Ich. Die Autobiographie
mir auf die Eier ging. Oft übernachtete sein befreundetes Mitarbeiterteam bei ihm. Ich vergnügte mich mit Freunden am Strand oder beim Wassersport. Meine heißen Rhythmen spielte ich auf Tonbänder, Walkman gab es damals noch nicht, und ließ mich beim Sonnenbaden davon berieseln.
Den urwüchsigen Zustand der Privatbucht wollte ich sofort modernisieren lassen. Luchino war dagegen. Damals schon ein Ökologe, bestand er auf der Originalität der Natur. Sie sollte so lange wie möglich so bleiben, wie sie immer gewesen war. Als ich eine Woche mit meinem Freund Tonino Baiccio allein dort blieb, ließen wir Luchinos geliebte Badebucht mit Dynamit hochgehen. Endlich konnte ich die Bucht nach meinen Wünschen gestalten. Mit drei in den Felsen geschlagenen Terrassen, auch ein Telefon wurde installiert und eine Minibar. Alles hinter Luchinos Rücken. Er hasste es, als er es das erste Mal sah. Dann liebte er es genauso wie ich.
Gegen einen Swimmingpool wehrte er sich ebenfalls vergebens. Er wollte den Wald an seinem Schloss im natürlichen Zustand belassen. Ich ließ den Pool trotzdem bauen, und er fand es bald ganz toll. Er war zwar mit der Natur verwachsen und liebte sie im Originalzustand. Aber er lehnte komfortable Bequemlichkeit nicht ab.
In Griechenland während seiner ersten Reise mit Luchino Visconti 1965.
1966 in Lacco Ameno auf Ischia, wo Viscontis Schloss »La Columbaia«, die Möwe, steht.
Meine drei Ticks: Umräumen, putzen, packen
Am Anfang unserer Beziehung kontrollierte Luchino mich wie ein strenger Zuchtmeister. Und wie ein Liebhaber natürlich. Er war mir Vater und Freund zugleich. Hat mich auch in meinem Zimmer besucht, um zu prüfen, ob alles einer feinen Erziehung entsprach. Correctness war ihm wichtig. Vor Schelte musste ich mich nicht fürchten, Ordnung zählt zu meinen Ticks noch heute. Neben vielen anderen. Oh, là, là, ich bin geplagt von Ticks, meinen kleinen Fluchten aus den alltäglichen Gewohnheiten.
Heute räume ich nächtelang mein römisches Heim um, richte es völlig neu ein. Sortiere mit Äußerlichkeiten meine innerliche Unruhe neu. Dabei fehlt es mir nicht an Fantasie, um von mir und meinen Kapricen abzulenken. Damals, mit 24, wurde ich Viscontis Weltstar, lebte Skandale mit Alkohol- und Kokainproblemen, zeigte der Welt nicht nur in über 60 Filmrollen extreme Selbstdarstellung und Kapriolen.
Ich spinne zum Beispiel völlig mit neuen Wohnungsentwürfen, hänge Bilder von Egon Schiele um, genauso wie die Picassos und Gustav Klimts, die mir nach dem Wohnungsbrand 1992 noch blieben. Noch heute wechseln kostbare Skulpturen den Platz, ich räume alte Bücher aus offenen Regalen in Schränke, lege feines Silber neu auf marokkanischen Tedlacktischen neben antiken Vasen aus. Oder ich stöbere Nippes aus den Schubladen und platziere Sessel und Seidenkissen um.
Aber diese wilden Einrichtungsmanöver sind noch gar nichts gegen meine Putzerei, die schon früh in einen Putzfimmel entartete. Wo auch immer ich wann lebte, meine Räume waren und sind absolut keimfrei! Mein Personal erhält selbst bei der besten Ausbildung von mir noch ein zusätzliches Training. Sehr zur Freude meiner guten Seele Maria, immerhin seit 1968 mein Kindermädchen und meine liebgewordeneHaushälterin. Sie liebt mich wohl fast wie meine Mama. Geradezu heldenhaft. Sie hätte einen Orden verdient. Auch für ihren Mut und ihre Tapferkeit. Ich kann nicht mehr zählen, wie oft sie schon gekündigt hat und immer wieder zu mir zurückkam. Unschuldig bin ich daran sicher nicht. Ein Streit kann entstehen, wenn ich wieder die ganze Nacht gewaschen habe, einfach weil die edle Bettwäsche es brauchte, und sie die nächsten Tage ausschließlich bügeln muss.
Mein Perfektionismus macht diese Perfektionistin manchmal ganz krank. Und dann flüchtet sie vor mir, und wir hören ein paar Tage nichts voneinander. Bis sie nachgibt. Auf Reisen passt sie auf mich auf. Was ihr natürlich nicht immer gelingt. Manisch werde ich bei meinen Reisevorbereitungen – und ich verreise oft. Allein von 1995 bis 1997 drehte ich in Frankreich fünf Filme.
Zu meinen Ticks gehören auch die Packorgien. Ein Koffer lenkt mich mindestens einen Tag von mir selbst ab. Zarte Duftkissen mit den Aromen von Lavendel, Apfel, Flieder oder Rosenblätter lege ich zwischen die gebügelten und korrekt zusammengelegten Seidensocken, die edlen Unterhosen aus Batist – natürlich auch sie penibel gebügelt – auf die Hemden. Alles ist
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