacht war. Scheitern war also programmiert. Doch wiederreagierten die Kinder unterschiedlich. Wer zuvor Komplimente für seine Arbeitsmoral erhalten hatte, führte sein Scheitern auf eigenes Versagen zurück. Diese Kinder strengten sich im Test umso mehr an und testeten verschiedene Lösungswege. Auch wenn sie scheiterten, hatten die Kinder Spaß an der Denksportaufgabe. Ganz anders das Bild der Gruppe, der man vorab hohe Intelligenz unterstellt hatte. Sie nahmen das Scheitern zum Anlass, ihre Intelligenz anzuzweifeln, und gaben die Aufgabe nach kurzer Zeit schlecht gelaunt auf.
    Nun folgte der letzte Teil des Versuchs. Alle Fünftklässler bekamen einen Test, der so leicht war wie der erste. Wieder überraschte das Ergebnis: Wer für seinen Fleiß gelobt worden war, verbesserte sich im Vergleich zum Anfang des Experiments um etwa 30   Prozent. Wem Intelligenz unterstellt worden war   – eine Diagnose, die die Kinder inzwischen ja eigenhändig revidiert hatten   –, schnitt nun bis zu 20   Prozent schlechter ab. Carol Dweck hatte zwar erwartet, dass sich das Lob rächen würde, aber dass die Ergebnisse so deutlich ausfielen, war schon fast erschreckend. Sie nannte dieses Phänomen schließlich den Effort-Effekt: Nur wer seinen Kindern die Bedeutung von Anstrengung und Fleiß vermittle, gebe ihnen »Kontrolle über ihr eigenes Handeln«. Wer hingegen nur die Intelligenz lobpreist, nimmt den Kindern diese Kontrolle. Beim ersten Misserfolg stürzt das Selbstbild dann wie ein Kartenhaus in sich zusammen.

D ER F ISCHTEICH-EFFEKT
    Warum begabte Kinder keine Konkurrenz brauchen
    Für das eigene Kind ist das Beste gerade gut genug. Die meisten Eltern denken so. Die einen, weil sie sich vielleicht wünschen, dass es ihren Kindern einmal besser ergeht als ihnen selbst.Die anderen, weil sie ihr Statusempfinden auf die Sprösslinge projizieren und meinen, hier eine zweite Karriere nachholen zu können, die im Selbstversuch irgendwie vermurkst endete. Solche Eltern wetteifern dann in der Nachbarschaft darum, ein besonders

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