Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen
Vorlesungen, dazu Seminare, Hausarbeiten, Bücher lesen, Geld verdienen, abends Party bis in die Puppen. Wann soll man da noch lernen? Die meisten Studenten unserer Jahrgänge, wie viele Generationen davor und wir übrigens auch, haben also mit dem Klausurpauken in der Regel erst ein paar Wochen vor der Prüfung begonnen – und sind damit auch mehr oder weniger gut durchgekommen.
Aber war das richtig? Also nicht unter moralischen Gesichtspunkten, sondern eher unter ökonomischen. Anders gefragt: Gibt es eine optimale Art zu lernen? Und kann man sich auch überlernen?
Man kann. Die Psychologen Doug Rohrer und Harold Pashler haben optimale Lernkurven immer und immer wieder untersucht und dabei Überraschendes zutage gefördert. So teilten sie zum Beispiel ihre Probanden in zwei Gruppen ein und ließendiese Vokabeln lernen. Die erste Gruppe paukte den Stoff fünf Mal – und erreichte, nun ja, ein passables Ergebnis. Die zweite Gruppe büffelte doppelt so hart. Und tatsächlich: Mit diesem zusätzlichen Einsatz schafften sie drei Mal so gute Prüfungsergebnisse wie Gruppe eins. Damit war der Versuch allerdings nicht vorbei. Die Forscher testeten ihre Probanden erneut – nach einer Woche und noch einmal drei weitere Wochen später. Auch hier zunächst dasselbe Ergebnis: Die Studenten, die doppelt so lange gelernt hatten, erzielten auch nach einer Woche noch deutlich bessere Ergebnisse. Drei Wochen darauf war ihr Vorteil allerdings futsch. Beide Gruppen schnitten in etwa gleich schlecht ab. Die Erkenntnis daraus: Mehr lernen hilft – aber nur kurz vor dem Examen. Wer Wissen wirklich verinnerlicht, kann sich den zusätzlichen Aufwand sparen. Auf lange Sicht behält er deswegen nicht mehr (siehe auch Vergessens-Effekt).
Die wissbegierigen Forscher Rohrer und Pashler gaben sich damit nicht zufrieden. Nun wollten sie noch wissen, ob und wie sich Pausen zwischen den einzelnen Lerneinheiten auswirken. Und man ahnt es längst: Auch diese machten einen Unterschied. Dazu wiederholte das Duo das Experiment und baute Pausen ein – von fünf Minuten bis hin zu zwei Wochen. Das Resultat: Diejenigen, die sich zwischen ihren jeweiligen Lernphasen einen Tag freigenommen hatten, schrieben die besten Tests – wenn diese zehn Tage später stattfanden. Man kann diesen Lern-Effekt auch so zusammenfassen: Wer versucht, sich einen komplexen Stoff in kurzer Zeit einzuverleiben, wird wenig behalten. Die bessere Strategie ist, immer wieder Pausen zu machen und den Stoff sacken zu lassen. Vor allem aber: Je mehr einer langfristig lernt, desto länger sollten auch seine Pausen dazwischen sein. Die Ideallösung wäre also: Intensiv büffeln, Bücher zur Seite legen, Urlaub machen und kurz vor der Prüfung das Wissen noch einmal ins Kurzzeitgedächtnis trümmern. Instinktiv haben wir das damals also gar nicht so verkehrt gemacht.
D ER MOZART-EFFEKT
Warum klassische Musik nicht schlau macht
Es kommt nicht auf die Länge an, ehrlich nicht. Auch mit wenig lässt sich viel erreichen. Fragen Sie mal Frances Rauscher. Die amerikanische Psychologin von der Universität von Kalifornien in Irvine veröffentlichte 1993 im angesehenen Wissenschaftsmagazin ›Nature‹ eine Studie. Auf genau einer Seite, nicht mehr. Ihre Ergebnisse beschäftigen die Wissenschaft noch heute. Weltweit. Tausende von Seiten wurden ihr seitdem gewidmet.
Rauschers Studie trägt den Namen »Music and spatial task performance«, was übersetzt so viel bedeutet wie: Musik und räumliche Vorstellungskraft. Deren Basis: Ein Experiment mit 36 Studenten. Die Teilnehmer wurden damals in drei Gruppen eingeteilt und lauschten zehn Minuten lang unterschiedlichen Klängen: Die einen hörten Mozart, die anderen eine Entspannungs-CD, die Dritten nichts, nur Stille. Das war die Kontrollgruppe. Danach sollten alle eine Aufgabe lösen, bei der es auf räumliches Vorstellungsvermögen ankam. Die Gruppe, die Mozart gehört hatte, schnitt am besten ab, auf Platz zwei landeten die Lauscher der Entspannungs-CD. Sicher noch keine Raketenwissenschaft. Nun aber wandelte Rauscher die Resultate ihrer Studie um – und zwar in Intelligenzwerte. Und diese Entscheidung sorgt seitdem dafür, dass Wissenschaftler bis dato über ihre Studie streiten. Denn nach einigem Rechnen kam Rauscher zu dem Ergebnis, dass die Studenten nach dem akustischen Konsum von Mozart einen durchschnittlichen IQ von 119 aufwiesen, während die C D-Gruppe nur auf 111 kam. Wer in die Stille
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