Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen
und macht sie damit wieder fit für das, was ihre eigentliche Aufgabe ist.
D ER K ORRUMPIERUNGS-EFFEKT
Weshalb Belohnungen demotivieren
Mehr Gehalt, mehr Prämien, mehr Boni, mehr, mehr, mehr. Schluss damit. Belohnungen vom Typ »Zuckerbrot und Peitsche«, insbesondere die monetären, können sich geradezu zerstörerisch auf die Motivation auswirken. Das haben zum Beispiel die Psychologen Mark Lepper (Stanford-Universität) und David Greene (Universität von Michigan) herausgefunden. Experten sprechen hierbei auch vom Korrumpierungs-Effekt.
Wie so oft, geht auch dieser Erkenntnis ein erhellendes Experiment voraus. Die 51 Vorschulkinder, die Lepper und Greene dazu beobachteten, wunderten sich vielleicht über die schrulligen Professoren, die ihnen beim Bildermalen zuschauen wollten, verloren sie aber schon bald wieder aus den Augen – so wie Kinder zwischen drei und fünf Jahren eben sind. Die Kleinen waren nämlich allesamt begeisterte Bildermaler, oder wie Lepper und Greene sagen würden: Sie waren intrinsisch motiviert.
Der Test selbst ging über mehrere Tage. Nach dem Zufallsprinzip wurden die Kinder vorab in drei Gruppen eingeteilt:
Der ersten Gruppe wurde erzählt, sie bekäme für ihre Bilder hinterher ein Zertifikat sowie eine Auszeichnung – vergleichbar mit der Ankündigung eines festen Lohns.
Die zweite Gruppe erhielt ebenfalls eine Auszeichnung – wusste vorher aber nichts davon. Sie wurde also mit dem Bonus erst bei der Abgabe ihrer Bilder überrascht.
Die dritte Gruppe bekam nichts. Entsprechend wurde ihnen vorab weder etwas in Aussicht gestellt noch versprochen.
Um den Faktor Neid auszuschließen, erhielten die betreffenden Kinder ihre Urkunden separat. Außerdem wurde einzeln beobachtet, wie sich ihre Malmotivation in den folgenden Tagen entwickelte. Das Ergebnis fiel mehr als eindeutig aus: Jene Kinder, die mit einem festen Lohn zu rechnen hatten, malten dramatisch weniger. Sie investierten nur noch die Hälfte ihrer Zeit in die Buntstifte und verbrachten den Rest lieber mit Spielen oder Faxen. Die Mallust der Kinder ohne jedwede Belohnung dagegen lag mit rund 15 Prozent der investierten freien Zeit deutlich höher. Am motiviertesten allerdings war die Gruppe mit Überraschungspreisen: Sie investierten fast 20 Prozent ihrer Zeit in neue Bilder.
Auch andere Studien – etwa unter Rauchern, die mit dem Qualmen aufhören wollten – kamen zu vergleichbaren Resultaten: Die Erfolgsquote sank jedes Mal drastisch, wenn die Probanden für das Erreichen ihrer – wohlgemerkt – selbst gesteckten Ziele belohnt wurden. Genau das ist der Korrumpierungs-Effekt: Durch den angekündigten Preis wird jede vorhandene Motivation durch einen extrinsischen Kick ersetzt. Und am Ende achten die Betroffenen nur noch auf den Kick statt auf den Spaß, den sie ursprünglich dabei empfanden. Besonders fatal: Das künstliche Doping muss meist auch noch von Mal zu Mal gesteigert werden, damit es seine Wirkung beibehält. Sobald Geld ins Spiel kommt, potenziert sich der Effekt. Mit Geld assoziieren wir nämlich in der Regel eine Form der Alimentierung. Es erinnert uns an Dinge, die wir eigentlich nicht tun wollen, wozu wir uns aber verpflichtet fühlen, weil wir ja einen Lohn dafür bekommen. Tödlich für jeden Funken Spaß.
Natürlich ist das kein Aufruf zum Lohnboykott. Gute Arbeit sollte fair bezahlt werden (siehe auch die Superstar-Theorie). Bloß der Erfolg des Instruments angekündigter Boni, insbesondere die in Millionenhöhe, scheint vor diesem Hintergrundmehr als fraglich. Bei Bankern ganz besonders. Aber auch bei Kindern ist es nicht allzu klug, sie regelmäßig für Dinge zu belohnen, die sie ohnehin gerne machen. Besser ist da ein kleiner Überraschungspreis von Zeit zu Zeit.
D AS HELFER-SYNDROM
Warum Neinsagen so schwerfällt
Der Hilfsbereitschaft haftet eine schier überirdische Aura an. Nobel sei der Mensch, doch göttlich wird er erst durch die selbstlose gute Tat. »Welch edler Charakterzug, sich doch immer wieder für aufopferungsvolle Hilfsbereitschaft zu entscheiden«, sinnierte einst der deutsche Publizist Peter Schumacher. Und sein Kollege Franz Schmidberger befand derweil moralingeschwängert, dass die Tugend zwar nicht immer belohnt werde, aber »trotzdem Sinn hat«.
Der Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer kam 1977 allerdings zu einem ganz anderen Befund: Helfen kann auch krankhaft sein. Dann etwa, wenn es zum Zwang wird; wenn das Bedürfnis zu helfen größer
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