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Ich. Die Autobiographie

Ich. Die Autobiographie

Titel: Ich. Die Autobiographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Berger , Holde Heuer
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deshalb änderte ich mich nicht. Die Mansarde über ihm war mein Zimmer, als er an der Seine wieder eine Oper inszenierte. »La Traviata« mit Gabriella Freni und dem Dirigenten Giulini. Immer mit dabei sein Sekretär, der italienische Baron Alberto Fassini.
    Abends dinierten wir gemeinsam in einem seiner Salons, und wenn er schlief – unruhig, wie ich war, verkürzte ich manche Liebesstunde mit ihm auf einen Quickie – zog mich rasch um und schwirrte ab nach St. Germain. Boogie-Woogie machen! Er ging morgens um acht aus dem Haus, ich schlief bis mittags. Nothing happened, sagte ich, wenn er fragte. Er wusste nichts von meinen nächtlichen Ausflügen, die immer wilder wurden.
    Visconti war trotzdem tödlich eifersüchtig. Immer, auch in der ersten Zeit ohne Sex. Ich sagte ihm dann, ich schlafe nicht im Bett anderer, sondern in seinem. Ich ficke nicht in anderen Häusern, sondern in seinem. Manchmal fragte er nach seinem vielen Geld, das ich mit vollen Händen auch für Liebesaffären ausgab. Oh, là, là, ich antwortete, ich hätte es verloren oder davon Fetzen von Yves Saint Laurent gekauft. Gelegentlich schenkte ich ihm einen Flakon Hermès.
    Ich spielte ein Spiel, erst später verliebte ich mich unglücklicherweise unsterblich in Visconti. Unglücklich deshalb, weil ich mich für etwas entschieden hatte, das mir gegen den Strich ging. Mich zu verlieben. Als ich mich an ein geordnetes, aristokratisches, artistisches Leben endlich gewöhnt hatte, war er nicht mehr in mich verliebt. Da wurde ich fast wahnsinnig, buhlte um ihn. Das ewige Wechselspiel der Liebe begann.
    Visconti bestand auf ordentlichen Sprachkenntnissen. Jetzt begann die richtige Schule für mich. Zunächst einwandfreies Englisch, obwohl er das selber nicht perfekt beherrschte. Er finanzierte mir eine herrliche Wohnung am Eaton Place in Kensington. Ein Privatlehrer unterrichtete mich. Meine Tändeleien in meiner Clique waren eine der Berger-Seiten, die Kehrseite war noch unbeschrieben.
    Schon damals während meines zweiten London-Aufenthalts fühlte ich mich wie die Verlobte von Visconti. Versank geradezu in Kaufräuschen. Hier Fetzen und Kosmetika, dort Autos und Antiquitäten. Gleich am Anfang waren wir bei Louis Vuitton. Visconti kaufte mir drei Koffer und sich selbst auch noch mal drei für seine riesige Sammlung. Einjahr später bin ich wieder in das Geschäft. Ich trat bereits als Helmut Berger auf und wollte die Initialen HB auf meinen Koffern haben, weil ich dachte, LV sei für Luchino Visconti in das Leder geprägt worden. Capito? Ich Idiot. Die Mitarbeiter waren ganz verdattert und klärten mich dann über meinen Irrtum auf. Was für eine Blamage. »Scusi!« habe ich wohl vor lauter Scham gerade noch rausgebracht. Dann sah mich der Laden die nächsten Jahre nicht mehr wieder.
    Ich kaufte auch jede Menge Duftlampen. Kleine Vasen mit Parfuminhalt. Zündet man den Docht an und löscht ihn kurze Zeit später, duftet der Salon nach den Ingredienzien. Schwindelerregende Sinnlichkeit, das liebte Luchino. Zu seinen Vorlieben zählte auch die Jugendstilästhetik. Gallevasen aus geschliffenem Glas, Bilder mit Bau-Ornamenten, Mobiliar mit Pflanzenkapitellen. Wir besuchten Londons Flohmärkte. Unendlich viele Sachen kaufte er. Eine Manie von ihm. Und ich, ein ungebildeter österreichischer Hotelierssohn, fragte mich, warum er all diesen Dreck sammelte. Einfach wahnsinnig. Dass der Conte mehr Stil und erlesenen Geschmack im Blut hatte als die erfolgreichsten Architekten der Welt, erlebte ich erst später in seinen vielen Häusern. Ich kannte ja sein Haus in Rom noch nicht, wusste nichts von seinem Schloss »La Columbaia« – Die Möwe – in Lacco Ameno auf Ischia, das er später extra für mich umbauen würde.
    Mein Reich wurde eine Miniatur von seinem Schloss, herrlich platziert auf einer hohen Klippe. Eine Allee in seinem riesigen Park führte zu meinem Schlösschen mit zwei Schlafzimmern, zwei großen Bädern voller Hermes-Kacheln, einer eingebauten Küche, einem Salon und einem kleinen Gästezimmer. Sogar an meine Freunde dachte er. Unter dem Turm eine Terrasse, von der aus ich auf Viscontis prachtvolles Domizil blicken konnte. Modernes Design bei mir, nur das Bett neapolitanisch, Vasarely-Bilder an den Wänden. Visconti liebte das einfache, strenge Kirschholzambiente aus Neapel, in schwarzen Rahmen. Ohne Schnörkel, nur vermischt mit Jugendstil.
    Zwischen seinen Filmen wünschte er sich Ruhe, hörte klassische Musik oder schrieb Drehbücher, was

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