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Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Titel: Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Tausende Alternativen! Das mag genauso übertrieben und populistisch sein, schlägt den Generalisten aber mit seinen eigenen Waffen und setzt so die inszenierte Alternativlosigkeit vorübergehend außer Kraft. Allerdings hilft es durchaus, wenn man seiner These der tausend anderen Optionen mindestens zweigute Vorschläge folgen lässt. Die dritte Reaktionsmöglichkeit ist, die Alternativlosigkeit selbst zu hinterfragen (was generell eine gute Idee bei Totschlagargumenten ist): »Wie kommen Sie überhaupt darauf?«, »Warum behaupten Sie das?« oder »Was macht Sie da so sicher?«.
    Letztlich aber geht es gar nicht einmal darum, Tina in einer Art Straßenwettrennen auszumanövrieren oder zu besiegen. Es kommt allein darauf an, sich von solch notorischen Verkehrsberuhigern weder ausbremsen noch aufhalten zu lassen. Das Ergebnis wäre   – um im Bild zu bleiben   – ein kilometerlanger Stau. Und im Stau zu stehen, ist selbst für kurze Zeit eine enorm frustrierende Erfahrung.

D ER MATILDA-EFFEKT
    Warum es Wissenschaftlerinnen schwer haben
    Von Trotula ist nicht viel mehr bekannt als ihr Vorname. Und selbst den kennen nur wenige. Wäre sie ein Mann gewesen, wäre es vielleicht anders gekommen. So aber geriet sie weitgehend in Vergessenheit. Wir wollen das hiermit ändern.
    Trotula war eine italienische Medizinerin im 11. oder 12.   Jahrhundert. Ganz genau weiß man das heute nicht mehr. Erwiesen ist jedoch, dass sie einst eine Abhandlung über Gynäkologie und Frauenkrankheiten schrieb. Ein für die damalige Zeit recht umfassendes Werk und obendrein sehr detailliert. Wir wollen es an dieser Stelle aber damit bewenden lassen, dass sie darin unter anderem betonte, wie wichtig gute Ernährung und viel Bewegung für Frauen seien. Na, werden Sie jetzt vielleicht denken, das ist nicht gerade das, was man bahnbrechend nennt. Heute. Sicher. Aber vor mehr als 800   Jahren war das so revolutionär, dass niemand an einen weiblichen Urheber glaubte. Noch bisins 20.   Jahrhundert behaupteten Experten, dass Trotulas Werk unmöglich von einer Frau geschrieben worden sein könne. Und das ist bis heute ein Knaller!
    Leider nicht der einzige. Da gibt es zum Beispiel noch Lise Meitner. Etwa 30   Jahre arbeitete die deutsche Chemikerin mit Otto Hahn zusammen. Anfangs durfte sie das Gebäude der Universität in Berlin noch nicht einmal durch den Haupteingang betreten   – auch zu den Hörsälen und Labors war ihr der Zugang verboten. All diese Schikanen konnten Meitner jedoch nicht davon abbringen, gemeinsam mit Hahn an den physikalischen Grundlagen der Kernspaltung zu arbeiten. Einmal dürfen Sie raten, wer am Ende den Nobelpreis dafür verliehen bekam. Genau: Es waren Otto Hahn und ein anderer männlicher Kollege.
    Wir könnten noch mehr Anekdoten von Frauen erzählen, deren wissenschaftliche Leistung von Männern   – ob bewusst oder unbewusst, sei jetzt mal dahingestellt   – geleugnet oder unter den Teppich gekehrt wurde. Dankenswerterweise hat diese Aufgabe die Wissenschaftshistorikerin Margaret Rossiter bereits 1993 in einem Aufsatz übernommen. Sie widmete ihn der U S-Frauenrechtlerin Matilda Gage. Kennen Sie nicht? Quod erat demonstrandum!
    Gage kämpfte im 19.   Jahrhundert gegen die Sklaverei und forderte die Trennung von Kirche und Staat. Und als ob das nicht schon Mühe genug gewesen wäre, kämpfte sie außerdem noch für mehr weibliche Anerkennung. Sie gab eine Zeitschrift heraus, schrieb Artikel und führte einen Frauenverband an. Dennoch ist sie heute so gut wie unbekannt. Ebenso wie Trotula oder Lise Meitner. Rossiter nannte diese Verdrängung der Leistung von Frauen, insbesondere der von Wissenschaftlerinnen, den Matilda-Effekt, benannt nach Matilda Gage. Er ist so etwas wie die Kehrseite des Matthäus-Effekts .
    Dessen Entdecker Robert Merton ist selbst ein weiterer Kronzeuge für die Existenz des Matilda-Effekts: Sein ursprünglicher Aufsatz basierte nämlich auf empirischem Material seiner Kollegin Harriet Zuckerman   – was Merton allerdings ungalantverschwieg. Umso verwunderlicher ist dies, weil Harriet Zuckerman nicht nur Mertons Fachkollegin war. Sie war seine Ehefrau.

D ER S UPERSTAR-EFFEKT
    Warum wir uns einschüchtern lassen
    Es gibt Menschen, für die scheinen Selbstzweifel überhaupt nicht zu existieren. Solche Typen meinen, dass sie allein mit ihrer Erkältung die Schmelze der Polarkappen aufhalten können. In ihrem Cabrio hören sie derart laut Musik, dass sich die Straßenpläne im

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