Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen
hineingehorcht hatte, erreichte gar nur 110 Punkte. Zwar wies Rauscher in ihrem Einseiter explizit darauf hin, dass dieser Effekt zeitlich begrenzt und nach maximal 15 Minuten wieder verschwunden ist. Doch das hätten sie sich sparen können, die Studie war bereits in der Welt – und Don Campbell erkannte ihr Potenzial.
Der amerikanische Musiker und Autor hatte, anders als Rauscher,einen hervorragenden Instinkt für Vermarktung und ließ sich schon bald darauf ein Wort sichern: Mozart-Effekt. So lautet auch der Titel von Campbells Buch, das 1997 erschien und von der vermeintlich heilsamen Kraft der Musik erzählt. Mit kaum fassbarem Erfolg: Allein von den dazu erschienenen CDs setzte Campbell über zwei Millionen Stück ab. Beim Versandhändler Amazon gibt es noch heute Dutzende von Büchern,CDs und DVDs, die sich mit dem Mozart-Effekt beschäftigen. Aber es kommt noch besser: 1998 beschloss Zell Miller, der damalige Gouverneur des U S-Bundesstaates Georgia, an Frauen, die gerade ein Kind zur Welt gebracht hatten, Klassik-CDs zu verteilen. Kostenpunkt der Aktion: 100 000 Dollar. Florida erließ wenig später gar ein Gesetz, das die Beschallung von Kindergartenkindern mit klassischer Musik vorschrieb. Akustisches Intelligenz-Doping ganz im Sinne von Rauschers wissenschaftlichen Erkenntnissen.
So hatte Frances Rauscher das allerdings nicht gewollt. Bis heute betont sie, dass sie nie behauptet habe, Mozart oder irgendeine andere Musik könne die Intelligenz steigern. Aber inzwischen war das Gerücht in aller Munde – und die Leute wollten es gerne glauben. Selbst dann noch, als der deutsche Musikpädagoge Hans Günter Bastian im Jahr 2000 in einer Langzeitstudie an 170 Berliner Grundschulkindern keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Musikunterricht und geistigen Fähigkeiten feststellen konnte. Zum selben Ergebnis kommt auch eine Studie, die das Bundesbildungsministerium 2006 unter dem Titel »Macht Mozart schlau?« anfertigen ließ. Deren Umfang: 179 Seiten. Schließlich meldeten sich auch Forscher aus Mozarts Heimat zu Wort. 2010 fertigte Jakob Pietschnig von der Universität Wien eine Metastudie an, für die er 39 Arbeiten auswertete, mit insgesamt über 3000 Teilnehmern. »Ich empfehle jedem, Mozarts Musik zu hören«, resümierte Pietschnig, »aber die Erwartung, dadurch eine Steigerung der eigenen kognitiven Leistungsfähigkeit zu erzielen, ist nicht erfüllbar.« Wenn Sie wirklich intelligenter werden wollen, lesen Sie lieber mehr Bücher!
FÜR SCHNELLE AHA-EFFEKTE:
EFFORT-EFFEKT
Zu viele Komplimente und zu viel Lob fördern die Leistungsfähigkeit von Kindern keineswegs – sie verringern sie sogar.
FISCHTEICH-EFFEKT
Begabte Kinder entwickelten in einer Klasse mit leistungsschwächeren Schülern eine höhere Lernmotivation, denn ihre Talente fallen hier mehr auf, werden besser bewertet, was sie noch weiter anspornt.
LERN-EFFEKT
Mehr lernen hilft – aber nur kurz vor dem Examen.
MOZART-EFFEKT
Wer viel Musik von Mozart hört, wird angeblich schlauer. Stimmt nicht, zeigen neueste Untersuchungen. Es schadet aber auch nicht.
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ORT UND STELLE
– Wie wir arbeiten –
Es herrscht zu viel Dunkelheit in Deutschland. Weniger am Himmel oder in der deutschen Seele. Vielmehr ist es dort, wo wir arbeiten, viel zu finster. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass der menschliche Körper mindestens 2500 Lichteinheiten Lux braucht, damit er die Glückshormone Serotonin und Dopamin produziert und ausschüttet.
An einem schönen Sommertag ist das überhaupt kein Problem, der bringt bis zu 100 000 Lux. In den Büros hierzulande sieht das allerdings anders aus – der Richtwert für die Lichtstärke normaler Bürobeleuchtung liegt bei mickrigen 500 Lux. Kein Wunder also, dass der sprichwörtliche Bürohengst passionierter Pessimist ist, Bürostuten eingeschlossen. Nun könnte man sagen: »Ist doch egal, Pessimisten sind nur die unsympathischere Variante der Realisten!« Stimmt aber nicht. Die Einstellung hat gravierende Folgen: Wer miesepetrig vor sich hin dümpelt, kann kaum kreativ sein. Die einen leisten dann nur noch Dienst nach Vorschrift, die anderen haben innerlich gekündigt, und wieder andere malträtieren die Kollegen mit ihrer schlechten Laune. Das Resultat ist fatal: Intrigen statt Integration. Dabei sind sich Arbeitsforscher heute einig, dass die Stimmung am Arbeitsplatz wichtiger ist als finanzielle Anreize. Gut gelaunte
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