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Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Titel: Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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jedenfalls.
    Man muss das gar nicht moralisch bewerten, das Ergebnis ist ohnehin klar. Dafür kann das Wissen um den Exzellenz-Effekt enorm dabei helfen, seinen künftigen Arbeitgeber oder einen potenziellen Vorgesetzten besser einzuschätzen. Denn natürlich lässt sich die AB C-Formel auch umdrehen, Motto: »Zeige mir deine Mitarbeiter, und ich sag dir, wer du bist!« Statt sich mit den heroischen Leistungen und Erfolgen eines Chefs zu beschäftigen, reicht manchmal schon der Blick auf dessen engste Vertraute. Handelt es sich dabei weitgehend um eine talentfreie Runde, sollten Sie gewarnt sein: Lassen Sie Ihr Licht vielleicht lieber anderswo leuchten.

D AS T INA-P RINZIP
    Warum wir auf Killerphrasen hereinfallen
    Auf so ziemlich jeder Gedankenautobahn trifft man irgendwann auf einen ebenso schwerfälligen wie manövrierunfähigen Bulldozer mit einer Frau am Steuer. Sie heißt: Tina. Tina besitzt den geistigen Horizont eines Wurzelwichts, aber das Auftreten vonRübezahl. Mangelnde Weitsicht und mentale Erstarrung macht sie mit viel Verve und noch größerer Vehemenz wieder wett. Sie ist sicher nicht ganz dumm, aber sie neigt zu Verkehrsbehinderungen und Blockaden   – insbesondere dann, wenn Herannahende signalisieren, einen Überholvorgang einleiten zu wollen. Kurz: Tina ist die personifizierte Engstirnigkeit, die Mutter aller Totschlagargumente, das geistige Kind des französischen Soziologen Pierre Bourdieu und Namensgeberin des gleichlautenden TIN A-Prinzips .
    Sie ahnen es natürlich längst: TINA ist keine reale Frau, sondern ein Akronym und steht für die Abkürzung
There Is No Alternative
– Es gibt keine Alternative! Jedenfalls behaupten das all die Eleven des Prinzips.
    Natürlich handelt es sich dabei um eine rhetorische Floskel, eine typische Killerphrase, die Widerspruch und Zweifel schon im Keim ersticken soll. Bourdieu hatte den Begriff geprägt, als er aufzeigte, dass Politiker ihre Entscheidungen regelmäßig mit derlei Phrasen zu begründen versuchen, vor allem dann, wenn ihnen echte Argumente fehlen. Die behauptete Alternativlosigkeit ist in aller Regel pure Propaganda, ein populistischer Akt, um Kritiker mundtot zu machen.
    Gäbe es nur Tina, wäre das vielleicht noch leicht zu durchschauen. Leider hat die Dame aber zahlreiche Schwestern, deren Akronyme zwar meist unaussprechlich und daher weniger einprägsam sind. Dennoch gehören auch diese Totschlagargumente regelmäßig zum Repertoire der Fortschrittsverweigerer und Veränderungsunwilligen. Wir vermuten deshalb ganz stark, dass auch Sie wenigstens einen der folgenden Sätze schon einmal gehört haben:
     
    »Das hat noch nie funktioniert!«
    »Das kann man nicht vergleichen.«
    »Das haben wir schon immer so gemacht!«
    »Das haben wir noch nie so gemacht!«
    »Das hat doch keinen Sinn!«
»Da könnte ja jeder kommen!«
    »Dafür ist es jetzt zu spät!«
    »Das ist eben so!«
     
    Und tatsächlich verfehlen diese Killerphrasen ihre Wirkung nur selten. Die meisten Menschen reagieren darauf zunächst einmal mit Verunsicherung. Die Größe des Generellen schüchtert sie ein, Zweifel an den eigenen Argumenten treten auf (Ist es dafür wirklich zu spät? Funktioniert es tatsächlich nicht?) und nehmen so die Energie und Wucht aus der eigenen Argumentation. Zugleich sollen diese Phrasen den anderen diskreditieren, den Kritiker herabsetzen und kleinmachen. Nicht selten schwingt bei derlei Totschlagargumenten im Subtext eine Beleidigung mit. Ganz nach der Devise: »So habe ich auch einmal gedacht, aber heute bin ich natürlich klüger.« Und manchmal sollen solche Sprüche auch nur ganz bewusst provozieren, einen wunden Punkt treffen und den anderen so aus dem Konzept bringen. Das ist   – keine Frage   – gemein, aber eben ganz häufig auch sehr effektiv.
    Zum Glück gibt es einige effektive Wege, einer chronischen Engstirn entgegenzutreten. Die eine Alternative ist, derlei Killerphrasen schlicht zu ignorieren, sich davon weder verunsichern noch ärgern zu lassen, sondern seine treffenden Gegenargumente weiterhin ruhig und souverän vorzutragen. Der Haken dieser Strategie ist jedoch, dass Vertreter des TIN A-Prinzips uns meist zu einem Schaukampf in eine Arena zerren wollen, bei dem sachliche Argumente im Getöse der johlenden Menge untergehen (sollen). Deshalb hat die französische Politologin Susan George einen Gegenentwurf entwickelt: TATA   – auch das ist ein Akronym   – steht für
There Are Thousands of Alternatives
– es gibt

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